Normenkette

§ 16 Abs. 2 WEG, § 28 WEG, § 1967 BGB, § 1978 BGB, § 1990 BGB, § 1991 BGB, § 780 ZPO

 

Kommentar

1. Vorliegend konnte ein Erbe nur mit der Maßgabe in die Wohngeldhaftung genommen werden, dass die Leistung nur aus dem Nachlass des am ... Verstorbenen ... zu erbringen war (Beschränkung gem. § 780 Abs. 1 ZPO). Die geltend gemachten Wohngeldansprüche zu Lasten des Erben waren Nachlassverbindlichkeiten, auf die die Vorschriften der §§ 1975ff. BGB über die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass anzuwenden sind. Zu den Nachlassverbindlichkeiten können neben den in § 1967 Abs. 2 BGB genannten Schulden als so genannte Nachlasserben - oder Nachlassverwaltungsschulden auch Verbindlichkeiten gehören, die der Erbe bei ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses selbst eingegangen ist; auf solche Verbindlichkeiten sind auch die Vorschriften über die Haftungsbeschränkung einschließlich der prozessualen Bestimmungen der §§ 780ff. ZPO anzuwenden. Wohngeldschulden werden, auch wenn sie durch nach dem Erbfall gefasste Eigentümerbeschlüsse begründet wurden, von Rechtsprechung und Literatur unter bestimmten Voraussetzungen auch als Nachlassverbindlichkeiten behandelt; dabei wird vor allem darauf abgestellt, ob sich der Erbe entschlossen hat, die Wohnung zu behalten. Vorliegend handelte es sich bei den Wohngeldschulden auch schon deshalb um Nachlassverbindlichkeiten, weil sich der Erbe mit Erfolg auf die Einrede der Unzulänglichkeit des Nachlasses gem. § 1990 Abs. 1 Satz 1 BGB berufen hat. Ähnlich ist die Rechtslage bei einer Ablehnung des Nachlasskonkursverfahrens mangels Masse. Auch ein einzelner Miterbe einer noch ungeteilten Erbengemeinschaft kann hier seine gesamtschuldnerische Haftung über die Einrede des § 2059 Abs. 1 Satz 1 BGB beschränken.

2. Eine vom Erben erhobene Dürftigkeitseinrede hat gem. § 1991 Abs. 2 BGB eine rückwirkende Sonderung von Nachlass und Eigenvermögen des Erben zur Folge. Beim Wohngeld handelt es sich um Aufwendungen im Sinne von § 1978 Abs. 3 BGB und § 670 BGB, die sich aus der Verwaltung des Wohnungseigentums ergeben und vom Eigentümer zu bestreiten sind. Für bezahltes Wohngeld könnte hier ein Miterbe Ersatz aus dem Nachlass verlangen. Hat er Wohngeld noch nicht beglichen, kann er unter den Voraussetzungen nach § 257 BGB Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen, die dann aus dem Nachlass zu befriedigen ist. Daraus und auch aus der Bestimmung des § 224 Abs. 1 Nr. 1 KO (jetzt § 324 Abs. 1 Nr. 1 InsO) folgt, dass es sich bei den hier geltend gemachten Wohngeldschulden um Nachlassverbindlichkeiten handelt, und dies nicht nur, wenn Nachlassverwaltung angeordnet oder das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet worden ist, sondern kraft der Verweisung in § 1991 Abs. 1 BGB auch dann, wenn dem Erben die Einrede der Unzulänglichkeit des Nachlasses gem. § 1990 Abs. 1 Satz 1 BGB zusteht.

Für Verbindlichkeiten, die ein Erbe im Zusammenhang mit der Verwaltung des Nachlasses durch Rechtsgeschäft eingeht, haftet der Erbe nach den allgemeinen Grundsätzen in der Regel auch persönlich mit seinem Eigenvermögen, sofern nicht die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart ist. Doch ändert dies, soweit § 1978 BGB einschlägig ist, nichts daran, dass der Erbe gegenüber den Nachlassgläubigern einen Anspruch auf Befreiung der Verbindlichkeit hat, soweit es um seine Eigenhaftung geht. Es kann daher auf sich beruhen, ob die auf Gesetz und Eigentümerbeschluss beruhenden Wohngeldschulden einer durch Rechtsgeschäft begründeten Verbindlichkeit überhaupt gleichgestellt werden können. So können Nachlassgläubiger etwa vom Erben auch Herausgabe der eingenommenen Mietzinsen oder Ersatz für nicht erzielte, aber erzielbare Mietzinsen verlangen. Außerdem hat ein Erbe, der sich auf die Einrede des § 1990 Abs. 1 Satz 1 BGB beruft, den Nachlass den Gläubigern zum Zwecke der Befriedigung im Wege der Zwangsvollstreckung herauszugeben; d.h., dass er die Zwangsvollstreckung in die noch vorhandenen Nachlassgegenstände zu dulden hat, wozu hier allerdings gem. § 2059 Abs. 2 BGB, § 747 ZPO ein Vollstreckungstitel auch gegen den Miterben erforderlich wäre; in Betracht kommt hier insbesondere eine Vollstreckung in die Eigentumswohnung.

3. Vorliegend wurden die Voraussetzungen der Haftungsbeschränkung bereits im Erkenntnisverfahren endgültig bejaht, so dass die Frage der Haftungsbeschränkung auch nicht einem späteren Vollstreckungsverfahren vorbehalten bleiben musste; der Schuldner wurde vielmehr zur Leistung aus dem Nachlass verpflichtet. Gegen die Zwangsvollstreckung in nachlassfremde Gegenstände konnte sich der Antragsgegner dann auf dem einfachen Weg des § 766 ZPO zur Wehr setzen.

4. Die Abweisung der Wohngeldklage aufgrund der erhobenen Dürftigkeitseinrede kommt nur dann in Betracht, wenn nachgewiesen und festgestellt wird, dass der Nachlass erschöpft ist, d.h., dass überhaupt keine Nachlassgegenstände mehr vorhanden sind, aus denen sich Gläubiger Befriedigung verschaffen können. Diese Voraussetzungen ...

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