Leitsatz
Kosten der Verbrauchserfassung und der Abrechnung von Betriebskosten, die wegen des Auszugs eines Mieters vor Ablauf der Abrechnungsperiode entstehen, sind keine Betriebskosten, sondern Verwaltungskosten, die in Ermangelung anderweitiger vertraglicher Regelung dem Vermieter zur Last fallen.
Normenkette
BGB § 556
Kommentar
In dem zur Entscheidung stehenden Fall wurden die Wasserkosten über Zwischenzähler erfasst und verbrauchsabhängig auf die Mieter umgelegt. Im Juli 2003 – also während der Abrechnungsperiode – fand ein Mieterwechsel statt. Deshalb hat der Vermieter eine Zwischenablesung veranlasst, wodurch Kosten in Höhe von 30,73 EUR entstanden sind. Diese Kosten hat der Vermieter in der Betriebskostenabrechnung 2003 auf die Mieterin umgelegt.
Der BGH hatte zu entscheiden, wer in Fällen dieser Art die sog. Nutzerwechselgebühr zu tragen hat. Dasselbe Problem ergibt sich bei der Verteilung der Heiz- und Warmwasserkosten, weil auch insoweit eine Zwischenablesung vorgeschrieben ist (§ 9b HeizkostenV).
In Rechtsprechung und Literatur werden zu dieser Frage unterschiedliche Ansichten vertreten:
1. Nach einer Meinung verbleiben diese Kosten beim Vermieter (AG Münster, WuM 1996, 231; AG Augsburg, WuM 1996, 98).
2. Nach anderer Ansicht sind sie vom ausziehenden Mieter als dem Verursacher zu tragen (AG Coesfeld, WuM 1994, 696; Sternel, Rdn. III 416).
3. Weiterhin wird vertreten, dass es darauf ankommt, wer zur Vertragsbeendigung Anlass gegeben oder diese verschuldet hat (AG Lörrach, WuM 1993, 68; AG Münster, ZMR 1994, 371; Harsch, WuM 1991, 521; v. Brunn in: Bub/Treier, III 93; Kinne in: Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, § 556 BGB Rdn. 141).
4. Wiederum andere wollen die Kosten zeitanteilig zwischen dem aus- und dem einziehenden Mieter aufteilen (Lammel in: Schmidt-Futterer, § 9b HeizKV Rdn. 15).
5. Nach bisher herrschender Meinung sind die Kosten allen Mietern gemeinsam im Rahmen der jährlichen Abrechnung aufzuerlegen (AG Hagen, WuM 1990, 122 [LS]; AG Oberhausen, DWW 1994, 24; AG Hamburg, WuM 1996, 562; Ropertz, WuM 1992, 291; Schmid, WuM 1992, 291; Wall in: Betriebskosten-Kommentar, Rdn. 3001; Blank/Börstinghaus, § 556 BGB Rdn. 27; Weitemeyer in: Staudinger (2006), § 556a Rdn. 33; Lützenkirchen in: Lützenkirchen, AHB-Mietrecht, 3. Aufl. L 207; Schmid in: MüKomm, § 9b HeizKV Rdn. 2).
Der BGH erachtet die unter Ziff. 1 dargestellte Ansicht für zutreffend. Er geht davon aus, dass zu den Betriebskosten i. S. v. § 556 Abs. 1 S. 2 BGB, § 1 Abs. 1 BetrKV nur solche Kosten gehören, die dem Eigentümer "laufend entstehen". Die sog. Nutzerwechselgebühr falle nicht in wiederkehrenden, periodischen Zeiträumen an, sondern im Laufe eines Mietverhältnisses lediglich einmalig im Zusammenhang mit dem Auszug des Mieters. Nach dem (amtlichen) Leitsatz soll es sich um "Verwaltungskosten" handeln, die "in Ermangelung anderweitiger vertraglicher Regelung" dem Vermieter zur Last fallen.
1. Der amtliche Leitsatz des BGH erweckt den Eindruck, dass es möglich sei, die Nutzerwechselgebühr durch eine spezielle Vertragsregelung auf den Mieter abzuwälzen. Ordnet man diese Gebühr jedoch den Verwaltungskosten zu, so scheitert eine solche Vereinbarung bei der Wohnungsmiete an § 556 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 BGB, weil nach diesen Regelungen nur die "Betriebskosten", nicht aber die Verwaltungskosten auf den Mieter umgelegt werden können.
Bei der Gewerbemiete hingegen ist die Umlage von Verwaltungskosten möglich. Soll die Nutzerwechselgebühr vom Gewerbemieter getragen werden, so ist hierzu eine spezielle Regelung bei neu abzuschließenden Mietverträgen erforderlich. Es empfiehlt sich, die Vereinbarung über die Umlage der Betriebskosten wie folgt zu ergänzen:
2. Bei der Wohnungsmiete kann der Vermieter Anspruch auf Ersatz der Nutzerwechselgebühr haben, wenn das Mietverhältnis vom Vermieter wegen einer Vertragsverletzung des Mieters gekündigt wird. In diesem Fall hat der Vermieter Anspruch auf Ersatz des Kündigungsfolgeschadens. Hierzu zählt auch die Nutzerwechselgebühr.
Es empfiehlt sich in einem solchen Fall, die Nutzerwechselgebühr nicht in die Betriebskostenabrechnung einzustellen, sondern als gesonderten Schadensersatzanspruch geltend zu machen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 14.11.2007, VIII ZR 19/07