Leitsatz

  • Berechtigte Kellernutzung und Abtrennung von Sanitäreinrichtungen

    Klageänderung auch im WE-Verfahren möglich

    Förmliche Beweisaufnahme vor der Kammer und Beachtung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes

 

Normenkette

§ 15 WEG, § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG, § 1004 BGB, § 15 FGG, § 263 ZPO, § 355 ZPO, § 375 ZPO

 

Kommentar

Zu 1.: Einem Wohnungseigentümer kann nicht untersagt werden, Kellerräume zu anderen Zwecken als zum Lagern von Gegenständen und zur Aufbewahrung von Vorräten zu nutzen. Eine Nutzung als Wohn- oder Büroräume ist dagegen nicht zulässig. Die Trennung der Sanitäreinrichtungen von den Anschlüssen kann verlangt werden, weil es sich dabei um den Beginn einer Nutzung solcher Kellerräume als Wohnräume handelt.

In der Teilungserklärung als "Kellerräume" bezeichnete Räume stellen nach allgemeiner Meinung eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter dar, sodass solche Räume auch grundsätzlich nur als Kellerräume genutzt werden dürfen; zulässig ist aber auch eine andere Nutzung, sofern sie nicht mehr stört oder beeinträchtigt als eine Nutzung als Keller (BayObLG, NJW-RR 89, 719/720 m. w. N.). Das Aufstellen einer EDV-Anlage in Kellerräumen kann insoweit nicht untersagt werden, da nicht erkennbar ist, inwiefern damit mehr Störungen verbunden sind als mit einer Nutzung der Räume als Keller. Das Aufbewahren von Vorräten und das Lagern von Gegenständen entspricht zwar der typischen Nutzungsart eines Kellers, ist jedoch nicht die ausschließlich zulässige Nutzungsweise. Als Büroräume können Kellerräume jedenfalls nicht genutzt werden; dies liegt nicht im Rahmen einer Zweckbestimmungsvereinbarung, da selbst bei gebotener typisierender Betrachtungsweise eine Nutzung als Büroräume mehr stört als eine solche entsprechend der Zweckbestimmung als Kellerräume (wesentlich intensivere und damit mit mehr Störungen verbundene Nutzung). Ob eine konkrete derzeitige Nutzung (auf die der Antrag nicht abstellt) mehr stört oder beeinträchtigt, ist im Vollstreckungsverfahren gemäß § 45 Abs. 3 WEG§ 890 ZPO festzustellen.

Die Eigentümer der Kellerräume sind auch verpflichtet, Küchen- und Sanitäreinrichtungen von den Anschlüssen zu trennen und auch das Namensschild des derzeitigen Mieters vom Briefkasten zu entfernen (die Entfernung eines Briefkastens insgesamt kann allerdings nicht verlangt werden). Durch den Anschluss einer Badewanne, eines Waschbeckens und eines WC können Kellerräume zu Wohnzwecken genutzt werden; Gleiches wird dokumentiert durch die Anbringung des Namensschildes des Mieters am Briefkasten. Diese Maßnahmen stellen bereits den Beginn einer Nutzung zu Wohnzwecken dar, die von anderen Eigentümern nicht geduldet werden braucht. Es ist allerdings nur die Verwendbarkeit dieser Einrichtungen zu unterbinden.

Zu 2.: Bei einem Wohnungseigentumsverfahren gem. § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG handelt es sich um ein sog. echtes Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, auf das die Vorschriften der §§ 263ff. ZPO über die Klageänderung entsprechend anzuwenden sind (BayObLG, WE 89, 182). Ob es sich im vorliegenden Fall bei den erstmals im Beschwerdeverfahren gestellten Anträgen überhaupt um eine Antragsänderung im Sinne des § 263 ZPO handelt oder nur um eine Antragserweiterung im Sinne des § 264 Nr. 2 ZPO, kann auf sich beruhen. Eine Antragsänderung ist jedenfalls dann zulässig, wenn der Antragsgegner einwilligt. Diese Einwilligung lag im vorliegenden Fall entgegen der Meinung des LG vor, da Antragsgegner der Änderung zu keiner Zeit entgegengetreten sind, insbesondere auch nicht in der mündlichen Verhandlung, sodass das LG von einer Einwilligung hätte ausgehen und demnach auch sachlich entscheiden müssen (vgl. § 267 ZPO).

Diese Entscheidung konnte der Senat nunmehr nachholen (ohne notwendige weitere Ermittlungen aufgrund des Akteninhalts).

Zu 3.: Im Beschwerdeverfahren in einer Wohnungseigentumssache kann die mündliche Verhandlung und Beweisaufnahme nicht dem Einzelrichter übertragen werden. Ordnet die Kammer eine förmliche Beweisaufnahme an, dann sind die Grundsätze über die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme zu beachten.

Einem Einzelrichter kann die Kammer allein die Vorbereitung der Entscheidung als beauftragtem Richter übertragen. Eine Beweisaufnahme kann i. ü. nur unter den Voraussetzungen des § 375 ZPO einem beauftragten Richter übertragen werden.

4. Gequotelte Gerichtskostentragung in beiden Beschwerdeinstanzen ohne Anordnung außergerichtlicher Kostenerstattung bei Geschäftswertansatz für das Rechtsbeschwerdeverfahren in Höhe von DM 22.000,-.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 18.06.1993, 2Z BR 50/93)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

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