Normenkette
§ 10 Abs.2 WEG, § 13 WEG, § 14 Nr.1 und 2 WEG, § 15 Abs.3 WEG
Kommentar
1. Vorliegend war in einer Mehrhausanlage (10 Wohngebäude) ein Wohnhaus mit 8 Wohnungen an den Träger einer Einrichtung überlassen, in der Kinder und Jugendliche längerfristig in familienähnlichen Wohngruppen ganztägig betreut wurden (sonstige betreute Wohnform im Sinne des Kinder- und Jugendhilfegesetzes). Im Haus mit 11 Kindern ab 8 Jahren schliefen auch 2 Betreuer. Unter Kindern, Eltern und Erziehern in der Anlage kam es dann zu Auseinandersetzungen (Lärm, Zigaretten- und Kaugummireste). Antragstellerseits wurde Unterlassungsantrag hinsichtlich "gewerblicher Nutzung" der Wohnungen des Hauses Nr. 1 mit den dort betreuten Kindern gestellt, allerdings in allen drei Instanzen ohne Erfolg.
2. Vorliegend war zwar vereinbart, dass die Ausübung eines Gewerbes in einer Wohnung nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung des Verwalters möglich sei und eine solche Zustimmung auch widerruflich und unter Auflagen erteilt werden könne. Weiterhin war in der Teilungserklärung vereinbart, dass der Verwalter bei Verstößen gegen die Hausordnung berechtigt sei, die Kündigung des zwischen dem Eigentümer und seinem Mieter geschlossenen Miet- oder Gebrauchsüberlassungsvertrag im Namen der Wohnungseigentümer aussprechen und in dessen Namen die Räumung der überlassenen Wohnung betreiben zu können. Nutzungszustimmungen könnten allerdings nur aus einem wichtigen Grund versagt werden, wenn beispielsweise die Ausübung des Gewerbes oder Berufs eine erhebliche Beeinträchtigung anderer Eigentümer oder Hausbewohner befürchten ließe oder Gefahr der Beeinträchtigung des Charakters des Hauses durch bestimmte Gewerbe- oder Berufsausübung bestehe.
3. Die hier vorliegende Nutzung der Wohnungen des Hauses 1 im Sinne einer betreuten Wohnform nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz dient jedoch nicht "der Ausübung eines Gewerbes", sondern stellt eine Nutzung zu Wohnzwecken dar, die keiner vorherigen Zustimmung des Verwalters gemäß getroffener Vereinbarung bedarf. Insoweit wird "in den Wohnungen" kein Gewerbe ausgeübt; dies wäre nur dann anzunehmen, wenn die Wohnungen entweder nach Art einer Pension (ständiger Wechsel der Bewohner in kürzester Frist) oder nach Art eines Heimes (Vielzahl von nicht familiär verbundenen Personen innerhalb einer Wohneinheit) benutzt werden sollten (vgl. Senat, NJW 1992, 3045; OLG Hamm NJW 1992, 184 und FGPrax 1999, 97). Vorliegend konnte nicht von heimartiger Unterbringung der Kinder, sondern einem familienähnlichen Zusammenwohnen mit ganztägiger Betreuung gesprochen werden, angelegt auf gewisse Dauer. Auch das OLG Hamm (FGPrax 1999, 97) erklärte Nutzungen in einer Eigentumswohnung für zulässig, die mit denen durch eine Familie oder Partnerschaft ausgeübten Nutzungen vergleichbar sind. Auch vorliegend handelt es sich nicht um Heimerziehung, sondern um ganztägig betreute Hilfe zur Erziehung in einer "sonstigen betreuten Wohnform" im Sinne des § 34 SGB VIII (KJHG).
Nutzungsprobleme und Beeinträchtigungen könnten hier ebenso gut von anderen kinderreichen Familien verursacht werden; solche Nutzungen, welche die übrigen Eigentümer typischerweise nicht mehr als eine Nutzung zu Wohnzwecken beeinträchtigen, haben die restlichen Miteigentümer auch hinzunehmen; dies gilt insbesondere für ein mit Lärm verbundenes Spielen der Kinder auch auf gemeinschaftlicher Garagenauffahrt; denn aus der Zweckbestimmung eines gemeinschaftlichen Zufahrtsweges kann nicht zwingend hergeleitet werden, dass Kindern der Wohnungseigentümer das gelegentliche Spiel auf der Zufahrt generell zu verbieten ist (vgl. Senat, ZMR 1998, 660 = NZM 1998, 633).
4. Keine außergerichtliche Kostenerstattung bei Geschäftswert III. Instanz von DM 10.000,--
Link zur Entscheidung
( KG Berlin, Beschluss vom 28.02.2001, 24 W 2632/00)
Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Zu Recht hat der Senat in diesem Fall eine gewerbliche Nutzung "in den Wohnungen" verneint, da nach wie vor das - wenn auch betreute - Wohnen der Kinder in den Wohnungen im Vordergrund steht. Störungen im Zusammenleben aller Bewohner und Eigentümer wären auch hier - wie üblich - über Hausordnungs-Regelungen und -Entscheidungen zu klären, ggf. über entsprechende Gebots- oder Verbotsanträge bei Gericht schon im Rahmen der gesetzlichen Rücksichtnahmepflichten nach § 14 WEG (bezogen auf übermäßigen Lärm im Rahmen festzulegender Ruhezeiten und "erzieherischer" Anträge über Verbote, im Bereich des Gemeinschaftseigentums achtlos Kaugummi oder Zigaretten wegzuwerfen). Dass allerdings der Senat ein gelegentliches Kinderspiel im Bereich einer gemeinschaftlichen Garagenauffahrt offensichtlich toleriert und nicht entsprechende Verbote mit der Zweckbestimmung eines solchen gemeinschaftlichen Zufahrtsweges in Frage stellt, überzeugt mich nicht. Eigentümer und auch Verwalter sowie Hausmeister müssten gerade hier nachhaltig dafür sorgen, dass solche gefahrträchtigen Flächenbereiche auf dem gemeinschaftlichen Grundstück von ...