Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 3 WEG, § 14 WEG, § 15 WEG
Kommentar
1. In einem Teilungsvertrag nach § 3 WEG waren bestimmte Räumlichkeiten als "Gewerberäume" zweckbestimmt, im Aufteilungsplan jedoch (insoweit einschränkend) teils als "Läden", teils als "Büro" bezeichnet. In richtiger Auslegung führe dieser Widerspruch zu dem Ergebnis, dass die betreffende Nutzung der Räumlichkeiten nicht auf Läden bzw. Büros beschränkt sei, da die in einer Teilungserklärung bzw. einem Teilungsvertrag formulierte Zweckbestimmung nicht erst durch Bezeichnungen in einem Aufteilungsplan (als Anlage des Teilungsvertrages) ihre Konkretisierung erfahre. Der Aufteilungsplan habe gegenüber einem Teilungsvertrag keinen Vorrang. Insoweit folge man im Ergebnis der Meinung des BayObLG (WM 1985, 238), nicht allerdings der dortigen Begründung, soweit das BayObLG darauf abstellte, dass der eigentliche Ort einer Vereinbarung die Gemeinschaftsordnung sei (so auch BayObLG Z 1988, 238); derartige spezielle Kenntnisse könnten von dem unbefangenen Betrachter des Grundbuchs nicht erwartet werden.
2. Ob Antragsteller gegen einen Miteigentümer aus den Erwerbsverträgen Ansprüche auf Unterlassung einer tatsächlich ausgeübten Nutzung hätten, kann nicht im Verfahren nach § 43 WEG entschieden werden. Hält sich i. Ü. eine Nutzung im Rahmen des § 14 WEG, kann daraus keine Entschädigungspflicht zu Gunsten der restlichen Miteigentümer erwachsen; auch eine entsprechende Anwendung des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB ist insoweit nicht möglich.
Link zur Entscheidung
( OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.01.1990, 8 W 603/89= ZMR 5/1990, 190)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Im Ergebnis ist damit obergerichtlich neuerlich bestätigt (vgl. schon OLG Stuttgart, Entscheidung vom 03.05.1989, 8 W 369/88), dass eher davon zu sprechen ist, dass der Beschrieb in einer Teilungserklärung rechtlich Vorrang besitzt gegenüber Raumbezeichnungen in einem Aufteilungsplan. Jedenfalls steht fest, dass sich ein unbefangener Betrachter bei widersprüchlichen Angaben in Aufteilungsplan und Teilungserklärung nicht darauf verlassen kann, dass von verschieden bezeichneten Nutzungsmöglichkeiten nur die am engsten begrenzte zulässig sei. Es muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass die kraft Gesetzes umfassende Nutzungsmöglichkeit eines Teileigentums nur bei einer eindeutig ausgewiesenen Einschränkung entfällt. Dazu gehört sicher m. E., dass die Einschränkung in der Teilungserklärung bzw. der dort integrierten Gemeinschaftsordnung in Form einer Vereinbarung ausdrücklich verankert ist. Insoweit dürfte der Rechtsprechung des BayObLG zu folgen sein, welche Nutzungsfragen in erster Linie nach den betreffenden wörtlichen Vereinbarungen in einer Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung abklärt. Ein Aufteilungsplan ist zwar ebenfalls (gleichrangige) Bezugsurkunde für die Begründung von Wohnungseigentum und Bestandteil der Wohnungsgrundbücher, in erster Linie jedoch eine Planunterlage, die die Abgrenzung der sachenrechtlichen Elemente des Wohnungseigentums aufzeigen soll und allenfalls sekundär mangels anderweitiger eindeutiger und klarer Vereinbarungen Nutzungsfragen regelt. Teilungserklärung (resp.-vertrag) und insoweit noch speziellere Vereinbarungen in der Gemeinschaftsordnung regeln deshalb insbesondere u. a. den Gebrauch (und Nutzungsberechtigungen) von Sondereigentum. Sind in einer Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung allerdings gemeinschaftliche Räume nicht gesondert hinsichtlich ihrer Nutzung angesprochen, wird m. E. auch dem Aufteilungsplan subsidiär Zweckbestimmungsbedeutung mit Vereinbarungswirkung beizumessen sein (z. B. hinsichtlich nur in Plänen eingetragener gemeinschaftlicher Trockenräume, Waschräume, Fahrradabstellräume, Müllräume, Heizzentrale usw.)