Leitsatz
Die Parteien stritten sich um die Zuweisung der Ehewohnung und eine hierfür zu entrichtende Nutzungsentschädigung. Der Ehemann war nach mehr als 20 Jahren aus der der Ehefrau allein gehörenden Ehewohnung ausgezogen. Er widersprach dem Antrag auf alleinige Zuweisung der Ehewohnung an seine Frau und beantragte hilfsweise die Festsetzung einer Nutzungsentschädigung. Es stellte sich die Frage, ob eine Nutzungsentschädigung auch der an der Ehewohnung nicht dinglich berechtigte Ehepartner verlangen kann.
Sachverhalt
Die Parteien waren seit dem Jahre 1985 kinderlos verheiratet. Im April 2006 zog der Ehemann aus der Ehewohnung aus, kam jedoch zweimal wöchentlich zur Erledigung persönlicher Dinge dorthin zurück. Anlässlich dieser Besuche kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen den Parteien, so dass die Ehefrau beantragte, ihr die ihr allein gehörende Ehewohnung zur alleinigen Nutzung zuzuweisen. Der Ehemann widersprach diesem Antrag und beantragte seinerseits hilfsweise, ihm eine Nutzungsentschädigung zuzusprechen. Zwar gehöre die Wohnung der Ehefrau allein, jedoch habe er durch Arbeitsleistungen und Zuwendungen zumindest die Hälfte des Wertes erwirtschaftet, so dass ihm als wirtschaftlichem Eigentümer eine Nutzungsentschädigung in Höhe des hälftigen Wohnwertes zustehe.
Das FamG entsprach dem Antrag der Ehefrau und wies ihr die Ehewohnung zur alleinigen Nutzung zu. Im Gegenzug wurde sie verpflichtet, an den Ehemann eine Nutzungsentschädigung i.H.v. 450,00 EUR monatlich zu zahlen.
Hiergegen legte die Ehefrau Beschwerde ein. Ihr Rechtsmittel war erfolgreich.
Entscheidung
Das OLG hielt eine Nutzungsentschädigung zugunsten des der Wohnung verwiesenen Nichteigentümers grundsätzlich für möglich, im vorliegenden Fall entspreche dies jedoch nicht der Billigkeit.
Nach dem Wortlaut des Gesetzes sei eine dingliche Berechtigung desjenigen, der eine Nutzungsentschädigung für die Überlassung der Ehewohnung verlange, nicht vorausgesetzt. Insoweit stelle das Gesetz nur auf eine Billigkeitsentscheidung ab, die stets im Einzelfall zu treffen sei. In der Literatur werde deshalb in der Regel nur bei dinglicher Berechtigung als Allein- oder Miteigentümer ein Vergütungsanspruch als billig angesehen (Haußleiter/Schultz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 4. Aufl., Kap. 4 Rz. 51; Palandt/Brudermüller, 65.Aufl., § 1361b Rz. 21; Johannsen-Henrich/Brudermüller, 4. Aufl., § 1361b Rz. 30; MünchnerKomm./Wacke, 4. Aufl., § 1361b Rz 14; Prütting/Wegen/Weinrich, BGB, 2. Aufl., § 1361b Rz. 28; KK-FamR/Weinreich, 2. Aufl., § 1361b, Rz. 38; differenzierend Hoppenz, Familiensachen, 8. Aufl., § 1361b Rz 55, 56).
Auch die Rechtsprechung gehe im Rahmen der Billigkeitsentscheidung des § 1361b Abs. 3 BGB grundsätzlich davon aus, dass es dann der Billigkeit entspreche, dem weichenden Ehegatten eine Nutzungsentschädigung zuzusprechen, wenn dieser eine dingliche Berechtigung als Allein- bzw. Miteigentümer an dem Grundstück habe (OLG Köln v. 7.10.1991 - 26 W 14/91, FamRZ 1992, 440).
Die amtliche Begründung der bis zum 31.12.2001 geltenden Gesetzesfassung des § 1361b BGB sei davon ausgegangen, dass eine Nutzungsentschädigung stets der Billigkeit entspreche, wenn die Ehewohnung einem Ehegatten allein oder gemeinsam mit einem Dritten gehöre und die Wohnung dem anderen Ehegatten zur alleinigen Benutzung überlassen werde.
Mit der Neufassung des § 1361b BGB zum 1.1.2002 habe dies nicht geändert werden sollen. Es sei also davon auszugehen, dass die Nutzungsvergütung grundsätzlich auf den Kreis der nachweislich dinglich Berechtigten beschränkt sein solle. Eine Ausweitung auf einen "wirtschaftlichen Eigentümer" oder auch den nur mitbenutzenden Ehegatten sei vom Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen, nach dem Wortlaut jedoch auch nicht ausgeschlossen.
Bei der Billigkeitsprüfung nach § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB sei zu beachten, dass selbst Alleineigentum des weichenden Ehegatten nicht zwingend einen Nutzungsvergütungsanspruch begründe. Die Eigentumslage sei nur besonders zu berücksichtigen. Der Verlust der Berechtigung zum unentgeltlichen Wohnen rechtfertige allein keine Nutzungsentschädigung. Die Ehefrau trage die gesamten Kosten der Wohnung. Auch habe das eheliche Recht auf Mitbenutzung der Wohnung keinen erheblichen merkantilen Wert, der auszugleichen wäre. Ferner sei es der Ehemann gewesen, der die Ehewohnung verlassen und so der Ehefrau aufgedrängt habe, da er zu seiner neuen Lebensgefährtin gezogen sei.
Hinweis
Der Zahlung einer Nutzungsentschädigung an den Ehemann stand im vorliegenden Fall entgegen, dass er freiwillig und aus eigenem Antrieb ausgezogen war und sich mit seiner neuen Partnerin zusammengetan hatte. Möglicherweise wäre eine andere Beurteilung erfolgt, wenn er ausgezogen wäre, weil die Ehefrau ihren neuen Partner in die Ehewohnung hätte aufnehmen wollen.
In Fällen, in denen der Nutzungswert der Wohnung bereits bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt worden ist, ist über eine Entschädigung für die Überlassung der Ehewohnun...