Zusammenfassung
Die Unterbringung Obdachloser richtet sich i. d. R. nach öffentlichem Recht. Obdachlose können von der Behörde nicht gegen den Willen des Vermieters in leer stehende Wohnungen eingewiesen werden. Allerdings kann eine Wiedereinweisung des vorherigen Mieters in die bisherige Wohnung gegen den Willen des Eigentümers erfolgen.
1 Wohnungsbeschlagnahme
Wird der bisherige Mieter durch die Zwangsräumung obdachlos, kann als letztes Mittel eine Wohnungsbeschlagnahme zur Beseitigung akuter Obdachlosigkeit so lange zulässig sein, wie die Beschaffung eines Obdachs auf Kosten der Allgemeinheit objektiv unmöglich bleibt, wobei finanzielle Erwägungen unerheblich sind. Soweit keine behördlichen Obdachlosenunterkünfte zur Verfügung stehen, hat die Behörde vor einer Beschlagnahme entsprechende Räume in einem Hotel, in einer Pension oder auf dem freien Wohnungsmarkt anzumieten.
Die Behörde muss die Interessen der Betroffenen gegeneinander abwägen und ist verpflichtet zu prüfen, ob eine anderweitige Unterbringung, z. B. in Immobilien der Kommune, möglich ist.
Die Wiedereinweisung in die bisherige Wohnung kommt nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen des polizeilichen Notstands gegeben sind. Diese liegen vor, wenn
- der ehemalige Mieter nicht in der Lage ist, sich eine Ersatzwohnung zu beschaffen und
- die Behörde die Obdachlosigkeit nur durch Wiedereinweisung in die bisherige Wohnung vermeiden kann und
- eine Abwägung zwischen den Grundrechten des ehemaligen Mieters und des Vermieters vorgenommen wird.
Dauer der Beschlagnahme
Die Beschlagnahme und die Wiedereinweisung des bisherigen Mieters darf nur für eine begrenzte Zeit erfolgen (höchstens 6 Monate).
Nach der Rechtsprechung des BayVGH kommt die Wiedereinweisung eines Obdachlosen in die vormalige Wohnung nur in schwersten Notlagen und allenfalls für 2 Monate in Betracht, wenn nicht anders abgeholfen werden kann. Im Übrigen hat die Behörde die Entscheidung der Zivilgerichte zu beachten. Ist ein Räumungsschutzantrag des Mieters trotz der Vorlage eines ärztlichen Attestes zurückgewiesen worden, kann sich die Behörde nicht durch den Erlass einer Verfügung hierüber hinwegsetzen.
Während der Einweisung hat der Eigentümer einen Entschädigungsanspruch gegen die Behörde. Dies kann die ortsübliche oder vereinbarte Miete sein, aber auch Mietausfall wegen unterbliebener Weitervermietung, Beseitigung von Schäden etc. Der Anspruch auf Nutzungsentschädigung gegenüber der Gemeinde besteht auch für die Zeit, in der der Eingewiesene nach Ende der Beschlagnahme noch in der Wohnung verblieben ist.
2 Ende der Einweisungszeit
Nach Ablauf der Beschlagnahmefrist ist die Behörde verpflichtet, die Wohnung an den Eigentümer herauszugeben. Diese Pflicht ist unabhängig davon, ob der Eigentümer über einen Räumungstitel verfügt.
Schadensersatzanspruch gegen Behörde
Kommt die Einweisungsbehörde dieser Pflicht nicht nach und bewirkt der Eigentümer die Räumung mithilfe eines privatrechtlichen Titels, kann er Schadensersatzansprüche gegen die Behörde geltend machen.
Anderer Ansicht ist das OLG Köln. Danach sollen die Räumungskosten deshalb nicht erstattet werden, da sie ohnehin angefallen wären.
Erfolgt die Beschlagnahme durch die Obdachlosenbehörde, ohne dass es zu einer vorherigen Räumung durch den Gläubiger gekommen ist, kann der Gläubiger nach Beendigung der Beschlagnahme aus seinem Vollstreckungstitel die Räumung betreiben, da der Titel noch nicht verbraucht ist.
Nach Beendigung der Einweisung hat der Eigentümer einen allgemeinen verwaltungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch. Dieser Anspruch verpflichtet die Behörde, dem Eigentümer die Wohnung geräumt und gesäubert herauszugeben. Des Weiteren hat die Behörde Schadensersatz für Beschädigungen zu leisten. Der Folgenbeseitigungsanspruch ist vor den Verwaltungsgerichten geltend zu machen.