OFD Chemnitz, Verfügung v. 05.07.2004, S 2706-91/29-St 21
Die Erörterungen der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder zur Besteuerung von wirtschaftlichen Tätigkeiten der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften sind abgeschlossen. Danach ist auf Folgendes zu achten:
1. Fortbildungs- und Tagesstätten
Die Einrichtungen sind dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen, soweit sie nach dem kirchlichen Selbstverständnis dazu dienen, den Verkündigungsauftrag der Kirche wahrzunehmen. Dies gilt insbesondere für kirchliche Angebote an Christen oder religiös Interessierte, z. B. Besinnungstage, Exerzitien, Seminare, Schulungen oder sonstige Veranstaltungen zu relevanten gesellschaftsrechtlichen Themen, in deren pluralistische Diskussion auch die Kirche ihren Standpunkt einbringen will. Entscheidend ist der spezifische kirchliche Charakter der Veranstaltungen. Dabei ist dem kirchlichen Selbstverständnis eine weitreichende Bedeutung beizumessen.
Die Grenze zur Steuerpflicht wird überschritten, wenn die Angebote und Leistungen ihren spezifischen kirchlichen Charakter verlieren und die Kirche den Bereich steuerfreier Vermögensverwaltung verlässt sowie in Wettbewerb mit privaten Wirtschaftsunternehmen tritt.
In Zweifelsfällen ist bei den kirchlichen Behörden zu klären, nach welchen Maßgaben der Umfang des kirchlichen Verkündigungsauftrages einzugrenzen ist. Dabei ist insbesondere der Wettbewerb zu Wirtschaftsunternehmen zu beachten. Diese Überprüfung durch die Finanzverwaltung ist – wenn auch im Hinblick auf das verfassungsrechtlich garantierte Selbstverwaltungs- und Selbstbestimmungsrecht der Kirche eingeschränkt – zulässig, insbesondere wenn Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Handhabung vorliegen.
2. Zentrale Gehalts- und Abrechnungsstellen sowie Buchführungstätigkeiten
Bei Leistungen an Kirchen oder andere juristische Personen des öffentlichen Rechts ist für die körperschaftsteuerliche Beurteilung der Charakter der Tätigkeit bei der auftraggebenden juristischen Person des öffentlichen Rechts entscheidend. Soweit die ausgelagerte Tätigkeit beim Auftraggeber selbst als hoheitliche Tätigkeit oder als körperschaftsteuerrechtlich unbeachtliche Hilfstätigkeit zu behandeln wäre, liegt kein Betrieb gewerblicher Art vor.
3. Kindergärten, Kinderhorte und Kindertagesstätten
Diese Einrichtungen der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften begründen keine Betriebe gewerblicher Art. Bei den Einrichtungen steht regelmäßig eine pastorale Aufgabenwahrnehmung im Vordergrund, die private Unternehmen nicht in gleicher Weise erfüllen können.
4. Alten- und Pflegeheime, Krankenhäuser, Mahlzeitendienste und Sozialstationen
Bei den genannten Tätigkeiten ist grundsätzlich von einem besonderen Bezug zum kirchlichen Verkündigungsauftrag auszugehen. Die Einrichtungen sind Gegenstand des kirchlichen Verkündigungsauftrages und Ausdruck der tätigen Nächstenliebe; die Tätigkeiten begründen grundsätzlich keinen Betrieb gewerblicher Art.
5. Andere Tätigkeiten
Bei anderen Tätigkeiten, wie z. B. Basare, Kantinenbetriebe, Personalverpflegung, Schrottverkauf, Cafeterias, Kioske, Krankenhauswäschereien, Kegelbahnen, Reiseveranstaltungen, Altkleiderverwertung, Erholungs- und Ferienheime, Krankenhausapotheken besteht kein besonderes Verhältnis zum kirchlichen Verkündigungsauftrag. Es handelt sich insoweit nicht um Hoheitsbetriebe.
Normenkette
KStG § 4