Entscheidungsstichwort (Thema)

Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs vom 26. November 1949 II 21/49 S, bestätigt durch Entscheidung Nr. 307 vom 17. Februar 1953 des United States Court of Restitution Appeals of the Allied High Commission for Germany

 

Leitsatz (amtlich)

Überträgt der Rückerstattungsberechtigte die Grundstücke, deren eingetragener Eigentümer er früher war, oder den Übereignungsanspruch auf eine GmbH, so ist der Vorgang von der Grunderwerbsteuer auch dann nicht befreit, wenn der Rückerstattungsberechtigte die GmbH beherrscht.

 

Normenkette

Gesetz Nr. 59 der amerikanischen Mil.Reg. (Rückerstattungsgesetz) Art. 91 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Kaufmann A. hat in Deutschland ein Gewerbe betrieben. Zum Betriebsvermögen gehörten mehrere Grundstücke. Durch Vertrag vom 17. Oktober 1938 veräußerte er sein Betriebsvermögen einschließlich dieser Grundstücke an die X. KG. Auf Grund des Gesetzes Nr. 59 der amerikanischen Militärregierung--Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände (Rückerstattungsgesetz -- REG. --) -- verlangte er von der X. KG. die Rückerstattung seines Betriebsvermögens. In dem Vergleich vom 16. August 1948 erkannten die Beteiligten die Nichtigkeit des Vertrages vom 17. Oktober 1938 an; die Teilhaber der X. KG. verpflichteten sich, das gesamte Betriebsvermögen einschließlich der Grundstücke an A. herauszugeben, willigten auch in die Berichtigung des Grundbuchs.

Zusammen mit dem Kaufmann B. errichtete A. am 6. Dezember 1948 die A. Grundstücksgesellschaft mbH, deren Stammanteile A. in Höhe von 545 000 DM und B. mit Mitteln des A. in Höhe von 5000 DM übernahmen. A. verpflichtete sich im Gründungsvertrag, die Grundstücke einzubringen; zugleich wurde die Auflassung erklärt und die Eintragung der Eigentumsänderung im Grundbuch bewilligt und beantragt. Die Grundstücke wurden sodann nach der Darstellung des Finanzgerichts von der X. KG. unmittelbar auf die GmbH. übertragen. Zum Gründungsvertrag forderte das Finanzamt von der steuerpflichtigen GmbH. Grunderwerbsteuer. Das Finanzgericht gab der Berufung statt, indem es den Art. 91 Abs. 1 REG., der vorschreibt, daß Steuern aus Anlaß der Rückerstattung nicht erhoben werden, für anwendbar erachtete.

Das Finanzgericht erblickt bei weiter Auslegung des Art. 91 Abs. 1 REG. entsprechend dem Grundgedanken des Gesetzes, geschehenes Unrecht nach Möglichkeit wieder gutzumachen, erst in der Übertragung der Grundstücke durch die Rückerstattungsverpflichteten an die Einmann-GmbH. die Rückerstattung, wie A. sie sich wünschte. Das Finanzgericht würde, wie es ausführt, ebenso entscheiden, wenn das Eigentum an den Grundstücken zuerst auf A. und von diesem auf die GmbH übertragen worden wäre. Der bekannte Rechtsgrundsatz, daß, wenn jemand zwischen sich und den Verkehr eine juristische Person einschiebe, alle steuerlichen Rechtsfolgen von den Beteiligten getragen werden müßten, hätte in diesem Falle dem Grundgedanken des Art. 91 Abs. 1 REG. zu weichen. Die GmbH. habe dargetan, aus welchen Gründen sie von A. gegründet worden sei. Sein Wohnhaus sei zerstört. Eine Wohnung in Deutschland zu finden, sei aus altbekannten Gründen sehr schwierig.Es sei auch verständlich, daß er die im Ausland aufgebaute Existenz nicht wieder aufgeben wolle. Es sei weiter menschlich verständlich, daß er als Jude nicht nach Deutschland zurückkehren möge. Die von ihm gewählte Rechtsform der wirtschaftlichen Einmann-GmbH. sei für ihn daher tatsächlich der nächstliegende Weg zur Verwaltung und Nutzung des ihm zurückerstatteten Vermögens gewesen. Das Finanzgericht sieht aus diesen Gründen in der Einbringung der Grundstücke einen Teil des Rückerstattungsvorganges.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Finanzamts hat Erfolg.

Der Vergleich vom 16. August 1948 und der Einbringungsvertrag vom 6. Dezember 1948 sind zwei getrennte Rechtsvorgänge, die jeder für sich der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Ziff. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) unterliegen. Die Frage, ob auch der Einbringungsvertrag durch Art. 91 Abs. 1 REG. von der Steuer befreit worden ist, ist aus dem Rückerstattungsgesetz heraus zu beantworten. Die Prüfung ergibt, daß das Einbringen außerhalb der Rückerstattung liegt und deshalb Art. 91 nicht Anwendung finden kann.

Das Einbringen der Grundstücke in die GmbH. stellt eine von der Rückerstattung unabhängige Maßnahme dar, nämlich eine im Anschluß an die Rückerstattung erfolgte Neuordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Rückerstattungsberechtigten. Das Rückerstattungsgesetz steht hinsichtlich des Inhalts der Rückerstattung auf dem Boden der Wiederherstellung des früheren Zustandes. Zur Zeit der Rückerstattung waren die entzogenen Gegenstände noch vorhanden und der frühere Eigentümer (Verfolgte) am Leben. Die Rückerstattung bestand deshalb in der Wiederherstellung des früheren Zustandes, in der Rückgewähr der Grundstücke an den damals Berechtigten, wie dies auch in dem Vergleich vom 16. August 1948 zum Ausdruck gekommen ist. Verfügte sodann der Berechtigte über den Rücker...

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