Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtliche Zuständigkeitsbestimmung nach PKH-Antragstellung vor mehreren Gerichten
Leitsatz (amtlich)
1. Die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kommt über den Wortlaut der Vorschrift ("verklagt werden sollen") auch dann in Betracht, wenn gegen alle Beklagten bereits eine Klage anhängig ist.
2. Die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstandes ist in diesem Falle im Interesse der Prozessökonomie jedoch nur dann zulässig, wenn der Antragsteller bereits mehrere Beklagte vor einem Gericht verklagt hat und einzelne davon die Unzuständigkeit dieses Gerichts geltend gemacht haben.
3. Hat der Kläger allerdings nicht bei einem, sondern bei mehreren Gerichten Prozesskostenhilfe für mehrere gegen Streitgenossen beabsichtigte Klagen beantragt, steht der Wortlaut des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ("verklagt werden sollen") einer Gleichbehandlung von Klageerhebung und Prozesskostenhilfeantrag entgegen, sodass auch in diesem Fall eine Gerichtsstandsbestimmung noch zulässig ist.
Normenkette
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3
Tenor
Als zuständiges Gericht wird das Landgericht Nürnberg-Fürth bestimmt.
Gründe
I. Die Antragstellerin berühmt sich Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche gegen die fünf Antragsgegner wegen behaupteter, ihnen zurechenbarer ärztlicher Behandlungsfehler im Rahmen der Behandlung von Kniebeschwerden. Streitgegenständlich sind insbesondere die Behandlungen im Rahmen von drei Operationen und zwar im Mai 2012 und im Juli 2012 in der Klinik der Antragsgegnerin zu 3) und im Februar 2015 in der Klinik der Antragsgegnerin zu 1).
Verbunden mit einem gegen die Antragsgegner zu 1) und 2) gerichteten Klageentwurf beantragte sie mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 10.10.2016, dort eingegangen am 18.01.2017, bei dem Landgericht Nürnberg-Fürth, Az.: 11 O 370/17, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 14.03.2017 haben die Antragsgegner zu 1) und 2) mit der Begründung behauptet fehlender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage Zurückweisung des PKH-Antrags beantragt. Mit Schriftsatz vom 03.05.2017 hat die Antragstellerin repliziert. Über den Prozesskostenhilfeantrag ist bislang nicht entschieden worden.
Verbunden mit einem gegen die Antragsgegner zu 3) bis 5) gerichteten Klageentwurf beantragte die Antragstellerin zudem mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 22.12.2016, dort eingegangen am 23.12.2016, bei dem Landgericht Bayreuth, Az.: 32 O 750/16, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Auch die Antragsgegner jenes Verfahrens haben mit ausführlicher Begründung behauptet fehlender Erfolgsaussicht der von der Antragstellerin beabsichtigten Klage (§ 114 ZPO) Zurückweisung ihres PKH-Antrags beantragt. Auch in jenem Verfahren hat die Antragstellerin repliziert, ohne dass bislang über den Antrag befunden worden wäre.
Mit Schriftsatz vom 18.08.2017, bei dem Oberlandesgericht eingegangen am selben Tag, beantragte die Antragstellerin die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichts, wobei sie die Auffassung vertrat, dass das Landgericht Bayreuth zu bestimmen sei.
Alle Parteien hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Unter Zugrundelegung der von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen gab der Senat das Bestimmungsverfahren mit Verfügung vom 07.11.2017 an das Oberlandesgericht Nürnberg ab, welches die Übernahme jedoch ablehnte. Angesichts der unzureichenden Angaben der Antragstellerin hat der Senat die Akten der beiden beteiligten Landgerichte beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, auf den Akteninhalt der beigezogenen Akten der Landgerichte Bayreuth und Nürnberg-Fürth sowie auf die im Bestimmungsverfahren ergangenen gerichtlichen Verfügungen Bezug genommen.
Trotz der völlig unzureichenden Antragstellung sowie der bis zuletzt lückenhaften Darlegung von Sachverhalt und Prozessgeschichte durch die Antragstellerin steht nach Beiziehung und Einsicht in die Akten der beteiligten Landgerichte nunmehr fest, dass das Landgericht Bayreuth zuerst mit der Sache befasst war und deshalb der erkennende Senat als dessen Obergericht zur Entscheidung über die beantragte Gerichtsstandsbestimmung zuständig ist, § 36 Abs. 2 ZPO.
Auch sind die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO gegeben.
Nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO erfolgt auf Antrag eine Gerichtsstandsbestimmung, wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben (§§ 12, 17 ZPO), als Streitgenossen verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
§ 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO findet bei allen Arten der passiven Streitgenossenschaft gemäß §§ 59, 60 oder 62 ZPO Anwendung (vgl. BGH NJW 1998, 685; OLG Frankfurt WM 2014, 701; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 36 Rdn. 14 m.w.N.). Im gegenständlichen Verfahren ist von einer einfachen Streitgenossenschaft der Beklagten im Sinne ...