Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuweisung einer Ehewohnung anlässlich der Scheidung - analoge Anwendung des § 1568a Abs. 6 BGB auf den Anspruch auf Wohnungszuweisung nach § 1568a Abs. 1 BGB
Leitsatz (amtlich)
1. Nach der gesetzgeberischen Intention soll in den Fällen der Wohnungszuweisung nach § 1568a BGB anlässlich der Scheidung ausschließlich ein Mietverhältnis begründet werden.
2. Dieser Anspruch auf Eintritt oder Begründung eines Mietverhältnisses erlischt nach § 1568a Abs. 6 BGB jedoch innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft der Scheidung.
3. Da der Gesetzgeber eine Koppelung von Überlassung und Änderung bzw. Begründung eines Mietvertrages beabsichtigt hat, ist es nur folgerichtig und konsequent, dass auch der Anspruch auf Überlassung der Wohnung nach Ablauf von einem Jahr nach Rechtskraft der Scheidung erlischt.
Verfahrensgang
AG Forchheim (Beschluss vom 31.05.2016; Aktenzeichen 2 F 222/16) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Forchheim vom 31.05.2016 aufgehoben und der Antrag der Antragstellerin, ihr das Anwesen H. in N. zur alleinigen Nutzung zu überlassen und die Wohnung zu räumen und herauszugeben, zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens in erster und zweiter Instanz zu tragen.
3. Der Verfahrenswert wird in erster und zweiter Instanz auf 4.000,00 Euro festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten sind geschiedene Eheleute und streiten um die Zuweisung der ehemaligen Ehewohnung im gemeinsamen Hausanwesen in N. anlässlich der Scheidung.
Mit Scheidungsendbeschluss vom 04.12.2014, rechtskräftig seit 04.12.2014, wurde die Ehe der Beteiligten durch das AG Forchheim im Verfahren 2 F 411/14 geschieden.
Die Eheleute sind Miteigentümer des Anwesens H. in N.. Die Antragstellerin lebt gemeinsam mit der 2004 geborenen gemeinsamen Tochter in der Wohnung im Erdgeschoss. Der Antragsgegner bewohnt das Obergeschoss, welches derzeit nur über das Wohnzimmer der Antragstellerin zugänglich ist.
Die Antragstellerin begehrt daher in erster Instanz die Zuweisung des gesamten Anwesens H. zur alleinigen Nutzung und die Räumung des Anwesens durch den Antragsgegner.
Die gemeinsame Tochter M. der Antragstellerin und des Antragsgegners besucht derzeit das C.-Gymnasium in E.. Seit der 2. Klasse wohnt sie in N., zuvor hat sie dort bereits den Kindergarten und die Grundschule besucht.
Die Antragsgegnerin beruft sich darauf, dass die Tochter M. in N. ihren gesamten Freundeskreis habe. Es sei nahezu unmöglich im dortigen Umfeld eine neue Wohnung zu finden.
Ferner habe die Antragstellerin die Wohnung im Erdgeschoss saniert. Die Räume im Obergeschoss seien an sich in einem unbewohnbaren Zustand.
Die Antragstellerin beantragt daher in erster Instanz mit am 06.04.2016 eingegangenem und am 13.04.2016 dem Antragsgegner zugestellten Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten, das Anwesen H. in N. der Antragstellerin zur alleinigen Nutzung zu überlassen. Ferner beantragte sie, dass der Antragsgegner die Wohnung unter Mitnahme seiner persönlichen Sachen bis spätestens 29.02.2016 zu räumen und an die Antragstellerin herauszugeben habe.
Der Antragsgegner beantragte erstinstanzlich, den Antrag der Antragstellerin auf Zuweisung der Ehewohnung/Ehehaus zurückzuweisen und berief sich im Wesentlichen darauf, dass der Antragsgegner über einen von ihm beauftragten Architekten bereits die Genehmigung von einer Dachgaube nebst Außentreppe beantragt hätte. Nach Installierung einer Außentreppe könnte das Haus nach dem WEG geteilt werden. Die Genehmigungsmitteilung des
Landratsamtes Forchheim vom 27.04.2016 wurde sodann im Laufe des Verfahrens mit Schriftsatz vom 04.05.2016 vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
Das AG beteiligte das Landratsamt Forchheim, Amt für Jugend, Familie und Senioren, das mit Schreiben vom 23.05.2016 Stellung nahm und im Wesentlichen die Einschätzung vertrat, dass es auf Dauer für die Entwicklung des Kindes M. nicht zuträglich sei, dass es im Spannungsfeld der Eltern lebe. Insoweit wird auf dem Jugendamtsbericht vom 23.05.2016 Bezug genommen.
In nicht öffentlicher Sitzung vom 31.05.2016 hörte das AG die Antragstellerin und den Antragsgegner persönlich an.
Mit Endbeschluss vom 31.05.2016 wies das AG die in dem Hause H. in N. gelegene Ehewohnung der Antragstellerin zur alleinigen Benutzung zu. Ferner wies es den Antragsgegner an, die Ehewohnung bis 31.07.2016 zu räumen und an die Antragstellerin herauszugeben.
Das AG begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die gemeinsame Tochter M. ihren Lebensmittelpunkt bei der Kindsmutter habe, vor Ort die örtliche Schule besuche und soziale Kontakte geknüpft habe.
Es bestehe die Gefahr, dass die Antragstellerin vor Ort keine geeignete Wohnung finden könne und damit das Kind aus seinem sozialen Umfeld gerissen würde. Dies sei mit dem Kindeswohl nicht zu vereinbaren.
Wegen der wei...