Entscheidungsstichwort (Thema)
Scheidungsverfahren: Mitvergleichen nicht anhängiger Folgesachen; PKH; Beigeordneter Rechtsanwalt
Leitsatz (redaktionell)
Da sich die Beiordnung in einer Ehesache nach § 48 Abs. 3 RVG auch auf einen Abschluss eines Vertrages über nicht rechtshängige Folgesachen erstreckt, ist dem Anwalt bei einer entsprechenden Vereinbarung insoweit eine 1,5 Einigungsgebühr und eine 1,2 Terminsgebühr zu gewähren.
Normenkette
RVG §§ 45, 48 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Bayreuth (Beschluss vom 13.01.2009; Aktenzeichen 1 F 61/08) |
Tenor
Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des AG - Familiengerichts - Bayreuth vom 13.1.2009 wird zurückgewiesen.
Gründe
1. In dem zwischen den Parteien anhängigen Scheidungsverfahren wurde dem Antragsteller mit Beschluss des AG vom 13.2.2008 Prozesskosten hilf e unter Beiordnung von Rechtsanwalt K. bewilligt. In der mündlichen Verhandlung vom 14.5.2008 beantragten beide Parteien die Erstreckung der bewilligten Prozesskostenhilfe auf eine nachfolgend abzuschließende, von ihnen außergerichtlich bereits vorbereitete Scheidungsfolgenvereinbarung über Versorgungsausgleich sowie über nicht anhängige güterrechtliche Ansprüche, nachehelichen Unterhalt, Hausrat und sonstige Vermögensauseinandersetzung. Mit Beschluss vom 14.5.2008 stellte das AG fest, dass die dem Antragsteller mit Beschluss vom 13.2.2008 bewilligte Prozesskostenhilfe zu den bisherigen Bedingungen auch den Abschluss der Vereinbarung im Termin vom 14.5.2008 umfasst. Mit Beschluss vom selben Tag hat das AG den Streitwert für das Scheidungsverfahren auf insgesamt 9.542 EUR festgesetzt (Scheidung 7.542 EUR, Versorgungsausgleich 2.000 EUR). Den Wert der Vereinbarung vom 14.5.2008 hat es auf 100.804 EUR festgesetzt (Ausschluss Versorgungsausgleich 2.000 EUR, Unterhaltsverzicht 2.000 EUR, Kontoausgleich pauschal 2.000 EUR, Zugewinn 94.804 EUR).
Am 4.9.2008 beantragte der Antragstellervertreter, aus der Staatskasse eine Vergütung i.H.v. 1.884,96 EUR festzusetzen, wobei aus dem Streitwert von 9.542 EUR eine 1,3 Verfahrensgebühr nach RVG-VV 3100 und aus einem Gegenstandswert von 98.804 EUR eine Differenzverfahrensgebühr gemäß RVG-VV 3101 i.H.v. 193,70 EUR geltend gemacht wurde. Außerdem machte er aus einem Streitwert von insgesamt 108.346 EUR eine 1,2 Terminsgebühr gemäß RVG-VV 3104 i.H.v. 469,20 EUR und eine 1,5 Einigungsgebühr aus einem Streitwert von 98.804 EUR gemäß RVG-VV 1000 i.H.v. 586,50 EUR sowie die Auslagenpauschale i.H.v. 20 EUR geltend.
Mit Beschluss vom 16.9.2008 setzte das AG die dem Antragstellervertreter aus der Staatskasse zu zahlenden Prozesskostenhilfevergütung auf 1.209,04 EUR fest, wobei es wegen des übersteigenden Vergleichswertes weder eine Verfahrens- noch eine Terminsgebühr berücksichtigte und nur eine 1,0 Einigungsgebühr gemäß RVG-VV 1003 anerkannte.
Gegen diesen ihm am 19.9.2008 zugestellten Beschluss hat der Antragstellervertreter am 23.9.2008 Erinnerung eingelegt, mit der er seinen ursprünglichen Kostenfestsetzungsantrag weiterverfolgt. Zur Begründung verweist er insbesondere darauf, dass es im vorliegenden Scheidungsverfahren im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut des § 48 Abs. 3 S. 1 RVG nicht um einen Mehrvergleich im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren gehe, weil sich die den Parteien für das Scheidungsverfahren bewilligte Prozesskostenhilfe nach dieser Vorschrift auf die dort weiter genannten nicht anhängigen Folgesachen erstrecke. Deshalb seien sämtliche von ihm geltend gemachten Gebühren festzusetzen.
Das AG hat mit Beschluss vom 13.1.2009 auf die Erinnerung den Festsetzungsbeschluss vom 16.9.2008 abgeändert und die vom Antragstellervertreter begehrte Prozesskostenhilfevergütung antragsgemäß auf 1.884,96 EUR festgesetzt.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Staatskasse vom 15.1.2009, mit der sie die Ausgangsentscheidung des AG vom 16.9.2008 verteidigt.
Das AG hat mit Beschluss vom 20.1.2009 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Die Bezirksrevisorin beim OLG Bamberg hat auf Veranlassung des Senats am 9.2.2009 eine Stellungnahme abgegeben. Sie vertritt die Auffassung, dass eine 1,5 Einigungsgebühr nach RVG-VV 1000 entstanden sei. Die Zubilligung einer Verfahrens- oder Terminsgebühr aus dem übersteigenden Vergleichswert sei abzulehnen.
Der Einzelrichter hat die Sache dem Senat wegen der grundsätzlichen Bedeutung mit Beschluss vom 5.5.2009 übertragen, § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO.
2. Die Beschwerde der Staatskasse ist zulässig, §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 8, 45 RVG.
In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.
Das AG hat in der angefochtenen Entscheidung zu Recht die vom Antragstellervertreter beantragte Vergütung in Anwendung der §§ 45, 48 RVG festgesetzt.
Die dem Antragsteller für das Scheidungsverfahren bewilligte Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des antragstellenden Rechtsanwalts erstreckte sich gem. § 48 Abs. 3 S. 1 RVG auf den Abschluss eines Vertrages i.S.d. Nr. 1000 des Vergütungsverzeichnisses, also auch auf die von ...