Leitsatz (amtlich)
1.
Unter den Voraussetzungen des § 78 b Abs. 1 ZPO kann der Antragsteller auch im Klageerzwingungsverfahren nach § 172 Abs. 2 StPO die Beiordnung eines Notanwalts beantragen.
2.
Die Beiordnung eines Notanwalts im Klageerzwingungsverfahren setzt voraus, dass der Antragsteller darlegt und glaubhaft macht, dass er alle zumutbaren Bemühungen entfaltet hat, um die Übernahme des Mandats durch einen Rechtsanwalt zu erreichen, und dass sich aus seinem Vortrag ergibt, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Tenor
Der Antrag des Anzeigeerstatters, ihm für das Klageerzwingungsverfahren einen Notanwalt beizuordnen, wird zurückgewiesen.
Gründe
Der Antragsteller beantragt die Beiordnung eines Rechtsanwalts zur Durchführung eines Klageerzwingungsverfahrens. Zur Begründung trägt er mit Schreiben vom 10.12.2006 vor, er müsse davon ausgehen, "dass sich in seiner Heimatstadt nur schwer ein Rechtsanwalt finden würde, der zur Prüfung oder gar Vertretung meines Entscheidungsbegehrens bereit wäre". Er habe zwar "mehrere außerörtliche Rechtsanwälte kontaktiert, aber von diesen bis heute keine Antwort erhalten."
Der Antrag auf Beiordnung eines Notanwaltes für das beabsichtigte Klageerzwingungsverfahren ist zulässig, jedoch nicht begründet:
§ 78 b ZPO findet im Klageerzwingungsverfahren entsprechende Anwendung. Die Rechtsähnlichkeit der Fälle des Anwaltszwanges nach § 78 b ZPO und nach § 172 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 StPO gebietet eine entsprechende Anwendung des § 78 b ZPO im Rahmen des § 172 Abs. 3 StPO.
Der Antrag des Verletzten auf gerichtliche Entscheidung gegen den ablehnenden Bescheid des Generalstaatsanwalts (§ 172 Abs. 1 Satz 1 StPO) muss von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein (§ 172 Abs. 3 Satz 2 StPO). Für den Verletzten besteht also Anwaltszwang. Fehlen dem Verletzten die finanziellen Mittel einen Anwalt zu beauftragen, so gelten Kraft ausdrücklicher Vorschrift (§ 172 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 StPO) die zivilprozessualen Bestimmungen über die Prozesskostenhilfe (§§ 114 ff. ZPO). Für den Fall, dass der Verletzte unabhängig von seiner finanziellen Leistungsfähigkeit keinen zur Antragstellung bereiten Rechtsanwalt findet, enthält die Strafprozessordnung keine Regelung.
Im Gegensatz zur Strafprozessordnung enthält die Zivilprozessordnung für diesen Fall eine Regelung. § 78 b ZPO bestimmt, dass, soweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen hat, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Nachdem durch die am 01.01.2000 in Kraft getretene Neufassung von § 78 Abs. 1 und 2 ZPO das Lokalisationsprinzip für Anwaltsprozesse vor dem Amtsgericht und dem Landgericht aufgegeben worden ist, darf jeder im Inland zugelassene Rechtsanwalt daher vor jedem Amtsgericht oder Landgericht in der Bundesrepublik Deutschland auftreten. Trotz dieser erheblichen Erweiterung der Anzahl der zur Verfügung stehenden Rechtsanwälte hat der Gesetzgeber jedoch keine Veranlassung gesehen, § 78 b ZPO als durch die rechtspolitische Entwicklung überholt aufzuheben. Er hat die Vorschrift beibehalten, um die gesetzlich zwingend vorgeschriebene anwaltliche Vertretung auch für die Fälle sicherzustellen, in denen nicht nur die gerichtseingesessenen, sondern alle in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwälte gute Gründe haben mögen, ein Mandat nicht zu übernehmen (vgl. OLG Stuttgart Justiz 2001, 222ff., KK/Schmidt StPO 5. Aufl. § 172 Rn. 55).
Da das Gesetz für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung Anwaltszwang anordnet, muss unter dem Gesichtpunkt des umfassenden Rechtschutzes auch sichergestellt sein, dass der Antragsteller auch einen Rechtsanwalt bekommen kann, so dass § 78 b ZPO entsprechend anzuwenden ist.
Eine Beiordnung nach § 78 b ZPO setzt aber voraus, dass der Antragsteller darlegt und glaubhaft macht, dass er alle zumutbaren Bemühungen entfaltet hat, um die Übernahme des Mandats durch einen Rechtsanwalt zu erreichen. Er darf sich nicht, wie im vorliegenden Fall, damit begnügen, sich nur an einen oder einige wenige Rechtsanwälte zu wenden. Der Antragsteller, der die Beiordnung eines Notanwalts beantragt, muss zuvor eine beträchtliche Anzahl von Rechtsanwälten sowohl im weiteren Umkreis seines Wohnortes als auch auf Landesebene vergeblich um die Mandatsübernahme gebeten haben. Des Weiteren muss sich aus seinem Vortrag ergeben, dass die von ihm beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Denn es ist weder einem Rechtsanwalt als unabhängigem Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO) noch den Strafsenaten der Oberlandesgerichten zuzumuten, sich mit sinn- oder aussichtslosen Anträgen auf gerichtliche Entscheidung zu befassen. Auch an einem solchen Vortrag fehlt es vorliegend.
Fundstellen