Leitsatz (amtlich)
Auch in einer einfach gelagerten Scheidungs(verbund)sache ist das persönliche Beratungsgespräch mit einem Anwalt am Wohnsitz der Partei zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung geboten. Besondere Umstände i.S.d. § 121 Abs. 4 ZPO sind daher regelmäßig zu bejahen, wenn einer auswärts wohnenden Parteien persönliches Beratungsgespräch wegen der Entfernung zur Kanzlei eines am Verfahrensgericht ansässigen Anwalts nicht zumutbar ist und auch eine vermögende Partei die Mehrkosten eines Verkehrsanwalts aufbringen würde.
In diesem Fall kann an Stelle der zusätzlichen Beiordnung eines Verkehrsanwalts ein auswärtiger Anwalt mit der Maßgabe beigeordnet werden, dass die Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass der beigeordnete Anwalt die Kanzlei nicht im Bezirk des Verfahrensgerichts hat, bis zur Höhe der Vergütung eines Verkehrsanwalts am Wohnort des Verfahrenskostenhilfe begehrenden Antragstellers erstattungsfähig sind.
Normenkette
FamFG § 113 Abs. 1; ZPO § 121 Abs. 4
Verfahrensgang
AG Kulmbach (Beschluss vom 04.08.2011; Aktenzeichen 1 F 285/11) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG Kulmbach vom 4.8.2011 (001 F 285/11) wie folgt abgeändert.
Die Bewilligung erfolgt mit der Maßgabe, dass die Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass der beigeordnete Rechtsanwalt die Kanzlei nicht im Bezirk des Verfahrensgerichts hat, bis zur Höhe der Vergütung eines Verkehrsanwalts am Wohnort des verfahrenskostenhilfebegehrenden Antragstellers erstattungsfähig sind.
2. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Mit Beschluss des AG Kulmbach vom 4.8.2011 wurde dem Antragsteller für den ersten Rechtszug Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Als Verfahrensbevollmächtigte wurde die Kanzlei A. zu den Bedingungen eines in dem Bezirk des Verfahrensgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts beigeordnet. Die Bewilligung erfolgte auch für die Folgesache Versorgungsausgleich.
Gegen den an die Rechtsanwälte des Antragstellers am 11.8.2011 zugestellten Beschluss legte der Antragsteller mit am 19.8.2011 beim AG Kulmbach eingegangenem Schriftsatz seiner Rechtsanwälte sofortige Beschwerde ein. Die Beschwerde richtet sich gegen die Beschränkung der Beiordnung auf die Bedingungen eines in dem Bezirk des Verfahrensgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts. Der Beschwerdeführer beantragt, die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe dahingehend zu erweitern, dass die Beiordnung mit der Maßgabe erfolgt, dass die Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass der beigeordnete Anwalt die Kanzlei nicht im Bezirk des Verfahrensgerichts hat, nur bis zur Höhe der Vergütung eines Verkehrsanwalts am Wohnort des verfahrenskostenhilfebegehrenden Antragstellers erstattungsfähig sind.
Dem Antragsteller sei es nicht zuzumuten, für die rechtliche Vertretung in seiner Familiensache einen Verfahrensbevollmächtigten in K. zu beauftragen und für die erforderlichen Besprechungstermine mit seinem Rechtsanwalt jeweils nach K. zu reisen, zumal der Antragsteller aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse zur Tragung der dadurch anfallenden Reisekosten nicht in der Lage sei. Vielmehr stehe es dem Antragsteller frei, einen Anwalt an seinem Wohnort mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu beauftragen. Soweit dieser beauftragte Rechtsanwalt die rechtlichen Interessen des Antragstellers vor dem Familiengericht in K. vertrete, handele es sich um notwendige Kosten der Verfahrensführung, die zumindest in Höhe der für die Einschaltung eines Verkehrsanwalts anfallenden Kosten erstattungsfähig seien.
Mit Beschluss des AG Kulmbach vom 15.9.2011 wurde der Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss vom 4.8.2011 nicht abgeholfen und die Beschwerde dem OLG Bamberg zur Entscheidung vorgelegt.
Zur Begründung führte das AG aus, die von der Antragstellerseite gewünschte Ausgestaltung der Beiordnung könne erfolgen, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen, dass neben einem am Sitz des Verfahrensgerichts ansässigen Hauptbevollmächtigten ein in der Nähe des Beteiligten befindlicher Verkehrsanwalt beigeordnet werde. Dies sei dann zu bejahen, wenn ein ausschließlich schriftlicher Kontakt des Beteiligten mit seinem Verfahrensbevollmächtigten nicht ausreichend sei. Im vorliegenden Fall sei zu berücksichtigen, dass für die Antragsgegnerseite bereits die Zustimmung zur Scheidung erteilt worden sei. Als Folgesache sei derzeit lediglich der Versorgungsausgleich anhängig, bei dem jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine Aspekte ersichtlich seien, die einen unmittelbaren persönlichen Kontakt des Antragstellers mit seinem Verfahrensbevollmächtigten als erforderlich erscheinen ließen. Unter diesen Umständen sei davon auszugehen, dass es sich um ein einfach gelagertes Verfahren handele, das auch die ausschließlich schriftliche Information eines Verfahrensbevollmächtigten am Ort des Verfahrensgerichts zulasse. Soweit daher die zusätzliche Beiordnung eines Verkehrsanwalts begehrt werde, sei in einer derartigen F...