Leitsatz (amtlich)
"Mühelos erkennbar" im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04, NJW 2005, 2844 Rn. 10; BGH, Urteil vom 15. September 2015 - VI ZR 175/14, NJW 2016, 789 Rn. 28) ist ein von einer Berichterstattung Betroffener nur, wenn sich die Erkennbarkeit aus in der beanstandeten Veröffentlichung selbst mitgeteilten Informationen über die Person ergibt. Dass ein interessierter Leser die Identität des Betroffenen aufgrund von in der Veröffentlichung mitgeteilten Informationen durch eigene Recherchen ermitteln kann, reicht für die Annahme einer "mühelosen Erkennbarkeit" grundsätzlich nicht aus.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 S. 2; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Bayreuth (Urteil vom 12.10.2023; Aktenzeichen 31 O 223/23) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 12.10.2023 im Beschlussverfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 86.800,00 EUR festzusetzen.
Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis längstens 08.04.2024.
Gründe
I. Die Kläger machen gegen die Beklagte presserechtliche Unterlassungs-, Widerrufs- und Schadensersatzansprüche geltend.
Die Kläger sind Studenten, die im ... 2022 "in ihrer Freizeit" für ein Dienstleistungsunternehmen in der Gepäckabfertigung am Flughafen Y. arbeiteten. Die Beklagte ist verantwortlich für die in ... verbreitete regionale Zeitschrift "...", zu der eine Onlinepräsenz auf der Internetseite www...de gehört. Die Beklagte veröffentlichte am ...2022 auf der von ihr verantworteten Internetseite die folgende Wortberichterstattung (Anlage K 8):
Extremismus
Mitarbeiter zeigen IS-Geste am Y. Flughafen
Ein Foto aus den sozialen Medien sorgt für Aufregung, das Männer mit IS-Geste auf dem Y.er Rollfeld zeigt. Die Behörden reagieren sofort.
Y. (xxxx/xxx) - Drei junge Männer in Arbeitskluft posieren mit einer IS-typischen Geste am Rollfeld des größten Flughafens von ... in Y.: Mitten in der Sommerferienzeit sorgen diese Bilder aus sozialen Medien für Aufregung. Nach Angaben der Bundespolizei sind sofort nach Bekanntwerden des Vorfalls alle erforderlichen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr ergriffen worden. Die "Z."-Zeitung berichtete über den Vorfall. Ein Bild aus sozialen Medien zeigt, wie drei Männer in Arbeitskluft am Rollfeld stehen und ihre Zeigefinger symbolisch nach oben strecken - eine Geste, die für die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) typisch ist. Die Bundespolizei hat nach eigenen Angaben am Donnerstag Kenntnis von einem Video bekommen und nach einer sofortigen Auswertung den Ort dem Flughafen Y. zugeordnet. Anhand des Bildmaterials seien alle drei Personen identifiziert worden, teilte die Bundespolizei am Freitag mit. Da auf Grund des auf den Videos zu sehenden Verhaltens ein islamistischer Bezug nicht ausgeschlossen werden könne, seien sofort die Flughafenausweise gesperrt worden. Damit sei sichergestellt, dass ein Zutritt zu Sicherheitsbereichen des Flughafens ausgeschlossen sei. Es sei ebenfalls überprüft worden, dass die Personen derzeit keinen Dienst auf dem Flughafen versehen. Der Fall sei dann an die Y.er Polizei übergeben worden.
Generalstaatsanwaltschaft Y. führt keine Ermittlungen
Ein Polizeisprecher sagte, man sei am Donnerstag zu den Adressen der Männer gefahren. Bei zwei von ihnen habe man eine Gefährderansprache gehalten, der dritte sei im Urlaub gewesen. "Den haben wir weiter im Fokus - wenn er zurück ist, werden wir auch bei ihm eine Gefährderansprache durchführen." Gefährderansprachen führt die Polizei durch, wenn sie Hinweise auf eine möglicherweise anstehende Straftat bekommt. Sie wird zum Beispiel bei Extremisten und Hooligans vorstellig. Damit wollen die Beamten signalisieren, dass man die Person auf dem Schirm habe und dass sie die Gedanken, die sie möglicherweise hat, bloß nicht in die Tat umsetzen solle.
Die Generalstaatsanwaltschaft Y. führt nach Angaben eines Sprechers keine Ermittlungen in dem Fall. Das Zeigen des erhobenen Zeigefingers erfülle keinen Straftatbestand.
Die Bundespolizei wies darauf hin, dass Personal vor einer Tätigkeit im Flughafen-Sicherheitsbereich einer Zuverlässigkeitsüberprüfung unterzogen werde. Zuständig seien die Landesluftsicherheitsbehörden, die dafür etwa Anfragen an Polizei- und Verfassungsschutzbehörden stellten, um dort vorliegende Erkenntnisse berücksichtigen zu können. "Erst nach positivem Überprüfungsergebnis wird ein Flughafenausweis ausgestellt, welcher den Zutritt in den Sicherheitsbereich ermöglicht", so ein Sprecher. Mit der Überprüfung könnten bereits vor Arbeitsaufnahme mögliche Sicherheitsbedenken erkannt werden. Bei der Bundespolizei lagen den Angaben nach zu den betreffenden Personen keine polizeilichen Erkenntnisse vor.
"Die Behörden haben umgehend reagiert und da gab es auch keinen Toleranzspielraum", sagte der ... der DPolG Bundespolizeigewerkschaft, A., der .... Er fügte hinzu: "Selbstverständlich führt ...