Verfahrensgang
AG Pfaffenhofen a.d. Ilm (Entscheidung vom 10.11.2005) |
Tenor
I.
Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Pfaffenhofen a.d.Ilm vom 10. November 2005 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen sowie in der Kostenentscheidung aufgehoben.
II.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Pfaffenhofen a.d.Ilm zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen am 10.11.2005 wegen einer am 24.05.2005 als Führer eines Kraftfahrzeugs mit Anhänger außerhalb geschlossener Ortschaften begangenen fahrlässigen Überschreitung der gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 2 a StVO zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um (mindestens) 61 km/h zu einer Geldbuße von 400 Euro verurteilt und gegen ihn ein mit der Anordnung nach § 25 Abs. 2 a Satz 1 StVG (so genannte Viermonatsregel) verbundenes Fahrverbot für die Dauer eines Monats verhängt.
Mit ihrer ausweislich der Begründung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Rechtsbeschwerde rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Sie beanstandet, dass das Amtsgericht gegen den Betroffenen nicht entsprechend dem Bußgeldbescheid vom 02.08.2005 neben einer Geldbuße von 375 Euro ein Fahrverbot für die Dauer von drei Monaten verhängt hat.
Die auf die am 20.01.2006 gefertigte Stellungnahme zur Rechtsbeschwerdebegründung der Staatsanwaltschaft vom 12.01.2006 verweisende Gegenerklärung des Verteidigers des Betroffenen vom 16.03.2006 zur Antragsschrift der Staatsanwaltschaft bei dem Rechtsbeschwerdegericht vom 10.03.2006 lag dem Senat bei der Entscheidung vor.
II.
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, die wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt ist, hat Erfolg.
1.
Auf Grund der Feststellungen des Amtsgerichts kam gegen den Betroffenen gemäß §§ 24, 25 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BKatV i.V.m. Nr. 11.1.10 der Tabelle 1a zum BKat neben einer Geldbuße von 375 Euro die Anordnung eines Fahrverbots für die Dauer von drei Monaten wegen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers in der Regel in Betracht.
Dies hat das Amtsgericht auch nicht verkannt, sich jedoch "dazu veranlasst gesehen, das angeordnete Fahrverbot von drei Monaten erheblich zu reduzieren und im Gegenzug die Geldbuße maßvoll heraufzusetzen." Es hat hierbei berücksichtigt, dass der Betroffene - seiner Einlassung folgend - die verfahrensgegenständliche Fahrt für einen Freund unternommen habe. Mit Hilfe des mitgeführten Anhängers habe der geständige Betroffene nämlich als "Freundschaftsdienst" dessen liegen gebliebenes Fahrzeug zurückführen wollen. Hinzu komme, dass es sich nur um eine geringfügige Überschreitung der an sich das dreimonatige Fahrverbot auslösenden Geschwindigkeit gehandelt habe und der Betroffene bislang jedenfalls nicht einschlägig straßenverkehrsrechtlich in Erscheinung getreten sei. Schließlich sei auch berücksichtigt worden, dass der Betroffene durch die Verhängung eines Fahrverbots als einziger Mitarbeiter des von seiner Mutter geführten Familienbetriebs "in besonderem Maße betroffen" werde. Der Betrieb beziehe seine Haupteinnahmequelle aus dem An- und Verkauf sowie der Entsorgung von Kraftfahrzeugen; insoweit sei das Unternehmen von Aufträgen der Stadt abhängig. Die finanzielle Situation des Betriebes erlaube es nicht, einen Fahrer anzustellen. Altersbedingt sei die Mutter des Betroffenen nur sehr eingeschränkt im Stande, Fahrtätigkeiten durchzuführen. Auf Grund sämtlicher Gesichtspunkte erscheine es deshalb vertretbar, das Fahrverbot deutlich zu reduzieren, zumal das Gericht davon überzeugt sei, dass auch das nur einmonatige Fahrverbot seine Denkzettelfunktion ausreichend erfülle.
2.
Diese Ausführungen halten jedenfalls auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen rechtlicher Überprüfung nicht stand.
a)
Allerdings ist das Amtsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die von den Gerichten zu beachtende Vorbewertung des Verordnungsgebers in § 4 Abs. 1 BKatV das Vorliegen einer groben Pflichtverletzung im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG indiziert, so dass es regelmäßig der Anordnung eines Fahrverbotes als Denkzettel und Besinnungsmaßnahme bedarf (BGHSt 38, 125/130 und 231/235; BayObLG VRS 104, 437/438; ständige Rspr. des Senats). Diese Bindung der Sanktionspraxis dient nicht zuletzt der Gleichbehandlung der Verkehrsteilnehmer (Anwendungsgleichheit) und der Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit der durch bestimmte Verkehrsverstöße ausgelösten Rechtsfolgen (BVerfG NZV 1996, 284/285; OLG Zweibrücken DAR 2003, 531/532; KG NZV 2002, 47; Janiszewski/Jagow/Burmann Straßenverkehrsrecht 19. Aufl. § 25 StVG Rn. 10). Zu diesen Rechtsfolgen zählt jedoch nicht nur die Frage, ob gegen einen Betroffenen "in der Regel" ein Fahrverbot zu verhängen ist (§ 4 Abs. 1 Satz 1 BKatV), sondern auch - wie sich aus § 4 Abs. 1 Satz 2 BKatV ergibt - die "in der Regel" fes...