Entscheidungsstichwort (Thema)

Verjährungsfrist für Mängel an Freiland-Photovoltaikanlagen

 

Normenkette

BGB § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, Nr. 3

 

Verfahrensgang

LG Coburg (Beschluss vom 04.11.2011; Aktenzeichen 23 O 155/11)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des LG Coburg vom 4.11.2011 - 23 O 155/11, abgeändert wie folgt:

Dem Antragsteller wird ab Antragstellung Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung für die erste Instanz bewilligt. Ihm wird zur Wahrnehmung seiner Rechte die Rechtsanwaltssozietät A., xxx, zu den Bedingungen eines im Bezirk des LG Coburg niedergelassenen Rechtsanwalts beigeordnet.

II. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die gem. § 127 Abs. 2, §§ 567 ff. ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers ist begründet. Entgegen der vom LG vertretenen Auffassung fehlt es der vom Antragsteller beabsichtigten Rechtsverfolgung nicht an der hinreichenden Erfolgsaussicht i.S.d. § 114 ZPO.

1. Wie das LG zutreffend ausführt, ist von einer solchen hinreichenden Erfolgsaussicht dann auszugehen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt der Prozesskostenhilfe begehrenden Partei für vertretbar hält; es muss also aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage möglich sein, dass der Antragsteller mit seinem Begehren durchdringen wird. Das Prozesskostenhilfeverfahren dient nicht dem Zweck, über zweifelhafte Rechtsfragen abschließend vorweg zu entscheiden. Die Anforderungen an die Erfolgsaussichten dürfen nicht überspannt werden (vgl. zum Ganzen z.B. Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 114 Rz. 19 ff. m.w.N.).

2. Entgegen der vom LG vertretenen Rechtsauffassung ist die in diesem Sinne verstandene Erfolgsaussicht jedoch zu bejahen.

a) Jedenfalls nach derzeitigem Verfahrensstand (der Vertrag zwischen den Parteien liegt nicht vor) nicht zu beanstanden sind die Ausführungen des LG zur rechtlichen Qualifikation des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags als eines Kaufvertrags mit Montageverpflichtung. Auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss, die auch durch die Beschwerdebegründung nicht entkräftet werden, wird in vollem Umfang Bezug genommen. Für den Verjährungsbeginn ist eine Abnahme i.S.d. § 640 BGB mithin nicht erforderlich, die andernfalls - was die Beschwerdeerwiderung verkennt - eventuell Einfluss auf den Beginn der Verjährung haben könnte.

b) Mit Recht rügt die Antragstellerseite aber, dass das LG sich im angefochtenen Beschluss nicht mit dem unter Beweis gestellten Vortrag auf Seiten 3 - 6 des Entwurfs der Klageschrift zu Verhandlungen zwischen den Parteien auseinandergesetzt hat. Auch der sich mit der Beschwerdebegründung inhaltlich in keiner Weise befassende Nichtabhilfebeschluss vom 12.12.2011 geht über dieses Vorbringen hinweg. Sofern sich die aufgestellten Behauptungen des Antragstellers als wahr erweisen, könnten durchaus Anerkenntnisse i.S.d. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB oder - was wesentlich näher liegt - jedenfalls die Verjährung hemmende Verhandlungen i.S.d. § 203 BGB zu bejahen sein.

c) Nicht beipflichten kann der Senat der rechtlichen Einschätzung des LG zur Dauer der Verjährungsfrist. Tatsächlich spricht viel dafür, vorliegend einen Fall des § 438 Abs. 1 Nr. 2b BGB anzunehmen, was zu einer Verjährungsfrist von 5 Jahren führen würde.

Um ein Bauwerk im Sinne dieser Bestimmung handelt es sich bei einer unbeweglichen Sache, die durch Verwendung von Arbeit und Material in Verbindung mit dem Erdboden hergestellt wird. In Betracht kommen insoweit nicht nur aufstehende Gebäude, sondern auch Produkte des Tiefbaus und des sonstigen Hochbaus, insbesondere auch technische Anlagen, soweit sie nicht nur lose und ohne feste Verbindung mit Grund und Boden aufgestellt werden (vgl. z.B. Westermann in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2012, § 438 Rz. 17; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, 2008, § 634a Rz. 20). Die Kasuistik dazu, wann von einem Bauwerk auszugehen ist, ist verzweigt und uneinheitlich. Zur entsprechenden Einordnung einer Freiland-Photovoltaikanlage existiert bislang - soweit ersichtlich - keine obergerichtliche oder gar höchstrichterliche Rechtsprechung.

Grundsätzlich gilt, dass der Begriff des Bauwerks weiter ist als der in §§ 93 ff. BGB verwendete des Gebäudes. Da § 438 Abs. 1 BGB - wie § 638 Abs. 1 BGB a.F. auch - dem Interessenausgleich zwischen den Vertragspartnern dient, kann es nicht (allein) auf die sachenrechtliche Zuordnung zum Eigentum am Grundstück ankommen. In den Blick zu nehmen ist vielmehr, dass bei Bauwerken Mängel häufig erst später als bei anderen Vertragsgegenständen erkennbar werden. Eine feste Verbindung ist daher nicht Voraussetzung der Bejahung der Bauwerkseigenschaft (vgl. BGH, Urt. v. 3.12.1998 - VII ZR 109/97 - juris Rz. 13 ff. zu § 638 Abs. 1 BGB a.F.), wenn auch wesentliche Bestandteile i.S.d. § 94 BGB regelmäßig dem Bauwerksbegriff unterfallen werden (vgl. dazu Staudinger/Peters/Jacoby, a.a.O.).

Wie sich ...

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