Entscheidungsstichwort (Thema)
Rauchverbot auf Freifläche vor Gaststätte innerhalb eines Einkaufszentrums?
Leitsatz (amtlich)
Freiflächen vor Gaststätten innerhalb des umbauten Raumes eines Einkaufszentrums sind nicht "Innenräume" einer Gaststätte i.S.d. Art. 3 I 1 i.V.m. Art. 2 Nr. 8 BayGSG und unterliegen damit keinem Rauchverbot; eine Ausnahme gilt nur dann, wenn das Einkaufszentrum mit einem Kinderbetreuungsangebot selbst gem. Art. 2 Nr. 2e) BayGSG dem Anwendungsbereich des Gesundheitsschutzgesetzes unterfällt.
Normenkette
GG Art. 103 II; OWiG § 3; BayGSG Art. 1
Tatbestand
Das AG verurteilte den Betr. als verantwortlichen Gaststättenbetreiber wegen einer Ordnungswidrigkeit nach Art. 9 II iVm. Art. 7 S. 2 BayGSG am 30.03.2009 zu einer Geldbuße von 200 Euro. Nach den Feststellungen betreibt der Betr. seine Schank- und Speisewirtschaft im ersten Stock eines Einkaufszentrums, in welchem sich, verteilt auf zwei Etagen, verschiedene Geschäfte befinden. Sowohl innerhalb seiner Gaststätte als auch vor dieser stellt der Betr. für seine Gäste Bistrotische auf. Die Tische vor der Gaststätte befinden sich auf der Verbindungsbrücke zwischen dem linken und rechten Laufweg des durchgehend überdachten Einkaufszentrums. Sowohl am 29.08.2008 als auch am 02.09.2008 stellte die staatliche Lebensmittelkontrolle fest, dass der Betr. auf den Tischen vor seiner Gaststätte Aschenbecher bereitgestellt hatte und dort auch tatsächlich - wie dem Betr. nicht entgangen war - mehrere Gäste rauchten, ohne dass der Betr. hiergegen einschritt.
Mit seiner gegen die Verurteilung gerichteten Rechtsbeschwerde, deren Zulassung er beantragte, rügt der Betr. die Verletzung sachlichen Rechts. Die vom Einzelrichter des Senats zur Fortbildung des Rechts zugelassene und zur Entscheidung dem Bußgeldsenat des OLG in der Besetzung mit drei Richtern übertragene Rechtsbeschwerde erwies sich als erfolgreich.
Entscheidungsgründe
I.
Die (...) bisherigen Feststellungen des AG rechtfertigen eine Verurteilung des Betr. wegen einer Ordnungswidrigkeit nach Art. 2 Nr. 8, Art. 3 I 1, Art. 7 S. 1 Nr. 3, S. 2 i.V.m. Art. 9 II BayGSG nicht. Das AG geht zwar zutreffend davon aus, dass es sich bei dem Betr. als dem Betreiber der Gaststätte gem. Art. 7 S. 1 Nr. 3 BayGSG um den Verantwortlichen für die Einhaltung des Rauchverbotes nach Art. 3 I 1 BayGSG handelt. Zu Unrecht hat das AG aber unter Berufung auf den Schutzzweck der Norm den Bereich mit Bistrotischen vor der Gaststätte, aber noch innerhalb des durchgehend überdachten Einkaufszentrums, als ,Innenraum' einer Gaststätte i.S.d. Art. 3 I i.V.m. Art. 2 Nr. 8 BayGSG behandelt.
1.
Nach Art. 3 I 1 BayGSG ist das Rauchen in "Innenräumen" der in Art. 2 BayGSG bezeichneten Gebäude, Einrichtungen, Heime, Sportstätten, Gaststätten und Verkehrsflughäfen verboten.
a)
Von einem Innenraum kann dabei nach dem allgemeinen sprachlichen Verständnis sowie auch nach dem Willen des Gesetzgebers nur bei einem geschlossenen Raum ausgegangen werden, der nach allen Seiten von Wänden oder Fenstern eingegrenzt wird, ohne dass es aber auf das Material oder die Beschaffenheit der den Raum umgrenzenden Wände, Türen und Fenster ankommt. Der Innenbereich ist damit abzugrenzen vom Außen- und Freibereich (BayLT-Drs. 15/8603, S. 9). Dem Freibereich sollen danach nicht (vollständig) überdachte Innenhöfe, überdachte aber nicht geschlossene Sportstadien und insbesondere Frei- und Außenbereiche der Gastronomie, z.B. in Wirts- und Biergärten, zugerechnet werden (BayLT-Drs. 15/8603, S. 9/10; Breitkopf/Stollmann, Nichtraucherschutzrecht 2008, S. 19). Da auch das durchgehend überdachte Einkaufszentrum nach allen Seiten von Wänden eingegrenzt ist, befinden sich die aufgestellten Bistrotische mit den Aschenbechern noch innerhalb eines umbauten Raumes. Wie vom AG insoweit zutreffend angenommen, handelt es sich damit bei diesem Bereich offensichtlich nicht um eine Außenfläche im Freien, so dass vom grammatischen Verständnis eine Einordnung unter den allgemeinen Begriff ,Innenraum' i.S.d. Art. 3 I 1 BayGSG im Bezug auf den umbauten Raum grundsätzlich in Betracht kommt.
b)
Eine solche isolierte grammatische Auslegung des Begriffs ,Innenraum' würde aber den weiteren Zusammenhang des Gesetzes völlig außer Betracht lassen. Wie aus dem in Art. 3 I 1 BayGSG angefügten einschränkenden Relativsatz "der in Art. 2 bezeichneten Gebäude, Einrichtungen, Heime, Sportstätten, Gaststätten und Verkehrsflughäfen" deutlich wird, gilt das Rauchverbot nicht generell in allen Innenräumen. Vielmehr muss der jeweilige Innenraum Teil eines in den Anwendungsbereich des Gesetzes einbezogenen Schutzobjektes selbst sein, um vom Rauchverbot überhaupt erfasst zu werden (so auch Scheidler GewArch 2008, 287/289). Diese Voraussetzungen sind hier aber gerade nicht erfüllt. Der Betr. betreibt im ersten Stock des Einkaufszentrums zwar eine öffentlich zugängliche Schank- und Speisewirtschaft und damit eine Gaststätte i.S.d. Art. 2 Nr. 8 BayGSG mit einem in sich abgeschlossenen Gastraum, der damit als Innenraum g...