Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuer als Teil eines Messeverbindlichkeit
Normenkette
GKG § 23 Abs. 1 S. 1; HGB § 171 Abs. 2, § 172; InsO §§ 55, 80 Abs. 1; ZPO § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Coburg (Beschluss vom 11.01.2018; Aktenzeichen 1 HK O 24/17) |
Tenor
I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Coburg vom 11.01.2018 durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
II. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis spätestens 07.09.2018.
Gründe
I. Der Kläger hat als Insolvenzverwalter der M. Gesellschaft mbH & Co. KG zunächst die Rückzahlung von Ausschüttungen, die der Beklagte als Kommanditist der Insolvenzschuldnerin erhalten hat, verlangt. Im Berufungsverfahren hat der Kläger die Sache für erledigt erklärt, der Beklagte hat sich dem widersetzt.
Die M. Gesellschaft mbH & Co. KG betrieb das Containerschiff MS "X.", dessen Erwerb unter anderem mit den Einlagen der Kommanditisten finanziert wurde. Der Beklagte trat mit einer Hafteinlage von 85.000,- Euro der Gesellschaft bei und leistete eine Zahlung in entsprechender Höhe zuzüglich Agio in Höhe von 6.225,60 Euro. Die Jahresabschlüsse wiesen für die Jahre 2002 bis 2012 keine durch die Kommanditeinlagen gedeckte Verluste aus. Im Zeitraum 2002 -2007 erhielt der Beklagte Ausschüttungen von insgesamt 35.700,- Euro und führte im Jahr 2010 im Rahmen eines Sanierungsverfahrens 8.500,- Euro an die Gesellschaft zurück.
Auf Eigenantrag vom 22.8.2013 wurde am 06.09.2013 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet. 25 Gläubiger meldeten Insolvenzforderungen in Höhe von insgesamt 8.455.264,12 Euro zur Tabelle an, davon 2.105.402,60 Euro das Finanzamt ... und 5.466.661,43 Euro die Y. Bank AG.
Zur Zeit der Klageerhebung wiesen die Insolvenzanderkonten Guthaben von 2.067.855,70 Euro und 493.930 USD auf.
Bei einem Verkauf des Schiffs nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde ein Erlös von 4,6 Mio Euro erzielt. Das FA ... beanspruchte (unter Rücknahme der Forderungsanmeldung im Übrigen) daraufhin eine aus dem Verkauf des Seeschiffs resultierende Gewerbesteuerforderung von 1 Mio Euro als vorrangig zu bedienende Masseforderung gem. § 55 InsO (vgl. im Einzelnen Schreiben des Klägers vom 17.11.2017, Anlage K 17). Die Y. Bank korrigierte unter Berücksichtigung des Verkaufserlöses aus der Schiffsverwertung ihre Forderung auf 1.708.225 Euro.
Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, es bestünde eine Unterdeckung von 140.349,39 Euro, weshalb der Beklagte auf Grundlage des Außenhaftungsanspruchs der Gesellschaftsgläubiger gem. § 171 II, 172 HGB Ausschüttungen in Höhe von 27.200 Euro (35.700 Euro - 8.500 Euro) zurückzuführen habe.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 27.200,- Euro nebst Zinsen zu verurteilen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des Ersturteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es führt zur Begründung unter anderem aus, eine Einforderung der Haftsumme vom Beklagten für die Befriedigung von Insolvenzgläubigern sei nicht erforderlich. Die Forderung des Finanzamtes ... sei eine Masseverbindlichkeit im Sinne von § 55 Absatz 1 Nr. 1 InsO, für die der Beklagte nicht hafte. Die Steuer resultiere aus dem Verkauf des Schiffs nach Insolvenzeröffnung. Es sei damit keine Insolvenzforderung im Sinne von § 38 InsO, da sie zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht begründet gewesen sei. Berücksichtige man die Steuerforderung nicht, reiche die vorhandene Masse aus. Nach eigenem Vortrag habe der Kläger Forderungen in Höhe von knapp 3 Millionen Euro (Anlage K 16) eingezogen, dem stünden aber nur zu berücksichtigende Gläubigerforderungen im Sinne von § 38 InsO in Höhe von 2,5 Mio Euro gegenüber.
In Bezug auf die durch den Insolvenzverwalter begründeten Verbindlichkeiten hafte der Kommanditist nicht. Gleiches gelte für Kosten des Insolvenzverfahrens nach § 54 InsO.
Der Kläger hat mit der Berufung zunächst den ursprünglich gestellten Zahlungsantrag weiterverfolgt. Er hat zunächst unter anderem vorgetragen, die Forderung des Finanzamts ... sei bereits zur Tabelle angemeldet, der Steuertatbestand mithin vor Insolvenzeröffnung gelegt gewesen. Die Umqualifizierung als Masseforderung folge aus der Rechtsprechungsänderung des BFH, ändere aber nichts daran, dass die Steuerschuld schon zuvor bestanden hätte.
Außerdem hafte der Beklagte auch für Verfahrenskosten nach § 54 InsO, § 23 I 1 VI GKG und Masseverbindlichkeiten. Die unbeschränkte Haftung des Kommanditisten ergebe sich aus der aktuellen Entscheidung des BGH vom 20.02.2018 (BGH II ZR 272/16). Eine Sondermassenbildung sei nicht erforderlich, da der Beklagte allen Gesellschaftsgläubigern gegenüber hafte.
Mit Schriftsatz vom 05.07.2018 erklärte der Kläger die Sache für erledigt, da durch zwischenzeitlichen Forderungseinzug das Insolvenzanderkonto ein Guthaben von 3.612.166,94 Euro aufweise. Eine Inanspruchnahme des Beklagten sei deshalb ...