Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag des Verfahrensbeistandes auf Entbindung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Mit der Voraussetzung, dass der Entlassung des Verfahrensbeistands keine erheblichen Gründe entgegenstehen dürfen, soll wegen der damit einhergehenden Verzögerungen einer Entlassung des Verfahrensbeistands auf dessen eigenen Antrag zur Unzeit vorgebeugt werden.

2. Ein Wechsel in der Person des Verfahrensbeistands auf dessen eigenen Antrag sollte möglichst nicht vor dem Abschluss der Instanz erfolgen.

3. Eine Entlassung darf nicht die Interessen des Kindes verletzen und auch nicht dem Beschleunigungsgebot des § 155 Abs. 1 FamFG widersprechen.

 

Normenkette

FamFG § 158 Abs. 4

 

Verfahrensgang

AG Würzburg (Aktenzeichen 7 F 395/20)

 

Tenor

Der Antrag der Verfahrensbeiständin auf Aufhebung der Bestellung wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Mit Schreiben vom 26.08.2022 beantragt die Verfahrensbeiständin, bezugnehmend auf § 158 Abs. 4 FamFG, Ihre Bestellung aufzuheben. Sie sei ihrem Auftrag, die Interessen des Kindes (Kindeswohl und Kindeswille) zu vertreten, vollumfänglich nachgekommen. Der Kindesvater habe aber gegen sie bei der Staatsanwaltschaft Würzburg eine Anzeige erstattet. Diese sei zurückgewiesen worden. Daraufhin habe der Kindesvater auch eine Anzeige bei der Generalstaatsanwaltschaft in Bamberg erstattet, die ebenfalls zurückgewiesen worden sei. Es sei zu erwarten, dass der Kindsvater auch künftig versuchen werde, jedes pflichtgemäße Tätigwerden durch weitere Anzeigen zu behindern. Aus diesem Grund sei eine unabhängige und unparteiliche Interessenvertretung des Kindes für die Zukunft nicht mehr zu gewährleisten. Im Hinblick auf die Interessen des Kindes werde daher um eine Entpflichtung gebeten.

Die übrigen Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme und sprechen sich für eine Entpflichtung der Verfahrensbeiständin aus.

II. Der Antrag auf Aufhebung der Bestellung ist jedoch zurückzuweisen, da der Entlassung erhebliche Gründe entgegenstehen.

Gemäß § 158 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 FamFG hebt das Gericht die Bestellung eines Verfahrensbeistandes auf, wenn dieser dies beantragt und einer Entlassung keine erheblichen Gründe entgegenstehen.

Der Entlassung des Verfahrensbeistands dürfen daher keine erheblichen Gründe entgegenstehen. Mit dieser Einschränkung soll wegen der damit einhergehenden Verzögerungen einer Entlassung des Verfahrensbeistands zur Unzeit vorgebeugt werden (Menne FamRZ 2020, 1033, 1039; BR-Drs. 634/20, S. 58.). Ein Wechsel in der Person des Verfahrensbeistands sollte möglichst nicht vor dem Abschluss der Instanz erfolgen (Lorenz in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 158 Bestellung des Verfahrensbeistands, Rn. 12). Die Hürden für die Auswechslung des Verfahrensbeistandes sind damit nach wie vor recht hoch (Witt, FamRZ 2021, 1510, 1517).

Vorliegend hat der Senat Termin zur Anhörung des Kindes und zur Anhörung der weiteren Beteiligten auf den 05.10.2022 bestimmt. Eine Entpflichtung der Verfahrensbeiständin würde dazu führen, dass dieser Termin aufgehoben werden müsste, da sich ein neu zu bestellender Verfahrensbeistand erst in das Verfahren und die Problematiken einarbeiten müsste. Auch wären vorab Gespräche des neuen Verfahrensbeistandes mit den Kindeseltern und dem Kind unabdingbar. Diese Verzögerung widerspricht jedoch dem Beschleunigungsgebot des § 155 Abs. 1 FamFG, zumal vorliegend ein Umgangsausschluss seitens des Amtsgerichts angeordnet wurde.

Eine Entlassung so kurz vor Verfahrensabschluss, gefährdet daher vorliegend die Interessen des Kindes (Vogel, FamRB 2022, 200, 202).

III. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil es sich bei dem vorliegenden Beschluss lediglich um eine Zwischenentscheidung handelt (§§ 82, 38 Abs. 1 FamFG).

Der Beschluss ist nicht selbstständig anfechtbar (§ 158 Abs. 5 FamFG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 15455723

NJW 2022, 8

NJW-RR 2023, 222

NJW-Spezial 2023, 37

NZFam 2023, 32

RPsych 2023, 256

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?