Verfahrensgang
AG München (Entscheidung vom 14.04.2005) |
Gründe
I. Das Amtsgericht München hat den Betroffenen mit Urteil vom 27.02.2003 wegen einer am xx.xx.2002 begangenen fahrlässigen Ordnungswidrigkeit der Nichtbeachtung einer länger als 1 Sekunde andauernden Rotlichtphase als Führer eines Kraftfahrzeugs zu einer (erhöhten) Geldbuße von 250,-- EUR verurteilt und hat von der Verhängung eines Fahrverbots abgesehen.
Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft vom 11.03.2003 hob das Bayerische Oberste Landesgericht mit Beschluss vom 30.10.2003 (Az. 1 ObOWi 377/03) das Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststelllungen sowie in der Kostenentscheidung auf und verwies die Sache im Umfang der Aufhebung an das Amtsgericht München zurück.
Mit Urteil vom 14.04.2005 verurteilte das Amtsgericht München den Betroffenen zu einer (Regel) Geldbuße von 125,-- EUR und verhängte erneut kein Fahrverbot.
Das Urteil enthält keine Kostenentscheidung.
Gegen dieses Urteil legte die Staatsanwaltschaft fristgemäß Rechtsbeschwerde und hinsichtlich der unterlassenen Kostenentscheidung sofortige Beschwerde ein.
Mit ihrer auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Rechtsbeschwerde wendet die Beschwerdeführerin sich gegen das Absehen von der Verhängung eines Fahrverbots.
II. 1. Der Rechtsbeschwerde ist der Erfolg zu versagen. Das amtsgerichtliche Urteil hält rechtlicher Nachprüfung statt. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht wegen langer Verfahrensdauer von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen hat.
a) Im Urteil ist dazu ausgeführt:
"Das Gericht erachtete bei dem verkehrsrechtlich bisher nicht in Erscheinung getretenen Betroffenen eine Geldbuße von EUR 125,00 als angemessen und den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen entsprechend.
Von der Verhängung eines Fahrverbotes war im vorliegenden Fall abzusehen. Der Verkehrsverstoß liegt bereits 2 Jahre und beinahe 8 Monate zurück. Der Betroffene ist seitdem verkehrsrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten. Die Verhängung eines Fahrverbotes als sogenannter "Denkzettel" hat damit seinen Sinn verloren und ist nicht mehr notwendig, um auf den Betroffenen einzuwirken. Hierbei war auch zu berücksichtigen, dass die lange Verfahrensdauer nicht durch den Betroffenen zu verantworten war. Es konnte daher zur Überzeugung des Gerichts bei einer Regelgeldbuße von EUR 125,00 bleiben."
b) Dies ist nicht zu beanstanden.
Das Fahrverbot nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG hat nach der gesetzgeberischen Intention in erster Linie eine Erziehungsfunktion. Es ist als Denkzettel und Besinnungsmaßnahme gedacht und ausgeformt (BVerfGE 27, 36/42).
Nach ständiger obergerichtlicher Rechtssprechung kann ein Fahrverbot deshalb seinen Sinn verloren haben, wenn zwischen dem Verkehrsverstoß und dem Wirksamwerden einer Anordnung ein erheblicher Zeitraum liegt und in der Zwischenzeit kein weiteres Fehlverhalten im Straßenverkehr festgestellt worden ist (vgl. z. B. BayObLG NZV 2004, 100/101 OLG Bamberg 2 Ss OWi 62/05 Hentschel Straßenverkehrsrecht 38. Aufl. § 25 StVG Rn. 24 m. w. N.).
Wann bei langer Verfahrensdauer der Zeitablauf entweder allein oder zusammen mit anderen Umständen ein Absehen vom Fahrverbot rechtfertigen kann, ist eine Frage des Einzelfalls, die einen gewissen Beurteilungsspielraum eröffnet. Dementsprechend finden sich in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedliche Antworten auf die Frage, ab wann von einem erheblichen Zeitraum zwischen dem Verkehrsverstoß und seiner Ahndung ausgegangen werden kann. In der neueren obergerichtlichen Rechtsprechung ist jedenfalls die Tendenz erkennbar, den Sinn eines Fahrverbots in Frage zu stellen, wenn die zu ahndende Tat mehr als 2 Jahre zurückliegt (vgl. Hentschel aaO. m. w. N.).
c) Angesichts dessen lässt die angefochtene Entscheidung Ermessensfehler nicht erkennen. Nach den Feststellungen lag die Tat 2 Jahre und 8 Monate und damit deutlich länger als 2 Jahre zurück, der Betroffene war seitdem strafverkehrsrechtlich nicht in Erscheinung getreten und hat die lange Verfahrensdauer nicht zu vertreten.
d) Nicht zu beanstanden ist ferner, dass das Amtsgericht die Geldbuße nicht im Hinblick auf den Wegfall des Fahrverbotes erhöht hat, sondern es bei der Regelgeldbuße belassen hat. Da die Denkzettel- und Warnungsfunktion des Fahrverbots vorliegend entfällt, hat auch eine Erhöhung der Geldbuße (§ 4 Abs. 4 BKatV) zur Erreichung dieses spezialpräventiven Zweckes zu unterbleiben.
2. Aufgrund der mit der Rechtsbeschwerde erhobenen sofortigen Beschwerde der Staatsanwaltschaft (§ 464 Abs. 3 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG) gegen die versehentlich unterbliebene Kostenentscheidung des Amtsgerichts ist das amtsgerichtliche Urteil wie aus dem Tenor ersichtlich zu ergänzen.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist für diese Ergänzung zuständig, § 464 Abs. 3 Satz 3 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.
Die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft hatte im Rechtsbeschwerdeverfahren bei dem Bayerischen Obersten Landesgericht mit dem Az. 1 ObOWi 377/03 Erfolg, so dass die d...