Leitsatz (amtlich)

Der einem Zeugen für die Dauer seiner Vernehmung nach § 68 b StPO als Beistand beigeordnete Rechtsanwalt erhält eine Gebühr für eine Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Ziff. 4 VV RVG (u.a. im Anschluss an OLG Oldenburg StraFo 2006, 130 f.; OLG Hamm NStZ-RR 2008, 96 und OLG Zweibrücken, Beschl. v. 19.02.2008 - 1 Ws 346/07)

 

Tatbestand

Zum Sachverhalt:

Der Strafkammervorsitzende ordnete dem inhaftierten Z. für die Dauer seiner Zeugeneinvernahme in der Hauptverhandlung vom 03.07.2007 und später für seine weitere Einvernahme im Termin vom 01.08.2007 jeweils RA'in R. als Zeugenbeistand gemäß § 68 b I StPO für die Dauer der Vernehmung im jeweiligen Termin bei. Mit Anträgen vom 06.07.2007 und vom 06.08.2007 beantragte R. für ihre Tätigkeit Gebühren in Höhe von 709,24 Euro und 312,97 Euro festzusetzen, wobei sich diese Beträge aus einer Grundgebühr gemäß Nr. 4101 VV RVG, einer Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4113 VV RVG, zwei Terminsgebühren gemäß Nr. 4115 VV RVG, einer Pauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG sowie die auf diese Beträge entfallende Umsatzsteuer zusammensetzten. Mit Beschluss vom 05.11.2007 setzte die RPfl'in die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf 423,64 Euro fest, wobei der Festsetzung zwei Einzeltätigkeiten gemäß Nr. 4301 Ziffer 4 VV RVG zugrunde gelegt wurden. Unter dem 23.11.2007 legte R. Erinnerung gegen diesen Beschluss ein, mit der sie weiterhin die Ansicht vertrat, dass die Gebühren nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG abzurechnen seien. Die RPfl'in hat der Erinnerung nicht abgeholfen. Mit Beschluss vom 13.02.2008 hob die Strafkammer den Beschluss der RPfl'in auf und setzte die Vergütung auf 649,74 Euro fest. In diesem Beschluss vertrat das LG die Ansicht, die Tätigkeit des Zeugenbeistandes sei zwar grundsätzlich entsprechend einem Verteidiger mit einer Grundgebühr und einer Terminsgebühr zu vergüten, jedoch sei die Verfahrensgebühr nicht verdient. Hinzu komme, dass auch die Grundgebühr nicht zu erstatten sei, da R. dem Zeugen bereits zuvor zweimal als Zeugenbeistand beigeordnet und somit in die Sache eingearbeitet gewesen sei. Unter dem 18.02.2008 legte die Bezirksrevisorin bei dem LG gegen den Beschluss vom 13.02.2008 Beschwerde ein und beantragte die Vergütung der R. auf 423,64 Euro festzusetzen, da sich die Vergütung des lediglich für die Dauer der Vernehmung beigeordneten Zeugenbeistandes nach Nr. 4301 Ziff. 4 VV RVG richte. Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Die zulässige sofortige Beschwerde (§§ 56 II, 33 II 1 und 3 RVG) erwies sich als begründet.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Frage der Vergütung des gem. § 68 b StPO bestellten Zeugenbeistandes ist in der Rechtsprechung umstritten. Einige Oberlandesgerichte vertreten die Ansicht, der Zeugenbeistand sei uneingeschränkt wie ein Verteidiger zu vergüten. Ihm stünden deshalb, außer im Wiederaufnahmeverfahren, die Grundgebühr (Nr. 4100 VV RVG), die Verfahrensgebühr (Nrn. 4112 bzw. 4118 VV RVG) und die Terminsgebühr (Nrn. 4114 bzw. 4120 VV RVG) zu (vgl. OLG Köln NStZ 2006, 410; OLG Koblenz NStZ-RR 2006, 254; KG NStZ-RR 2005, 358; OLG Schleswig NStZ-RR 2007, 126 OLG München Beschl. v. 25.03.2008 - 4 Ws 27/08; OLG Hamm, Beschl. v. 07.11.2007 - 2 Ws 289/07= NStZ-RR 2008, 96 ≪Ls≫). Nach anderer Ansicht ist der Zeugenbeistand zwar entsprechend einem Verteidiger mit einer Grundgebühr und einer Terminsgebühr zu vergüten, jedoch sei die Verfahrensgebühr nicht verdient (KG NStZ-RR 2007, 532; OLG Dresden, Beschl. v. 06.11.2007 - 2 Ws 495/06). Nach einer dritten Ansicht steht dem Rechtsanwalt, der dem Zeugen nach § 68 b StPO für die Dauer seiner Vernehmung als Beistand beigeordnet wurde, lediglich eine Gebühr wegen einer Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Ziffer 4 VV RVG zu (OLG Oldenburg StraFo 2006, 130 f. und NdsRpfl 2006, 353 f.; OLG Frankfurt StRR 2007, 83 ≪Ls≫ und Beschl. v. 14.02.2008 - 2 Ws 11/08; OLG Celle NdsRpfl 2007, 351 f.; OLG Hamm NStZ-RR 2008, 96; OLG Dresden, Beschl. v. 17.12.2007 - 3 Ws 84/07; KG, Beschl. v. 18.01.2007 - 1 Ws 2/07 sowie OLG Zweibrücken, Beschl. v. 19.02.2008 - 1 Ws 346/07).

II.

Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Dabei ist zunächst zu beachten, dass § 48 I RVG die Voraussetzung für den Vergütungsanspruch definiert. Dieser bestimmt sich u.a. nach dem Beiordnungsbeschluss. Weiter ergibt sich aus § 68 b StPO, dass die Beiordnung nur für die jeweilige richterliche oder staatsanwaltschaftliche Vernehmung gilt und mit Abschluss der Vernehmung beendet ist (KK-Senge StPO 5. Aufl. § 68 b Rn. 4). Vorliegend erfolgte die Beiordnung der R. jeweils in unmittelbarem Zusammenhang mit der Zeugenvernehmung und endete mit deren Abschluss. Absatz 1 der Vorbemerkungen zu Teil 4 VV RVG bestimmt u.a., dass für die Tätigkeit als Zeugenbeistand die Vorschriften des 4. Teils der VV entsprechend anzuwenden sind. Damit gilt grundsätzlich auch Abschnitt 3 des 4. Teils der VV entsprechend. Welcher Vergütungstatbestand letztlich erfüllt ist, richtet sich nach Art und Umfang der im Rahmen der Bestellung erbrachten Tätigkeit. D...

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