Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Übertragung höherer Rentenanrechte nach Rückerstattung freiwillig entrichteter Beiträge
Leitsatz (redaktionell)
Sind einem Ehegatten nach Durchführung des Versorgungsausgleichs vom Rentenversicherungsträger freiwillig entrichtete Beiträge zurückerstattet worden, kommt eine Erhöhung des Ausgleichsanspruchs durch Übertragung höherer Rentenanrechte wegen grober Unbilligkeit gem. § 1587c Nr. 2 BGB nicht in Betracht, wenn für das Rückerstattungsbegehren kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich ist und als einziges Motiv für die Reduzierung der Anwartschaften des anderen Ehegatten die Erhöhung des eigenen Ausgleichsanspruchs in Betracht kommt. Eine hieraus resultierende ungleiche Besserstellung ist unzulässig.
Normenkette
BGB § 1587 Abs. 1, § 1587c Nr. 2
Verfahrensgang
AG Kitzingen (Urteil vom 16.08.2006; Aktenzeichen 2 F 174/06) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Deutsche Rentenversicherung gegen Ziff. 2. des Endurteils des AG - FamG - Kitzingen vom 16.8.2006 wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des gesamten Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
III. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 2.000 EUR.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Mit Endurteil vom 16.8.2006 hat das AG - FamG - Kitzingen die Ehe der Parteien geschieden (Ziff. 1 des Urteils) und den Versorgungsausgleich durchgeführt (Ziff. 2 des Urteils). Gegen die am 30.8.2006 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 21.9.2006 eingegangene Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung. Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass in der im Ersturteil zugrunde liegenden Auskunft vom 20.7.2006 Rentenanwartschaften des Antragsgegners i.H.v. 105,57 EUR festgestellt seien. Tatsächlich würden die Rentenanwartschaften des Antragsgegners nur noch 36,38 EUR betragen, weil ihm die im Zeitraum vom 1.5.1990 bis 30.6.2004 entrichteten freiwilligen Beiträge zurückerstattet worden seien.
Die Parteien und anderen Beteiligten hatten rechtliches Gehör.
Die zulässige Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung bleibt im Ergebnis ohne Erfolg. Die im Beschwerdeverfahren vorgelegte neue Auskunft zur Höhe der Rentenanwartschaften des Antragsgegners vom 29.9.2006, die eine Rentenanwartschaft i.H.v. nur noch 36,38 EUR ausweist und folglich eine Erhöhung des Ausgleichsanspruches des Antragsgegners ggü. der Antragstellerin zur Folge hätte, veranlasst gleichwohl keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Höhere Rentenanwartschaften sind auf den Antragsgegner nicht zu übertragen, weil dieser seine Anwartschaften ohne zureichenden Grund ggü. der Antragstellerin in illoyaler Weise reduziert hat und die Übertragung höherer Versorgungsanrechte grob unbillig wäre (§ 1587c Nr. 2 BGB).
Der Antragsgegner hat nämlich nach Verkündung des Ersturteils am 16.8.2006 ggü. der Deutschen Rentenversicherung beantragt, die ihm im Zeitraum vom 1.5.1990 bis 30.4.2005 geleisteten freiwilligen Beträge in die Rentenversicherung zurückzuerstatten. Diesem Antrag wurde mit Bescheid vom 12.9.2006 stattgegeben. Dadurch haben sich die Anwartschaften des Antragsgegners auf eine Vollrente wegen Alters von monatlich 105,57 EUR auf monatlich 36,38 EUR verringert. Das Rückerstattungsbegehren des Antragsgegners erweist sich als illoyal, weil von ihm kein nachvollziehbarer Grund behauptet wurde bzw. ersichtlich ist. Demnach kommt als alleiniges Motiv für die Reduzierung seiner Rentenanwartschaften die Erhöhung des Ausgleichsanspruches gem. § 1587 Abs. 1 BGB in Betracht. Die Übertragung höherer Rentenanwartschaften vom Versicherungskonto der Antragstellerin auf das des Antragsgegners wäre grob unbillig. Der Antragsgegner würde bei Durchführung des Versorgungsausgleichs ungleich besser gestellt als die Antragstellerin. Ihm würden die höheren Rentenanwartschaften und der Erstattungsbeitrag zufließen, weil die Antragstellerin im Wege des Zugewinnausgleichs vom Antragsgegner keinen Ausgleich mehr verlangen kann. Denn der Rückerstattungsanspruch des Antragsgegners ggü. der Deutschen Rentenversicherung ist erst nach dem Stichtag für die Feststellung des Endvermögens entstanden und fällt damit nicht in den Zugewinnausgleich.
Im Ergebnis hat es deshalb bei der erstinstanzlichen Entscheidung zu verbleiben.
Gesetzliche Grundlage der Nebenentscheidungen: Kosten: § 97 Abs. 3, 93a ZPO. Gegenstandswert: § 49 GKG.
Fundstellen
Haufe-Index 1711730 |
FamRZ 2007, 1897 |
NJW-RR 2007, 1156 |