Leitsatz (amtlich)
1. Auch im Rahmen der Führungsaufsicht ist die Weisung, wonach ein Wohnsitzwechsel des Verurteilten vom (vorherigen) Einverständnis seines Bewährungshelfers oder der Führungsaufsichtsstelle abhängig gemacht wird, unzulässig.
2. Eine im Rahmen der Führungsaufsicht nach § 68 b I 1 Nr. 7 StGB erteilte Weisung an den Verurteilten, sich mindestens einmal wöchentlich bei seinem Bewährungshelfer zu melden, verstößt gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheits- und Verhältnismäßigkeitsgebot, wenn nicht gleichzeitig die Art und Weise der Meldung näher konkretisiert ist (u.a. Anschluss an OLG Jena StV 2008, 88). Die Angabe einer Mindestfrequenz vorgeschriebenen Meldungen ist nicht ausreichend, wenn nicht zugleich eine Höchstfrequenz festgelegt wird.
3. Eine im Rahmen der Führungsaufsicht erteilte Weisung, Anordnungen des Bewährungshelfers "gewissenhaft zu befolgen", verstößt gegen das Bestimmtheitsgebot des § 68 b I 2 StGB und ist auch deshalb unzulässig, weil sie infolge ihrer weiten Fassung geeignet ist, die Lebensführung des Verurteilten in unzumutbarer Weise einzuschränken.
4. Eine im Rahmen der Führungsaufsicht nach § 68 b I 1 Nr. 12, S. 3 StGB erteilte Weisung zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung ("elektronische Fußfessel") dient nicht nur der Überwachung aufenthaltsbezogener Weisungen, sondern soll spezialpräventiv auch die Eigenkontrolle des Betroffenen stärken. Zudem kann die Überwachung es den zuständigen Behörden im Fall einer akuten und erheblichen Gefährdungslage für Dritte erleichtern, rechtzeitig einzuschreiten (u.a. Anschluss an OLG Rostock NStZ 2011, 521 ff.). Nach dem Gesetzeszweck und dem Willen des Gesetzgebers kann deshalb die Weisung auch unabhängig von aufenthaltsbezogenen Weisungen erteilt werden, wenn das Gericht davon überzeugt ist, dass auch und allein die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463 a IV 2 Nr. 4 und Nr. 5 StPO den Betroffenen von der erneuten Begehung schwerer Straftaten iSd. § 66 III 1 StGB abhalten kann.
5. Auch Weisungen zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung dürfen keine unzumutbaren Anforderungen an die Lebensführung des Beschwerdeführers iSv. § 68 b III StGB stellen. Die Weisungen müssen in einem Mindestmaß stützend wirken und dürfen die Resozialisierungspotentiale der verurteilten Person nicht aus reinen Überwachungsinteressen heraus überfordern oder gefährden.
Normenkette
GG Art. 11, 6; StGB § 57 Abs. 1 Nr. 2, § 56c Abs. 1 S. 2, § 66 Abs. 3 S. 1, § 68a Abs. 1, § 68b Abs. 1 S. 1 Nrn. 1-2, 7-10, 12, Sätze 2-3, Abs. 2-3, § 68c Abs. 1, § 68d Abs. 1, § 68f Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 145a; StPO § 140 Abs. 2, § 306 Abs. 1, § 309 Abs. 2, § 306 Abs. 15, §§ 311, 453 Abs. 2, § 454 Abs. 1, § 462 Abs. 3 S. 1, §§ 462a, 463 Abs. 2, 3 Sätze 1, 5, § 463a Abs. 4 S. 2 Nrn. 4-5
Tatbestand
Zum Sachverhalt:
Der Verurteilte wird Mitte März 2012 eine Jugendstrafe von 10 Jahren u.a. wegen räuberischer Erpressung und Mordes aus dem Urteil der Großen Jugendkammer vom Januar 2000 vollständig verbüßt haben. Nach mündlicher Anhörung des Verurteilten am 14.02.2012 hat die StVK mit Beschluss vom selben Tage festgestellt, dass bei dem Verurteilten Führungsaufsicht eintritt und deren Dauer auf 5 Jahre festgesetzt. Weiter hat sie den Verurteilten für die Dauer der Führungsaufsicht der Aufsicht und Leitung des für seinen jeweiligen Hauptwohnsitz zuständigen Bewährungshelfers unterstellt und ihm insgesamt 14 Weisungen erteilt. Der Beschluss ist dem Verurteilten am 16.02.2012 zugestellt worden. Mit Schreiben vom selben Tage, eingegangen am 20.02.2012, legte der Verurteilte gegen den Beschluss Beschwerde ein. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass der Anhörungstermin zu kurzfristig anberaumt worden sei und er deswegen nicht die Möglichkeit gehabt habe, einen Verteidiger beizuziehen. Die GenStA hat beantragt, die sofortige und zugleich einfache Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig zu verwerfen. Hierzu hatte der Verurteilte rechtliches Gehör, äußerte sich jedoch innerhalb der ihm gesetzten Frist nicht mehr. Das Rechtsmittel blieb überwiegend erfolglos.
Entscheidungsgründe
1.
Das Rechtsmittel richtet sich nach seiner Begründung - im Zweifel - gegen den Beschluss insgesamt, selbst wenn sich der Verurteilte bei seiner mündlichen Anhörung vom 14.02.2012 nur gegen die Weisungen zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung ausgesprochen und erklärt hat, gegen die anderen beabsichtigten Weisungen keine Einwendungen zu haben. Somit richtet es sich auch gegen die Feststellung des Eintritts von Führungsaufsicht nach vollständiger Verbüßung gemäß § 68 f I 1 StGB. Da diese Feststellung zugleich eine ablehnende Entscheidung über das Entfallen der Maßregel gemäß § 68 f II StGB enthält, ist das Rechtsmittel als sofortige Beschwerde gemäß §§ 463 III 1, 462 III 1 StPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, da form- und fristgerecht eingelegt (§§ 306 I, 311 StPO).
2.
Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet.
a)
Soweit der Verurteilte im Schreiben vom 16.02.2012 ausdrücklich rügt, keine G...