Entscheidungsstichwort (Thema)
Neuregelung zur Anrechnungsvorschrift der Geschäftsgebühr
Leitsatz (redaktionell)
Bei der am 05.08.2009 in Kraft getretenen Neuregelung zur Anrechnung handelt es sich um eine Gesetzesänderung, welche auf Altfälle nicht anzuwenden ist. Die Neuregelung hat nicht nur klarstellende Funktion.
Normenkette
RVG § 15a
Verfahrensgang
LG Würzburg (Entscheidung vom 05.05.2009; Aktenzeichen 24 O 2709/08) |
Tenor
1.
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Würzburg (Rechtspfleger) vom 06.08.2009 wird zurückgewiesen.
2.
Die Beklagten tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.
3.
Der Beschwerdewert wird auf (281,25 EUR + 19% MWSt =) 334,69 EUR festgesetzt.
4.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin hat nach dem Beschluss des Landgerichts vom 05.05.2009 die Kosten des Rechtstreits zutragen, weil sie die Klage zurückgenommen hat (Protokoll vom 05.05.2009, S. 2, Bl. 40 d.A.).
Die Beklagten haben die Festsetzung von Rechtsanwaltsgebühren und Parteiauslagen in Höhe von 1 353,03 EUR beantragt (Schriftsatz 04.08.2009, Bl. 51 d.A.).
Der Rechtspfleger hat mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 06.08.2009 die von der Klägerin an die Beklagten zu erstattenden Kosten auf 1 033,56 EUR festgesetzt (Bl. 52 ff. dA). Dabei hat er die entstandene (vorgerichtliche) Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr angerechnet (Vorbemerkung 3 Abs. 4 von Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses - Anlage 1 - zum RVG).
Die Beklagten haben gegen den ihnen am 20.08.2009 zugestellten Beschluss am 24.08.2009 sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 56 ff.d.A.). Sie wenden sich gegen die Anrechnung der Geschäftsgebühr im Hinblick auf § 15a RVG. Diese Vorschrift sei lediglich eine Klarstellung des Gesetzgebers und deshalb auch auf "Altfälle" anzuwenden.
Die Klägerin sieht in § 15a RVG eine Neuregelung, die erst seit 15.08.2009 in Kraft und deshalb nicht anzuwenden sei.
Der Rechtspfleger hat der Beschwerde nicht abgeholfen ( Beschluss vom 02.09.2009, Bl. 60 f.d.A.), weil § 15a RVG wegen § 60 RVG nicht anwendbar sei.
II.
Das zulässige Rechtsmittel ist unbegründet.
Die Entscheidung des Rechtspflegers entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Entscheidung vom 22.1.2008 - VIII ZB 57/07, NJW 08, 1323; Beschluss vom 3.4.2008, III ZB 8/08 = Beck RS 2008, 10 235).
Die Beklagten können sich nicht auf die erst am 05.08.2009 in Kraft getretene Neuregelung des § 15a Abs. 2 RVG berufen, weil es sich dabei um eine Gesetzesänderung handelt, die der Übergangsbestimmung des § 60 Abs. 1 RVG unterliegt, und auf "Altfälle" nicht anzuwenden ist.
Der Senat folgt den Entscheidungen des Kammergerichts Berlin vom 13.08.2009 (2 W 128/099 ), des OLG Celle vom 26.08.2009 (2 W 240/09 ), des OLG Frankfurt vom 10.08.2009 (12 W 91/09 ), des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 07.07.2009 (13 Ta 301/09 ) und anderer. Die gegenteiligen Entscheidungen der Oberlandesgerichte Stuttgart (8 W 339/09 vom 11.08.2009), Koblenz (14 W 553/09 vom 01.09.2009) und Dresden (3 W 0793/09 vom 13.08.2009) überzeugen nach ihren Begründungen nicht.
Bei der Auslegung von Gesetzen kommt es grundsätzlich nicht auf den subjektiven Willen des historischen Gesetzgebers an, sondern maßgeblich ist der im Gesetzeswortlaut objektivierte Wille des Gesetzgebers (BVerfGE 1, 299, 312; sogenannte objektive Theorie, Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Auflage, vor § 1 Einleitung 40 m.z.w.N.).
Dementsprechend hat sich der BGH bei der Anwendung der Anrechnungsvorschrift in erster Linie auf deren klaren Wortlaut gestützt (VIII ZB 57/07). Zudem lässt die Gesetzesbegründung zum Kostenmodernisierungsgesetz nicht erkennen, dass der Gesetzgeber sich überhaupt mit diesen Praxisdetails beschäftigt hat (vergleiche hierzu ausführlich: BGH, Beschluss vom 22.01.2008 - VIII ZB 57/07 - Tz. 8, NJW 2008, 1323).
Die Auffassung, die Neuregelung habe nur klarstellende Funktion, lässt sich aber auch nicht mit der Begründung des Gesetzentwurfes (vgl. Bi. 59 d.A.) rechtfertigen. Als Begründung für die Gesetzesänderung wird ausdrücklich nur das Verständnis des Bundesgerichtshofes von der Anrechnungsvorschrift benannt, das zu unbefriedigenden Ergebnissen führe. Die Anrechnung auf die Verfahrensgebühr bewirke, dass eine kostenbewusste Partei die außergerichtliche Einschaltung eines Rechtsanwalts ablehnen und ihm stattdessen sofort Prozessauftrag erteilen müsste. Auch werde das Kostenfestsetzungsverfahren wegen der Anrechnung von Rahmengebühren mit einer materiell-rechtlichen Prüfung belastet. Beides laufe unmittelbar der Absicht zuwider, die der Gesetzgeber mit dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz verfolgt habe. Damit nimmt der Gesetzgeber aber selbst nicht in Anspruch, dass der mit der Gesetzesänderung eingetretene Regelungsgehalt bereits in der bisherigen Fassung der Anrechnungsvorschrift enthalten gewesen sei ( so zutreffend KG Berlin 2 W 128/09 vom 13.08.2009).
Ergänzend ist die vom OLG Celle a.a.O. gefundene Begründung überzeugend, die - zusammengef...