Leitsatz (amtlich)

1. Die Entscheidung eines Betreuungsgerichts über das Auskunftsersuchen einer nicht am Betreuungsverfahren beteiligten Behörde stellt einen nach den §§ 23ff. EGGVG überprüfbaren Justizverwaltungsakt dar.

2. Die Frage, ob ein Gerichtsvollzieher einen Anspruch auf Erteilung einer Auskunft aus einer Betreuungsakte hat, ist nach Art. 35 Abs. 1 GG in Verbindung mit den allgemeinen Datenschutzgesetzen (hier: Art. 18 BayDSG) zu beantworten.

3. Die ersuchende Behörde ist nicht verpflichtet, in ihrer Anfrage darzulegen, darzulegen, weshalb die benötigte Auskunft nicht vom Betroffenen selbst erteilt wurde.

 

Normenkette

BayDSG Art. 17, 18 Abs. 1-2; BDSG § 4 Abs. 2; EGGVG § 23 Abs. 1, § 28 Abs. 1 S. 4; FamFG § 13 Abs. 2; GG Art. 35 Abs. 1

 

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Mitteilung des Amtsgerichts ... vom 25.08.2017 an den Antragsteller, es könne "aus datenschutzrechtlichen Gründen keinerlei Auskunft erteilt werden", rechtswidrig gewesen ist.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Der Antragsteller wendet sich mit seinem Antrag gegen die Weigerung des Amtsgerichts ..., ihm in seiner Eigenschaft als Gerichtsvollzieher Auskünfte über das Bestehen und den Umfang einer Betreuung zu erteilen.

Am 21.08.2017 bat der Antragsteller im Rahmen eines bei ihm anhängigen Vollstreckungsverfahrens das Amtsgericht - Betreuungsgericht - ... (im Folgenden: Amtsgericht) um Auskunft, ob für den Betroffenen eine Betreuung mit Vermögenssorge bestehe, nachdem ihm Anhaltspunkte für das Bestehen einer Betreuung bekannt geworden seien.

Eine für Betreuungssachen zuständige Richterin des Amtsgerichts teilte ihm gemäß Verfügung vom 25.08.2017 mit, dass "aus datenschutzrechtlichen Gründen keinerlei Auskunft" gewährt werden könne.

Der Antragsteller legte gegen diese Mitteilung mit Schreiben vom 01.09.2017 Beschwerde ein. Er wies darauf hin, dass die Auskunft über das Bestehen einer Betreuung vom Betroffenen selbst stamme. Dieser habe aber nicht gewusst, welche Bereiche die Betreuung umfasse.

Mit Schreiben vom 21.09.2017 teilte der Antragsteller mit, seine Beschwerde bleibe aufrechterhalten. Zwar habe er die Auskunft mittlerweile vom Betreuer des Betroffenen erhalten. Es müsse für die Zukunft geklärt werden, ob eine pauschale Ablehnung entsprechender Auskunftsersuchen zulässig sei.

Mit Beschluss vom 21.11.2017 half das Amtsgericht ... der Beschwerde nicht ab und legte die Verfahrensakten dem Oberlandesgericht Bamberg zur Entscheidung vor.

Auf eine Anhörung des Betroffenen wurde verzichtet.

B. Der Antrag ist zulässig und begründet.

I. Die Beschwerde ist als Feststellungsantrag nach § 23 Abs. 1, § 24 Abs. 1, § 25 Abs. 1, § 26 Abs. 1, § 28 Abs. 1 S. 4 EGGVG zulässig.

1. Der Antrag ist statthaft, § 23 Abs. 1 EGGVG.

Die ablehnende Entscheidung über das Auskunftsersuchen einer nicht am Verfahren beteiligten Behörde stellt einen nach § 23 Abs. 1 EGGVG überprüfbaren Justizverwaltungsakt dar. Sie ist keine richterliche Entscheidung nach § 13 FamFG, die gemäß § 58 i.V.m. § 13 Abs. 7 FamFG mit der Beschwerde angefochten werden kann.

a) Zwar existiert mit § 13 Abs. 2 FamFG eine Vorschrift, die regelt, unter welchen Voraussetzungen am Verfahren nicht beteiligten Personen Akteneinsicht gewährt werden kann. Allerdings ist § 13 Abs. 2 FamFG nach herrschender Meinung nicht anwendbar, soweit es um die Gewährung von Akteneinsicht an Behörden geht (KG, Beschl. v. 20.05.2014, 1 VA 7/14, Tz. 3 - zit. nach juris; Ahn-Roth in Prütting/Helms, FamFG, 4. Aufl., § 13, Rn. 17; Bahrenfuss in Bahrenfuss, FamFG, 3. Aufl., § 13, Rn. 24; MüKo/ZPO - Pabst, FamFG, 2. Aufl., Rn. 16; T/P - Reichold, ZPO, 37. Aufl., § 13 FamFG, Rn. 4; Schöpflin in Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 5. Aufl., § 13, Rn. 8). Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Sie lässt sich neben dem klaren Wortlaut ("Personen") auch auf die Gesetzesbegründung stützen, wonach die Regelung in § 13 Abs. 2 FamFG andere gesetzliche Vorschriften, nach denen am Verfahren nicht beteiligte Behörden Akteneinsicht verlangen dürfen, unberührt lässt (BT-Drucks. 16/6308, S. 181; Bahrenfuss, a.a.O., Rn. 24). Für die entsprechende Bestimmung in § 299 Abs. 2 ZPO geht auch das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich davon aus, dass die Akteneinsicht an Behörden nicht umfasst ist (BVerfG, Beschl. v. 02.12.2014, 1 BvR 3106/09, Tz. 25; ebenso die h.L., vgl. Huber in Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl., Rn. 3; MüKo/ZPO - Prüttung, 5. Aufl., § 299, Rn. 20, jew. m.w.N.).

Der Antragsteller wurde hier zur Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben als Gerichtsvollzieher tätig. Er ist daher nicht als Privatperson, sondern als Justizbehörde anzusehen (OLG Hamm, Beschl. v. 15.07.2010, 15 VA 10/09, Tz. 5; MüKo/ZPO - Pabst, 5. Aufl., § 23 EGGVG, Rn. 8; Lückemann in Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 23 EGGVG, Rn. 10).

Der Anwendungsbereich des § 13 FamFG ist folglich nicht eröffnet.

b) Als Rechtsgrundlage für die Erteilung der Auskunft kommen auch die §§ 12 ff. EGGVG nicht in Betracht. Sie regeln, unter welchen Voraussetzungen eine Übermittlung...

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