Leitsatz (amtlich)
Zur Zulässigkeit und Auslegung einer Mediationsklausel sowie zur Freiwilligkeit, Nachholbarkeit und den Voraussetzungen eines ernsthaften Versuchs der Mediation.
Normenkette
BGB § 305c Abs. 2; MediationsG § 1 Abs. 1-2, § 2 Abs. 5 S. 1
Verfahrensgang
LG Schweinfurt (Urteil vom 27.09.2021; Aktenzeichen 5 HK O 32/19) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Schweinfurt vom 27.09.2021 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis einschließlich 07.02.2022.
Gründe
I. Die Parteien streiten um restliche Vergütungs- und Fahrtkostenersatzansprüche aus einem Kooperationsvertrag vom 14.03.2017 (Anlage K1), mit welchem sie eine Zusammenarbeit bei der Herstellung und dem Vertrieb eines von der Beklagten entwickelten und produzierten Batteriespeichersystems sowie dazugehöriger Serviceleistungen ab 01.01.2017 vereinbart hatten (§§ 1, 2, 11 des Vertrags).
§ 9 des Vertrags sah als monatliche, im Voraus fällige Nettovergütung der Klägerin für die Jahre 2017 und 2018 jeweils einen Betrag von EUR 4.300,00 und für das Jahr 2019 einen Betrag von EUR 4.800,00 vor, sobald entweder
- eine "Auszahlung der Stiftung bezüglich der Projektfinanzierung der AG" erfolgen würde oder
- die monatlichen Margen aus der Produktion von Batteriespeichern entweder in drei aufeinanderfolgenden Monaten über EUR 10.000,00
- oder in einem Monat über 30.000,00 liegen würden.
Bis dahin sollte die monatliche Vergütung der Klägerin sich auf netto EUR 2.000,00 belaufen.
Darüber hinaus sollte die Klägerin eine von der Höhe des erzielten Gewinns abhängige Umsatzbeteiligung erhalten.
§ 15 des Vertrags lautet: Die Parteien verpflichteten sich, bei Streitigkeiten aus diesem Vertrag vor Beschreiten des Rechtsweges ein Mediationsverfahren mit dem Ziel einer gütlichen Einigung mithilfe eines gemeinsam beauftragten Mediators durchzuführen. Das Mediationsverfahren wird durch die schriftliche Anzeige eines Partners eingeleitet. Der Partner soll dabei einen Mediator vorschlagen. Der Vorschlag ist für den anderen Partner nicht bindend. Können sich die Partner nicht binnen eines Monats nach Zugang der Anzeige auf einen gemeinsamen Mediator einigen, gilt das Mediationsverfahren als gescheitert.
In der Folge leistete die Beklagte an die Klägerin Vergütungszahlungen für die Zeit bis einschließlich März 2017.
Mit Schreiben vom 24.07.2017 (Anlage B1) erklärte die Beklagte gegenüber der Klägerin die Kündigung des Kooperationsvertrags aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung. Diese Kündigungserklärung wiederholte die Beklagte mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 28.08.2017 gegenüber dem Klägervertreter (Anlage B3).
Mit Schreiben vom 24.07.2017 (Anlage K5) ließ die Klägerin gegenüber der Beklagten unter Fristsetzung zum 07.08.2017 Auskunftsansprüche und Zahlungsansprüche in Höhe von EUR 84.000,00 geltend machen.
Mit Schreiben vom 30.01.2018 leitete die Klägerin das vertraglich vorgesehene Mediationsverfahren ein und schlug als Mediator einen Dozentenkollegen des Klägervertreters vor, woraufhin die Beklagte ihrerseits mit Schreiben vom 27.02.2018 die Benennung eines Mediators durch eine externe Stelle vorschlug (Anlage B2), was wiederum die Klägerin mit E-Mail vom 23.03.2018 (Anlage B4) ohne Angabe von Gründen zurückwies.
Die Klägerin ist der Auffassung, die streitgegenständliche Mediationsklausel stehe der Klage nicht entgegen, weil sie schon keinen dilatorischen Klageverzicht enthalte, da die Parteien danach jederzeit die Möglichkeit haben sollten, die Mediation durch Ablehnung eines Mediators zu beenden.
Darüber hinaus sei der Mediationsversuch auch erfolglos durchgeführt worden, da sich die Parteien nicht auf einen Mediator geeinigt hätten. Eine einschränkende Vertragsauslegung dahingehend, dass über den Vertragswortlaut hinaus versucht werden müsse, in einem Mediationsverfahren eine Einigung zu erzielen, widerspräche dem Freiwilligkeitserfordernis nach § 1 Abs. 1 MediationsG.
Vorliegend sei die Klägerin insbesondere nicht gehalten gewesen, auf den Vorschlag der Beklagten einzugehen, denn nach § 5 Abs. 4 der Verfahrensordnung des Mediations- und Schlichtungszentrums der IHK Heilbronn-Franken wäre der Klägerin von der IHK ein ihr unbekannter Mediator vorgegeben worden, sofern sich die Parteien nicht binnen drei Wochen auf einen Mediator geeinigt hätten. Darauf habe sich die Klägerin nicht einlassen müssen, zumal diese Verfahrensweise der Regelung in § 15 Abs. 3 des Vertrags widersprochen habe, nach welcher die Mediatorenauswahl gerade nicht einer dritten Institution habe überlassen werden sollen.
Außerdem wäre nach § 13 der vorgenannten Verfahrensordnung bei Antragstellung zumindest die Verfahrenspauschale fällig geworden, und eine Kostenrückerstattung bei Fehlschlagen des Mediationsverfahrens hätte im freien Ermessen der IHK gestanden. Allein aus dieser gesamtschuldnerischen Haftung für Verfahrenskosten hätte sich für die Klägerin der faktische Zwang zur Verfahrensdurc...