Entscheidungsstichwort (Thema)
Beginn der nach Ablauf der ursprünglichen Bewährungszeit angeordneten Verlängerung
Leitsatz (amtlich)
›Wird nach Ablauf der ursprünglichen Bewährungszeit deren Verlängerung angeordnet, schließt sich diese nicht rückwirkend an die abgelaufene Bewährungszeit an, sondern wirkt ab dem Zeitpunkt des Verlängerungsbeschlusses.‹
Verfahrensgang
LG Würzburg (Entscheidung vom 11.04.2006; Aktenzeichen StVK 214/01) |
Gründe
I. Das Amtsgericht - Schöffengericht - Deggendorf verurteilte den Beschwerdeführer am 23.11.1999, rechtskräftig seit 21.07.2000, wegen Diebstahls in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren sechs Monaten. Mit Beschluss vom 27.07.2001 setzte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Würzburg die Vollstreckung der Reststrafe zur Bewährung aus, bestimmte die Bewährungszeit auf drei Jahre und erteilte dem Verurteilten verschiedene Weisungen. Dieser Beschluss wurde dem Verurteilten und der Staatsanwaltschaft jeweils am 03.08.2001 zugestellt. Die Rechtsmittelverzichtserklärungen des Verurteilten und der Staatanwaltschaft gingen am 06.08.2001 bzw. am 08.08.2001 beim Landgericht Würzburg ein.
In laufender Bewährungszeit fuhr der Beschwerdeführer am 12.04.2003 zwei Diebe mit seinem PKW in Berlin zum Tatort. Deswegen verurteilte ihn das Amtsgericht Tiergarten am 29.07.2005 rechtkräftig wegen Beihilfe zum Diebstahl in besonders schwerem Fall zur Freiheitsstrafe von sechs Monaten und setzte die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus. Aufgrund dieser Tat verlängerte die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 02.09.2005 die Bewährungszeit im vorliegenden Verfahren um ein Jahr sechs Monate. Dieser Beschluss wurde dem Beschwerdeführer und der Staatsanwaltschaft durch die Geschäftsstelle am 06.09.2005 jeweils formlos mitgeteilt und ging bei der Staatsanwaltschaft Deggendorf am 08.09.2005 ein. Unter Berücksichtigung einer normalen Postlaufzeit geht der Senat davon aus, dass ihm der Beschluss ebenfalls an diesem Tage zugegangen ist.
Mit ebenfalls formlos durch das Gericht am 18.04.2006 mitgeteiltem Beschluss vom 11.04.2006 wies die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Würzburg den Antrag des Verurteilten, die Reststrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Deggendorf vom 23.11.1999 zu erlassen, mit der Begründung zurück, die Bewährungszeit ende erst am 01.03.2007.
Gegen diesen Beschluss legte der Verurteilte mit Schreiben vom 25.04.2006, eingegangen beim Landgericht Würzburg am selben Tag, Beschwerde ein.
II. Das Rechtsmittel ist gemäß § 300 StPO als sofortige Beschwerde zu behandeln und gemäß § 453 Abs. 2 StPO statthaft. Gemäß § 453 Abs. 2 StPO ist der Erlass der Strafe mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Das hat dann auch für die Entscheidung zu gelten, in der das Gericht den Antrag, die Strafe zu erlassen, ablehnt (vgl. Meyer-Goßner StPO 48. Aufl. Rn. 13 zu § 453 m.w.N.). Die Beschwerde wurde fristgerecht erhoben.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel jedoch als unbegründet.
Der Senat schließt sich den durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräfteten Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die Bezug genommen wird, an.
Entscheidend allein ist, wie von der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Würzburg und auch von dem Beschwerdeführer nicht verkannt wird, ob die nach Ablauf der ursprünglichen Bewährungszeit angeordnete Verlängerung der Bewährung sich rückwirkend unmittelbar an die abgelaufene Bewährungszeit anschließt oder aber "ex nunc" wirkt, d. h. vom Zeitpunkt des Verlängerungsbeschlusses an.
Der Senat folgt der hierzu in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Meinung nicht, wonach die Verlängerungszeit sich unmittelbar an die vorangegangene Bewährungszeit anschließt (so aber z.B. OLG Celle in NStZ 1991, 206 m.w.N).
Aus dem Wort "verlängern" in § 56 f Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB wird teilweise geschlossen, dass die nachträglich angeordnete Bewährungszeit sich unmittelbar an die abgelaufene Bewährungszeit anschließt (vgl. Horn NStZ 1986, 356; Schönke/Schröder StGB 27. Auflage, Rn. 10 zu § 56 f). Hierzu hat das Landgericht München I in NStZ 2003, 317 ausgeführt:
"Nur eine sehr engherzige Interpretation des Wortes "verlängern" in § 56 f Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB führt nämlich dazu, dass sich die Verlängerungszeit an die alte Bewährungszeit unmittelbar anschießen müsse. Der Gesichtspunkt des Anschlusses muss dabei gewissermaßen in den Begriff der Verlängerung hineininterpretiert werden, was aber keineswegs notwendig ist, da unter Verlängerung der Bewährungszeit ebenso gut verstanden werden kann, dass sich die Zeit, in der der Verurteilte unter Bewährung steht, insgesamt verlängert...".
Dem schließt sich der Senat an.
Der Wortlaut des Gesetzes ist jedenfalls noch nicht Anlass, die aufgeworfene Frage als vom Gesetzgeber vorgegeben zu betrachten.
Stellt man auf den Sinn des § 56 f Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB ab, dann soll dem Verurteilten, obwohl die Voraussetzungen für den Widerruf der Strafaussetzung nach ...