Entscheidungsstichwort (Thema)

Verlegung in den Maßregelvollzug eines anderen Bundeslandes

 

Leitsatz (amtlich)

Begehrt der Untergebrachte seine Verlegung in eine Maßregelvollzugseinrichtung eines anderen Bundeslandes, bedarf die Verlegung der Zustimmung der dort zuständigen obersten Behörde. Wird diese nicht erteilt, ist der Untergebrachte gehalten, gegen die ablehnende Verlegungsentscheidung in zwei Verfahren vorzugehen.

 

Normenkette

StVollzG § 9 II 2; StVollstrO § 26 III

 

Tatbestand

Der derzeit in einer Maßregelvollzugseinrichtung des Freistaates Bayern gemäß § 63 StGB untergebrachte Ast. begehrt seine Verlegung in eine Maßregelvollzugseinrichtung des Landes Nordrhein-Westfalen, wobei er zur Begründung im Wesentlichen vorträgt, dort sei sein gesamtes familiäres und sonstiges soziales Umfeld. Die StVK hat seinen entsprechenden Antrag mit Beschluss vom 09.12.2009 verworfen, weil die Zustimmung der zuständigen obersten Behörde Nordrhein-Westfalens nicht vorlag. Die hiergegen gerichtete Rechtbeschwerde des Ast. hat das OLG als unzulässig verworfen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Der Senat erachtet die am 04.01.2010 eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde einstimmig für unzulässig (§ 138 III i.V.m. §§ 119 I, III, 117, 116 I StVollzG). Obwohl die Beschwerdeentscheidung gemäß § 119 III StVollzG keiner Begründung bedarf, weist der Senat zur Klarstellung auf Folgendes hin:

Die Rechtsbeschwerde gemäß § 138 III i.V.m. §§ 116 ff. StVollzG ist ihrer Funktion entsprechend revisionsähnlich ausgestaltet. Sie bleibt deshalb generell nur insoweit statthaft, als mit ihr die Prüfung einer konkreten gerichtlichen Entscheidung im Sinne der §§ 109, 115 StVollzG auf Rechtsfehler angestrebt wird. Die Nachprüfung einer angefochtenen Entscheidung ist nach den besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 I StVollzG (nur) zulässig, wenn sie entweder zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist. Keine dieser Voraussetzungen ist hier erfüllt:

1.

Eine Zulassung zur Fortbildung des Rechts scheidet aus, weil der vorliegende konkrete Einzelfall keinerlei Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen.

2.

Auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert vorliegend nicht die Zulassung der Rechtsbeschwerde. Denn insoweit kommt eine Zulassung nur in Betracht, wenn vermieden werden soll, dass schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen, wobei maßgeblich ist, welche Bedeutung die angefochtene Entscheidung für die Rechtsprechung im Ganzen hat. Einzelfallgerechtigkeit muss insoweit außer Betracht bleiben. Die Zulassung einer Rechtsbeschwerde nach § 116 I StVollzG zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wäre selbst dann nicht geboten, wenn es sich in einem Einzelfall um eine Fehlentscheidung handelte (vgl. Calliess/Müller-Dietz StVollzG 11. Aufl., § 116 Rn. 2; Laubenthal, Strafvollzug, 5. Aufl. ≪2008≫, S. 486 f.).

3.

Der angefochtene Beschluss der StVK vom 09.12.2009 stellt nach dem derzeitigen Aktenstand eine Einzelentscheidung dar, deren Korrektur eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht rechtfertigt würde. Darüber hinaus beinhaltet der Beschluss keine Fehlentscheidung. Vielmehr hat sich die StVK ausweislich ihrer Beschlussbegründung an der obergerichtlichen Rspr. - insbesondere auch derjenigen des Bundesverfassungsgerichts - orientiert, sowie auf den konkreten Einzelfall bezogen und in nachvollziehbarer Weise die Gründe für die Zurückweisung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung dargestellt. Soweit der Verfahrensbevollmächtigte des Ast. in seinem Beschwerdeschriftsatz anführt, dass dem Ast. nicht zugemutet werden könne, erst die zuständigen Stellen in Nordrhein-Westfalen zu verklagen, die Zustimmung zu seiner Verlegung zu erteilen und sich insoweit auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22.03.2007 - 2 BvR 1983/05 (= StV 2008, 88 f. = BVerfGK 10, 509 ff.) bezieht, sei er darauf hingewiesen, dass dieser verfassungsgerichtlichen Entscheidung die Ablehnung einer Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt im Sinne von § 9 II 2 StVollzG innerhalb ein- und desselben Bundeslandes zugrunde liegt. Vorliegend geht es jedoch um eine Verlegung in eine Maßregelvollzugseinrichtung eines anderen Bundeslandes. Gemäß § 53 II Nr. 1 i.V.m. § 26 III StVollstrO bedarf eine Verlegung der Zustimmung des zuständigen Ministeriums desjenigen Bundeslandes, in dem der Verurteilte in einer dortigen Maßregelvollzugseinrichtung aufgenommen werden will. Wenn die oberste für den Maßregelvollzug zuständige Behörde desjenigen Bundeslandes, in das der Untergebrachte verlegt zu werden begehrt, die nach § 26 III StVollstrO erforderliche Zustimmung nicht erteilt, ist hiergegen der Rechtsweg gemäß § 138 III i.V.m. §§ 109 ff. StVollzG nicht eröffnet. Die Zustimmungsverweigerung des nordrhein-westfälischen Landesministeriums stellt kein Verwaltungsinternum dar mit der Folge, dass ein auf...

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