Normenkette

ZPO § 103 ff.; BRAGO §§ 13, 31-32, 40

 

Verfahrensgang

LG Bamberg (Beschluss vom 23.06.2003; Aktenzeichen 1 HKO 10/03)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Verfügungsklägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Bamberg vom 23.6.2003 abgeändert.

Die von der Verfügungsklägerin an die Verfügungsbeklagte nach dem Endurteil des LG Bamberg vom 14.3.2003 zu erstattenden Kosten werden auf 1.703 Euro mit Zinsen zu 5 % über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 10.4.2003 festgesetzt.

II. Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Wert des Streitgegenstandes im Beschwerdeverfahren wird auf 569,67 Euro festgesetzt.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

1. Die Verfügungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) hat die Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagte) wegen einer Prospektwerbung abgemahnt, die sie als Verstoß gegen die §§ 1, 7 Abs. 1 UWG angesehen hat. Die Beklagte hat sich nicht unterworfen, sondern einen in … ansässigen Rechtsanwalt beauftragt, dem bevorstehenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch eine Schutzschrift entgegenzutreten. Der Anwalt war ihr durch ihren Einkaufsverband empfohlen worden. Er hat beim LG Bamberg (allgemeiner Gerichtsstand der Beklagten) eine Schutzschrift mit dem Antrag eingereicht, die einstweilige Verfügung nicht zu erlassen, jedenfalls nur aufgrund mündlicher Verhandlung zu entscheiden. Die Klägerin hat beim LG Bamberg beantragt, der Beklagten die str. Werbung durch einstweilige Verfügung zu untersagen. Das LG hat dem Antrag ohne mündliche Verhandlung stattgegeben. Die Beklagte hat Widerspruch erhoben. Nach mündlicher Verhandlung hat das LG die einstweilige Verfügung aufgehoben, den Antrag der Klägerin zurückgewiesen und ihr die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Die Beklagte hat beantragt, verauslagte Gerichtskosten und ihre außergerichtlichen Kosten gegen die Klägerin festzusetzen, u.a. neben den Gebühren gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1, 2 BRAGO ihres Prozessbevollmächtigten weitere 706 Euro für die Schutzschrift (weitere 10/10-Prozessgebühr gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO aus einem Streitwert von 25.000 Euro + 20 Euro Pauschale gem. § 26 BRAGO) und 206,67 Euro Reisekosten einschl. Abwesenheitsgeld ihres Prozessbevollmächtigten zur mündlichen Verhandlung vor dem LG. Die Rechtspflegerin hat u.a. für die Schutzschrift 343 Euro (5/10-Gebühr gem. §§ 40, 31 Abs. 1 Nr. 1, 32 BRAGO), 20 Euro Pauschale gem. § 26 BRAGO und 206,67 Euro Reisekosten festgesetzt. Der Beschluss ist der Klägerin am 24.6.2003 zugestellt worden. Sie hat am 3.7.2003 sofortige Beschwerde eingelegt. Sie hält die oben angeführten Kosten nicht für erstattungsfähig.

2. Die Beschwerde ist zulässig (§§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO) und begründet. Die Klägerin hat der Beklagten 1.703 Euro mit Zinsen zu erstatten, nämlich unstr. 311 Euro Gerichtskosten und 1.392 Euro außergerichtliche Kosten, nicht aber die str. Beträge für die Schutzschrift und die Reisekosten.

a) Die Rechtspflegerin hat der Beklagten nicht die geforderte 10/10-Gebühr gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO für die Schutzschrift, sondern lediglich eine 5/10-Gebühr zugesprochen. Die Beklagte greift das nicht an. Gemäß § 32 Abs. 1 BRAGO ermäßigt sich die Prozessgebühr, die dem Rechtsanwalt nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO zusteht, auf die Hälfte, wenn sein Auftrag endet, bevor er einen Schriftsatz mit Sachanträgen eingereicht oder eine andere der dort genannten Handlungen vorgenommen hat. Das gilt auch für das Verfahren der einstweiligen Verfügung, das eine besondere Angelegenheit i.S.d. § 13 Abs. 1 BRAGO darstellt (§ 40 Abs. 1 BRAGO). Eine Schutzschrift ist ein Schriftsatz ohne Sachanträge i.S.d. genannten Vorschrift, auch wenn darin beantragt wird, dem (erwarteten) Verfügungsantrag nicht stattzugeben, jedenfalls nicht ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden (BGH, Beschl. v. 13.2.2003 – I ZB 23/02). Dennoch ist die in § 32 BRAGO angesprochene Gebühr nicht angefallen. Es fehlt nämlich an der weiteren Voraussetzung der Vorschrift. Der Auftrag des Beklagtenvertreters hat nicht vorzeitig geendet. Nach Erlass der einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung hat die Beklagte durch ihren Prozessbevollmächtigten Widerspruch erhoben, es kam zur mündlichen Verhandlung und zu dem Urteil, das die Beschlussverfügung aufgehoben und den Antrag abgewiesen hat. Damit sind für den Prozessbevollmächtigten der Beklagten die Gebühren des § 31 Abs. 1 Nr. 1, 2 BRAGO in voller Höhe angefallen. Sie gelten seine gesamte Tätigkeit vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit ab (§ 13 Abs. 1, 2 BRAGO). Er war unstr. von Anfang an mit der Vertretung der Beklagten im gesamten Verfahren der einstweiligen Verfügung beauftragt. Die darüber hinaus festgesetzten 363 Euro sind demnach nicht zu erstatten.

b) Gleiches gilt von den Reisekosten (206,67 Euro), weil solche Kosten eines auswärtigen Anwalts nur erstattungsfähig sind, wenn es notwendig war, ihn zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung zuzuzieh...

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