Verfahrensgang
AG Fürstenfeldbruck (Entscheidung vom 27.07.2006) |
Tenor
I.
Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Fürstenfeldbruck vom 27. Juli 2006 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen sowie in der Kostenentscheidung aufgehoben.
II.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Entscheidung an das Amtsgericht Fürstenfeldbruck zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 41 km/h zu einer Geldbuße von 150 Euro verurteilt; von der Verhängung des im Bußgeldbescheid neben einer Geldbuße von 100 Euro vorgesehenen Fahrverbots von einem Monat hat es demgegenüber abgesehen.
1.
Der Betroffene hat in der Hauptverhandlung seinen Einspruch gemäß § 67 Abs. 2 OWiG wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Aufgrund der damit in Rechtskraft erwachsenen tatsächlichen Feststellungen des Bußgeldbescheides zum Schuldspruch befuhr der Betroffene mit einem Pkw die Bundesautobahn A 96 in Richtung Lindau, wobei er bei Kilometer 159,970 die dort durch Zeichen 274 wegen Lärmschutzes angeordnete zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h infolge Fahrlässigkeit um (mindestens) 41 km/h überschritt.
2.
Mit ihrer Rechtsbeschwerde rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Sie beanstandet, dass das Amtsgericht kein Fahrverbot verhängt hat.
II.
Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 OWiG statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft erweist sich als erfolgreich.
1.
Gegen den Betroffenen kam gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BKatV i.V.m. Nr. 11.3.7 der Tabelle 1c zum BKat die Anordnung eines Fahrverbots wegen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers in der Regel in Betracht. Dies hat das Amtsgericht auch nicht verkannt, jedoch von der Anordnung eines Fahrverbots mit folgender Begründung abgesehen:
"Der Bußgeldkatalog (Nr. 11.3.7) sieht für diesen Fall eine Geldbuße von 100 Euro und ein Fahrverbot von einem Monat vor. Das Gericht hat die Geldbuße auf 150 Euro wegen einer Eintragung im Verkehrszentralregister erhöht. Ein Fahrverbot wurde nicht verhängt, da eine grobe Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers nicht vorliegt.
Der Betroffene hat vorgebracht, dass er die Herabsetzung der Geschwindigkeit auf 80 km/h übersehen hat. Dies ist für das Gericht glaubhaft, da an der konkreten Messstelle die Herabsetzung der Geschwindigkeit häufig von Kraftfahrern übersehen wird, die bisher nicht durch Geschwindigkeitsüberschreitungen aufgefallen sind. Dieses Übersehen ist auch nicht grob fahrlässig. Dies liegt an folgendem:
Der Betroffene kam aus Richtung München. Ab dem Ortsende von München ist die Geschwindigkeit durch Verkehrszeichen ständig auf 120 km/h beschränkt. Die Verkehrszeichen mit der Beschilderung 120 werden mehrfach wiederholt. Der Betroffene fuhr dann an der Ausfahrt Germering vorbei. Dort gilt weiterhin eine Geschwindigkeit von 120 km/h. Es erfolgt dann plötzlich eine Herabsetzung auf 100 km/h und dann auf 80 km/h mit dem Zusatz 'Lärmschutz'. Der Grund für die Herabsetzung der Geschwindigkeit ist nicht ohne weiteres erkennbar. Der Charakter der Autobahn ändert sich nicht. Die Stadt Germering, deretwegen die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h angeordnet ist, ist nicht sichtbar. An den Seiten befinden sich Wälle, die mit Büschen bewachsen sind. Diese Wälle beginnen aber schon weit vor der Herabsetzung der Geschwindigkeit. Auch das Fahrverhalten anderer Kraftfahrzeuge lässt nicht ohne weiteres auf eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h schließen. Die Polizei schätzt die Durchschnittsgeschwindigkeit an der konkreten Messstelle auf knapp 100 km/h. Die Polizei beanstandet Fahrzeuge regelmäßig erst bei mehr als 99 km/h, teilweise sogar bei mehr als 105 km/h.
Der 'Geschwindigkeitstrichter' ist nicht vergleichbar mit einem Geschwindigkeitstrichter ohne vorherige Geschwindigkeitsbeschränkungen. Denn wenn der Grund der Geschwindigkeitsbeschränkung nicht ohne weiteres ersichtlich ist, fordert das Erkennen einer Herabsetzung der Geschwindigkeit auf 100 km/h besondere Aufmerksamkeit, wenn vorher Schilder mit 120 km/h aufgestellt sind.
Die Richtigkeit dieser Annahme ergibt sich für das Gericht auch aus den Erfahrungen auf der Gegenseite an der gleichen Autobahn. Aus Richtung Lindau besteht auf Höhe Germering vorher keine Geschwindigkeitsbeschränkung. Die Herabsetzung der Geschwindigkeit folgt dort durch einen Geschwindigkeitstrichter mit Zeichen 120 km/h, 100 km/h, 80 km/h. Die Polizei schätzt die Zahl der Beanstandungen auf der Gegenseite nur als etwa halb so hoch ein."
2.
Diese Ausführungen halten - wie die Staatsanwaltschaft bei dem Rechtsbeschwerdegericht zutreffend feststellt - rechtlicher Überprüfung ersichtlich nicht stand.
a)
Zwar folgt aus § 4 Abs. 1 Satz 1 BKatV nicht, dass ausnahmslos ein Fahrverbot...