Verfahrensgang

AG Hersbruck (Entscheidung vom 29.09.2008; Aktenzeichen 5 OWi 705 Js 78360/07)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Hersbruck vom 29. September 2008 im Rechtsfolgenausspruch sowie in der Kostenentscheidung aufgehoben.

  • II.

    Im übrigen wird die weitergehende Rechtsbeschwerde des Betroffenen als unbegründet verworfen.

  • III.

    Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Hersbruck zurückverwiesen.

  • IV.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Hersbruck verurteilte den Betroffenen mit Urteil vom 29.09.2008 wegen einer am 20.08.2007 fahrlässig begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit des Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 57 km/h zu einer Geldbuße von 150 Euro; daneben verhängte es gegen den Betroffenen ein Fahrverbot von einem Monat wegen Verwirklichung eines Regelfalls.

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wird. Insbesondere wird mit der Verfahrensrüge geltend gemacht, dass zu Unrecht ein Beweisantrag abgelehnt wurde. Mit der Sachrüge wird geltend gemacht, dass das Amtsgericht von der Verhängung eines Fahrverbotes wegen eines Härtefalls hätte absehen müssen.

II.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde, hat auf die Sachrüge des Betroffenen insoweit Erfolg, als der Rechtsfolgenausspruch des Urteils keinen Bestand hat; im übrigen ist die Rechtsbeschwerde aber unbegründet.

1.

Soweit sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen den Schuldspruch richtet, war sie als unbegründet zu verwerfen.

Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Rechtsbeschwerde hat - abgesehen vom Rechtsfolgenausspruch - keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG).

Zur Begründung wird auf die - auch unter Berücksichtigung der Gegenerklärung der Verteidigung vom 14.01.2009 - im Ergebnis zutreffende Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg in ihrer Antragsschrift vom 30.12.2008 Bezug genommen.

2.

Das angefochtene Urteil hält im Bezug auf die Verhängung eines Fahrverbots einer sachlich-rechtlichen Überprüfung nicht stand, da die Urteilsgründe insoweit rechtsfehlerhaft und lückenhaft sind (§ 267 Abs. 1 Satz 1 StPO i.V.m. § 71 OWiG). Die Feststellungen des Amtsgericht zum Vorliegen eines Ausnahmefalls von einer außergewöhnlichen Härte sind rechtsfehlerhaft.

a)

Zur Frage der Verhängung eines Fahrverbotes führt das Amtsgericht (UA Seite 5 und 6) im einzelnen aus:

"Allerdings hat der Betroffene behauptet, dass er im Falle eines einmonatigen Fahrverbotes gekündigt würde, was als wahr unterstellt worden ist. Ob eine derartige Kündigung angesichts der Möglichkeit, das Fahrverbot innerhalb von 4 Monaten zu beginnen, erfolgreich ausgesprochen werden könnte, kann aber dahin stehen, weil auch dies angesichts des Maßes und der Umstände der Geschwindigkeitsüberschreitung nicht zu einem Absehen von einem Regelfahrverbot von einem Monat führen kann, dies auch nicht angesichts des Fehlens von Vorahndungen. Die Verkehrszeichen, welche hier wiederholt und überdeutlich die Geschwindigkeitsbeschränkungen anordnen, können auch von einem nur ganz mäßig aufmerksamen Autofahrer überhaupt nicht übersehen werden, zumal die Streckenführung mit Gefälle und Kurven schon so eine Geschwindigkeitsbeschränkung erwarten lässt. Dies verbunden mit der Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung rückt das Verschulden des Betroffenen beim Verstoß so sehr an die obere Grenze der Fahrlässigkeit zum Vorsatz hin, dass eine Ermäßigung der Regelgeldbuße ebenso wenig in Betracht kommt, wie ein Absehen vom Fahrverbot."

b)

Soweit der Tatrichter nach - im Ergebnis offen gebliebener - Prüfung eines Härtefalls allein im Blick auf die erhebliche Geschwindigkeit "an der oberen Grenze der Fahrlässigkeit", die wiederholten Geschwindigkeitsbeschränkungen und die Streckführung mit Gefälle und Kurven ein Fahrverbot gegen den bisher verkehrsrechtlich nicht in Erscheinung (UA Seite 2) getretenen Betroffenen für geboten erachtet, erweist sich dies als rechtfehlerhaft.

In der Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass der Gesichtspunkt einer nachhaltigen Existenzgefährdung zurücktreten muss, wenn ein Betroffener innerhalb einer überschaubaren Zeitspanne wiederholt wegen erheblicher Verstöße gegen straßenverkehrsrechtliche Bestimmungen in Erscheinung getreten ist. Selbst ein tatsächlich drohender Arbeitsplatzverlust führt in diesem Fall nicht dazu, in jedem Fall von der Verhängung eines Fahrverbots abzusehen oder Ausnahmen für bestimmte Fahrzeugarten zuzulassen. Dies gilt aber nur, wenn sich ein Betroffener gegenüber verkehrsrechtlichen Ge- und Verboten in einschlägiger Weise vollkommen uneinsichtig zeigt. Gerade in diesem Fall muss ein Fahrverbot auch bei erheblichen Härten seine Berechtigung behalten. Andernfalls könnte ein Betro...

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