Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergewaltigung. Beschwerde der Nebenklägervertreterin gegen die Versagung einer Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG
Verfahrensgang
LG Würzburg (Beschluss vom 09.12.2005; Aktenzeichen 1 KLs 832 Js 2014/04) |
Tenor
Die Beschwerde der Nebenklägervertreterin gegen den Beschluss des Landgerichts Würzburg vom 09.12.2005 wird als unbegründet verworfen.
Gründe
Die Beschwerdeführerin wurde der Nebenklägerin mit Beschluss vom 20.07.2004 als Beistand gemäß § 397a Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 StPO bestellt. Mit Schreiben vom 13.01.2005 legte die Nebenklägervertreterin Revision gegen das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 13.01.2005 ein. Sie nahm die Revision am 29.04.2005 zurück. Eine Revisionsbegründung war bis zu diesem Zeitpunkt nicht erfolgt.
Mit Schriftsatz vom 19.05.2005 machte die Beschwerdeführerin eine Verfahrensgebühr für das Revisionsverfahren nach Nr. 4130 VV RVG und eine Zusatzgebühr für das Revisionsverfahren nach Nrn. 4141, 4130 VV RVG, jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer geltend.
Der Urkundsbeamte des Landgerichts Würzburg setzte die Vergütung gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 RVG auf 529,08 EUR fest, versagte jedoch die beantragte Gebühr nach Nrn. 4141, 4130 VV RVG, da eine Mitwirkung zur Vermeidung der Hauptverhandlung nicht ersichtlich sei.
Der gegen diesen Beschluss gerichteten Erinnerung vom 21.12.2005 half der Urkundsbeamte nicht ab. Das Landgericht Würzburg wies die Erinnerung mit Beschluss vom 03.02.2006 zurück, insbesondere mit der Begründung, die Rücknahme der Revision habe nicht dazu geführt, dass eine Hauptverhandlung vor dem Revisionsgericht entbehrlich geworden sei, weil im Revisionsverfahren eine Hauptverhandlung nicht stattfinde, wenn die Revision nicht gemäß § 344 Abs. 1 StPO begründet werde.
Im Übrigen könne die Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG im Falle der Rücknahme der Revision nur geltend gemacht werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für die Durchführung einer Hauptverhandlung vorhanden seien.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Nebenklägervertreterin mit ihrer Beschwerde vom 17.02.2006, im Wesentlichen mit der Begründung, die Gebühr Nr. 4141 VV RVG sei vom Gesetzgeber als reine Rücknahmegebühr ausgestaltet worden. Aus der Gesetzesbegründung folge, dass alleine die Rücknahme der Revision die Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG auslöse. An weitere Voraussetzungen sei die Entstehung der Gebühr nach dem Gesetzestext nicht gebunden. Die Neuregelung bezwecke die Entlastung der Revisionsgerichte. Die Gebühr entstehe unabhängig davon, ob die Revision bereits begründet worden sei oder nicht. Im Übrigen könne die oft schwierige Frage der Erfolgsaussichten einer Revision und somit die Beurteilung, ob diese (ohne Rücknahme) zur Durchführung einer Hauptverhandlung geführt hätte, nicht ins Gebührenfestsetzungsverfahren verlagert werden. Dies widerspreche dem Grundsatz der einfachen Ausgestaltung des Kostenfestsetzungsverfahrens.
Die Beschwerde der Nebenklägervertreterin ist nach §§ 33 Abs. 3, 56 Abs. 2 RVG zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
In der Sache bleibt das Rechtsmittel jedoch ohne Erfolg.
Eine Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG ist vorliegend nicht entstanden. Denn der genannte Gebührentatbestand setzt voraus, dass durch die anwaltliche Mitwirkung die Hauptverhandlung entbehrlich wird. Daraus folgt aber, dass mit der Zusatzgebühr die anwaltlichen Tätigkeiten abzugelten sind, die zu einer Vermeidung der Hauptverhandlung führen. Die Neuregelung übernimmt den Grundgedanken der Regelung des § 84 Abs. 2 BRAGO und erweitert ihn auf Verfahrenserledigungen, die durch Revisionsrücknahmen eintreten. Die Gebühr soll intensive und zeitaufwändige Tätigkeiten des Verteidigers, die zu einer Vermeidung der Hauptverhandlung und damit beim Verteidiger zum Verlust der Hauptverhandlungsgebühr führen, gebührenrechtlich honorieren (KG Berlin, JurBüro 2005, 533 m.w.N.). Der Gesetzgeber verspricht sich davon einen Entlastungseffekt für die Revisionsgerichte.
Gemäß § 346 Abs. 1 StPO ist die Revision durch das Tatgericht im Beschlusswege zu verwerfen, wenn die Revisionsanträge nicht rechtzeitig (§ 345 Abs. 1 StPO) angebracht worden sind. Da vorliegend eine Revisionsbegründung nicht erfolgt war, kam schon aus diesem Grund die Durchführung einer Hauptverhandlung nicht in Betracht. Die Rücknahme des Rechtsmittels trug demnach nicht dazu bei, dass durch die anwaltliche Mitwirkung die Hauptverhandlung entbehrlich wurde.
Es kann hier dahinstehen, ob nach Eingang einer Revisionsbegründung zu prüfen ist, ob diese voraussichtlich zur Anberaumung einer Hauptverhandlung geführt hätte. Jedenfalls kann aus den genannten Gründen vor Eingang einer Revisionsbegründung die Revisionsrücknahme nicht zur Vermeidung der Hauptverhandlung beitragen. Insoweit handelt es sich um einen auch im Gebührenfestsetzungsverfahren unproblematisch feststellbaren Sachverhalt.
Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 RVG).
Fundstellen
Haufe-Index 1532149 |
NJOZ 2006, 2519 |
RVG-Letter 2006, 52 |