Leitsatz (amtlich)
1. Das Erlöschen eines Gebührenanspruchs aufgrund einer in einem Vergleich mit Abgeltungsklausel vereinbarten Kombination von Erlass und Erfüllung stellt keine Erfüllung i.S.d. § 15a Abs. 2 Alt. 1 RVG dar, wenn der im Vergleich enthaltene Erlassvertrag nicht deutlich macht, in welchem Umfang die vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr davon erfasst wird.
2. Eine als Nebenforderung geltend gemachte vorgerichtliche Geschäftsgebühr wird durch einen Prozessvergleich mit Abgeltungsklausel jedenfalls nur dann i.S.d. § 15a Abs. 2 Alt. 2 RVG tituliert, wenn und soweit der Vergleichsinhalt ausdrücklich einen den vorgerichtlichen Anwaltskosten zugeordneten Einzelbetrag ausweist.
Normenkette
RVG § 15a Abs. 2
Verfahrensgang
LG Würzburg (Beschluss vom 09.08.2013; Aktenzeichen 92 O 1084/11) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Würzburg vom 9.8.2013 - 92 O 1084/11 Ver - in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 6.9.2013 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 325,48 EUR festgesetzt.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Im dem Kostenfestsetzungsverfahren zugrunde liegenden Rechtsstreit wurde mit Beschluss des LG Würzburg vom 19.6.2013 festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Vergleich mit folgendem Inhalt zustande gekommen ist:
"1. Zur Abgeltung sämtlicher Klageforderungen zahlt die Beklagte an den Kläger einen Betrag i.H.v. 8.365 EUR. Damit sind sämtliche Klageforderungen (auch die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten) abgegolten.
2. Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs tragen der Kläger zu 20 % und die Beklagte zu 80 %."
Mit Kostenausgleichsantrag vom 26.6.2013 beantragte der Kläger, wie auch die Beklagte mit Antrag vom 27.6.2013, die Festsetzung der zu erstattenden Kosten u.a. unter Ansatz einer 1,3-Verfahrensgebühr i.H.v. 683,80 EUR.
Nachdem die Parteien auf Anfrage der Rechtspflegerin am LG Würzburg übereinstimmend klargestellt hatten, dass mit den im Vergleich bezeichneten "außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten" die bereits mit der Klage als Nebenkosten geltend gemachten vorprozessualen Rechtsanwaltskosten gemeint waren, setzte die Rechtspflegerin mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 9.8.2013 die zu erstattenden Kosten fest, wobei sie auf Klägerseite eine 0,65-Geschäftsgebühr in Abzug brachte.
Der hiergegen in zulässiger Weise erhobenen sofortigen Beschwerde des Klägers vom 20.8.2013 half die Rechtspflegerin mit Beschluss vom 6.9.2013 in der Weise ab, dass sie mittels eines (ergänzenden) 2. Kostenfestsetzungsbeschlusses die dem Kläger zu erstattenden Kosten auf weitere 325,48 EUR festsetzte. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass abweichend von der ursprünglichen Entscheidung eine Anrechnung der Geschäftsgebühr mangels exakter Bezifferung im Vergleich nicht zu erfolgen hatte.
Gegen diesen ihrem Prozessbevollmächtigten am 12.9.2013 zugestellten Beschluss hat die Beklagte mit Anwaltsschriftsatz vom 18.9.2013, beim LG eingegangen am 19.9.2013, sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie unter Hinweis auf § 15a Abs. 2 RVG eine Kostenfestsetzung unter Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr begehrt.
Die Rechtspflegerin hat dieser Beschwerde mit Beschluss vom 23.9.2013 nicht abgeholfen und die Akten dem OLG Bamberg zur Entscheidung vorgelegt
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kostenfestsetzungsanträge der Parteien, die Beschlüsse vom 9.8.2013 und 6.9.2013 sowie den Beschwerdeschriftsatz der Beklagten vom 18.9.2013 Bezug genommen.
II. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Aschaffenburg vom 9.8.2013 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 6.9.2013 ist gemäß § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 ff. ZPO zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt.
In der Sache erweist sich die sofortige Beschwerde allerdings als unbegründet. Der angefochtene Beschluss ist nach der Abhilfeentscheidung der Rechtspflegerin sowohl rechtmäßig ergangen als auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Die Rechtspflegerin hat bei der Festsetzung der dem Kläger zu erstattenden Kosten zu Recht davon abgesehen, eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr vorzunehmen, da die Voraussetzungen des § 15a Abs. 2 RVG nicht vorliegen.
Nach § 15a Abs. 2 RVG kann ein Dritter sich auf die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat oder wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden. Keine dieser Alternativen ist im vorliegenden Fall gegeben.
1. Der zwischen den Parteien zustande gekommene Vergleich lässt sich ebenso wenig als Erfüllung i.S.v. § 15a Abs. 2 Alt. 1 RVG qualifizieren wie eine auf Grundlage des Vergleichs geleistete Zahlung. Der Formulierung in Ziff. 1 des...