Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsbeschwerde. Zulassungsantrag. Rechtsbeschwerdebegründung. Protokollaufnahme. Geschäftsstelle. Legitimation. Ausweis. Wiedereinsetzung. Zulassung der Rechtsbeschwerde. Antrag. Begründung. Protokoll. Geschäftstelle. Urkundsbeamter. Rechtspfleger. Identitätsfeststellung
Leitsatz (amtlich)
1. Mit der Verwerfung der (Zulassungs-)Rechtsbeschwerde bzw. der Revision durch das Tatgericht nach § 346 I StPO vor Ablauf der Monatsfrist des § 345 I StPO hat es sein Bewenden, wenn die verfrühte Verwerfung im Ergebnis zu Recht erfolgt ist (u.a. Anschluss an BGH, Beschl. v. 13.01.1994 - 4 StR 730/93 = NStZ 1995, 20 [bei Kusch]; OLG Frankfurt, Beschl. v. 25.02.2003 - 3 Ss 386/02 = NStZ-RR 2003, 204).
2. Anlässlich der persönlichen Einlegung oder Begründung der Rechtsbeschwerde oder Revision zu Protokoll der Geschäftsstelle kann von dem zur Aufnahme nach § 24 I Nr. 1 RPflG zuständigen Rechtspfleger zur Überprüfung der Legitimation des Erklärenden die Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises verlangt werden. Wird sie grundlos verweigert, ist der Urkundsbeamte weder zur Protokollierung verpflichtet, noch kommt deshalb eine Wiedereinsetzung in Betracht.
Normenkette
OWiG § 80 Abs. 3; StPO § 345 Abs. 2, § 346 Abs. 1; RPflG § 24 Abs. 1 Nr. 1a; OWiG § 80 Abs. 4 S. 1
Gründe
Das AG verurteilte den Betr. am 10.11.2016 wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit zu einer Geldbuße von 25 €. Dem Betr., der zu Beginn der Hauptverhandlung erschienen war, sich aber während der Verlesung des Bußgeldbescheides aus dem Sitzungssaal entfernte, wurde das in seiner Abwesenheit ergangene Urteil nebst Rechtsmittelbelehrung am 06.12.2016 zugestellt. Am 12.12.2016 erschien vor der zuständigen Rechtspflegerin des AG eine dieser unbekannte männliche Person und begehrte die Aufnahme einer Rechtsbeschwerde nebst Begründung zu Protokoll der Geschäftsstelle. Der Aufforderung der Rechtspflegerin, sich mittels eines Personalausweises oder Reisepasses zur Feststellung der Identität auszuweisen, kam die Person nicht nach, woraufhin die Rechtspflegerin von der Aufnahme des Protokolls absah. Die Person übergab daraufhin eine undatierte schriftliche Erklärung, aus der sich als Verfasser der Betroffene ergab und in der dieser sich gegen das im Verfahren ergangene Urteil wandte. Im Wesentlichen wurde geltend gemacht, es handele sich um ein willkürliches Scheinurteil, da den mit der Sache befassten Bediensteten die Befugnis fehle, im konkreten Fall tätig zu werden und das Urteil auf der Basis ungültiger Gesetze ergangen sei. Die am Richterpult anwesende Person habe es abgelehnt, sich zu legitimieren. Die Hauptverhandlung sei nie eröffnet und essentielle Fragen rechtswidrig unterbunden worden, so dass rechtliches Gehör verletzt worden sei. Am 13.01.2017 verwarf das AG den Antrag des Betr. auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unzulässig, da das Rechtsmittel nicht innerhalb der Monatsfrist formgerecht begründet worden sei. Die Verwerfungsentscheidung wurde dem Betr. am 27.01.2017 zugestellt. Mit beim AG am 03.02.2017 eingegangenem Schreiben beantragte der Betr. die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Sein Antrag blieb ohne Erfolg.
Der zulässige und insbesondere auch fristgerecht eingelegte Antrag des Betr. auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 346 II 1 StPO i.V.m. § 80 IV 2 OWiG) hat in der Sache keinen Erfolg. Die auf § 346 I StPO i.V.m. § 80 IV 2 OWiG gestützte Verwerfungsentscheidung des AG vom 13.01.2017 entspricht im Ergebnis der Sach- und Rechtslage.
1. Nach am 06.12.2016 erfolgter Zustellung des in Abwesenheit des Betr. ergangenen Urteils des AG vom 10.11.2016 musste der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde binnen 1 Woche nach Zustellung des Urteils bei dem AG eingelegt und anschließend innerhalb eines Monats - gerechnet ab dem Ende der Wochenfrist - begründet werden. Mit dem am 12.12.2016 im AG übergebenen Schreiben des Betr. wurde der Antrag des Betr. auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des AG vom 10.11.2016 zwar fristgerecht eingereicht, hätte aber (da die Revisionsbegründungsfrist am 14.12.2016 zu laufen begonnen hat und der 14.01.2017 ein Samstag war) bis zum Ablauf des 16.01.2017 entweder zu Protokoll der Geschäftsstelle oder mittels einer vom Verteidiger oder von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift (§ 80 III 3 OWiG i.V.m. § 345 II StPO) begründet werden müssen, was vorliegend - auch in der Folgezeit - nicht der Fall war.
2. Zwar hätte die Verwerfung des Antrags des Betr. auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des AG vom 10.11.2016 erst unmittelbar nach Ablauf der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist, frühestens also am 17.01.2017 erfolgen dürfen. Allerdings ist die vorliegend verfrüht erfolgte Verwerfung jedenfalls deshalb unschädlich, weil die Entscheidung im Ergebnis zu Recht ergangen ist (BGH, Beschl. v. 13.01.1994 - 4 StR 730/93 = NStZ 1995, 20 [bei Kusch]; OLG Frankfurt, Beschl. v. 25.02.2003 - 3 Ss 386/02 = NStZ-RR 2003, 204; KK/Gericke StPO 7. Aufl. § 346 Rn. 10).
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