Entscheidungsstichwort (Thema)

Mindestfeststellungen bei Sanktionserhöhung wegen Wiederholungstat i.S.v. Nr. 242.1 BKat

 

Leitsatz (amtlich)

1. Begründet das Tatgericht seine verschärfte Sanktionsentscheidung für eine fahrlässige Ordnungswidrigkeit nach den §§ 24a I i.V.m. III StVG mit der Annahme eines Wiederholungsfalls i.S.d. §§ 1 I, II, 3 I, 4 III BKatV i.V.m. Nr. 242.1 BKat, kann im Rahmen der nach den §§ 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 267 Abs. 3 Satz1 StPO gebotenen Zumessungserwägungen auf entsprechende Feststellungen zur Vorahndungssituation des Betroffenen nicht verzichtet werden.

2. Um dem Rechtsbeschwerdegericht die Nachprüfung der Rechtsfolgenentscheidung zu ermöglichen, muss aus den Urteilsgründen deshalb entweder hervorgehen, dass die (rechtskräftige) Vorahndung i.S.v. Nr. 242.1 BKat im (neuen) Tatzeitpunkt im Fahreignungsregister (FAER) bereits eingetragen war oder aber dem Betroffenen vor der neuerlichen Zuwiderhandlung auf andere Weise das Unrecht der (einschlägigen) früheren - wenn auch nur fahrlässig begangenen - Tat, etwa durch positive Kenntnis von der Verfolgung aufgrund eines ihm zugestellten Bußgeldbescheids, vor Augen geführt worden ist.

 

Normenkette

StVG § 24a Abs. 1 S. 2, § 25 Abs. 1 S. 2; OWiG § 71 Abs. 1; StPO § 267 Abs. 3 S. 1; BKatV § 4 Abs. 3, § 3 Abs. 1; BKat Nr. 242.1; BKatV § 1 Abs. 1

 

Tatbestand

Das AG verurteilte die Betr. am 18.11.2015 wegen fahrlässigen Führens eines Kfz unter Alkoholeinfluss gem. § 24a I, III StVG (Tatzeit: 03.12.2014) zu einer Geldbuße von 1000 EUR und verhängte gegen sie ein Fahrverbot von 3 Monaten. In seinen Urteilsgründen verweist das AG auf eine dem Urteil angeheftete Auskunft aus dem Fahreignungsregister (FAER), aus der sich ergibt, dass die Betr. rechtskräftig seit 01.04.2015 wegen eines am 13.03.2014 erfolgten Führens eines Kfz unter der Wirkung eines berauschenden Mittels mit einer Geldbuße von 500 EUR sowie einem einmonatigen Fahrverbot vorgeahndet ist. Zu den Rechtsfolgen hat das AG im Wesentlichen ausgeführt, dass die Sanktionserhöhung als Regelfolge deshalb angezeigt sei, weil im FAER bereits eine Entscheidung nach § 24a II StVG eingetragen sei. Gegen die Betr. sei mit am 01.04.2014 rechtskräftig gewordenem Bußgeldbescheid bereits eine Geldbuße von 500 € und ein einmonatiges Fahrverbot angeordnet worden, weil sie am 13.03.2014 ein Kfz unter der Wirkung eines berauschenden Mittels führte; aus demselben Grund scheide wegen der verfahrensgegenständlichen Tat ein vorläufiger Vollstreckungsaufschub nach § 25 IIa StVG aus. Die gegen das Urteil mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründete Rechtsbeschwerde führte zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs.

 

Entscheidungsgründe

Die statthafte (§ 79 I 1 Nrn. 1 und 2 OWiG) und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde der Betr. hat auf die Sachrüge - zumindest vorläufig - insoweit Erfolg, als der Rechtsfolgenausspruch des angefochtenen Urteils keinen Bestand hat; im Übrigen ist die Rechtsbeschwerde aber unbegründet.

1. Der Schuldspruch weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Betr. auf (§ 349 II StPO i.V.m. § 79 III 1 OWiG). [...]

2. Indes hält die Rechtsfolgenentscheidung rechtlicher Überprüfung nicht stand, weil sich die Feststellungen des AG zur Vorahndungslage der Betr. gemäß §§ 71 I OWiG i.V.m. § 267 III 1 StPO als lückenhaft und widersprüchlich erweisen und die auf die Annahme eines Wiederholungsfalles i.S.v. Nr. 242.1 BKat gestützte Sanktionsentscheidung nicht tragen (zur Anwendbarkeit des § 267 III 1 StPO im Bußgeldverfahren vgl. Göhler/Seitz OWiG. 16. Aufl. § 71 Rn. 40).

a) Im Ansatz zutreffend geht das AG davon aus, dass ein fahrlässiger Verstoß gem. § 24a I i.V.m. III StVG nach §§ 24a IV, 25 I 2 StVG i.V.m. §§ 1 I und II, 3 I, 4 III BKatV i.V.m. Nr. 242.1 BKat im Wiederholungsfall, also bei Eintragung bereits einer Entscheidung nach § 24a StVG, § 316 StGB oder § 315c I Nr. 1a StGB im FAER, im Regelfall mit einer Geldbuße von 1.000 Euro sowie einem Fahrverbot von 3 Monaten zu ahnden ist. Dabei knüpft die Annahme eines Wiederholungsfalles an eine zum Tatzeitpunkt im FAER eingetragene einschlägige Vorahndung an. Dies ergibt sich letztlich aus der übergeordneten Erwägung, dass eine Sanktionsverschärfung regelmäßig dann geboten ist, wenn der in der ganz überwiegenden Anzahl von Fällen nur fahrlässig handelnde Betr. im Zeitpunkt der neuerlichen Zuwiderhandlung für ihn formell verbindliche, nämlich rechtskräftige Vorwarnungen und die sich hieran anschließenden Ahndungsmaßnahmen missachtet hat. Insoweit hat der Verordnungsgeber einen bestimmten Regelfall herausgenommen und rechtlich verselbständigt; er hat damit aber nicht zum Ausdruck gebracht, dass die Annahme eines (sanktionserhöhenden) Wiederholungsfalles stets die Eintragung der Vorahndung im FAER und damit deren Rechtskraft voraussetzt. Ohnehin sind die Regelsätze der BKatV nur Zumessungsrichtlinien, die den Tatrichter nicht von eigenen Zumessungserwägungen, insbesondere nicht von einer Einzelfallprüfung in Bezug auf die Berechtigung d...

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