Entscheidungsstichwort (Thema)
Angabe der Betriebsart bei ProVida-Geschwindigkeitsmessung
Leitsatz (amtlich)
1. Erfüllt die Geschwindigkeitsermittlung die Voraussetzungen eines standardisierten Messverfahrens, genügt es im Regelfall, wenn sich die Verurteilung wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf die Mitteilung des Messverfahrens und die nach Abzug der Messtoleranz ermittelte Geschwindigkeit stützt (Anschluss an BGHSt 39, 291/301 ff.; 43, 277/282 ff.; BayObLGSt 1993, 55/56 f.; stRspr.).
2. Zu den in den Urteilsgründen niederzulegenden Mindestangaben zählt beim Einsatz des ProVida-Systems zur Geschwindigkeitsmessung allerdings grundsätzlich auch die Mitteilung, welche der nach diesem System mögliche Betriebsart bzw. Messmethode konkret angewandt und welcher Toleranzwert demgemäß zugrunde gelegt wurde.
Normenkette
StPO §§ 267, 344 Abs. 2 S. 2; OWiG § 71 Abs. 1, § 73 Abs. 2, § 77 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3, § 79 Abs. 3 S. 1; StVG § 25 Abs. 1 S. 1; BKatV § 4 Abs. 2 S. 2
Tatbestand
Das AG hat den gemäß § 73 II OWiG von der Verpflichtung zur persönlichen Anwesenheit in der Hauptverhandlung entbundenen und dort auch tatsächlich nicht anwesenden jedoch von seinem Verteidiger vertretenen Betr. am 03.01.2011 wegen einer am 21.09.2010 als Führer eines Pkw auf einer Autobahn fahrlässig begangenen Ordnungswidrigkeit der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 31 km/h zu einer Geldbuße von 240 Euro verurteilt und gegen ihn ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten Rechtsbeschwerde rügt der Betr. die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Entscheidungsgründe
I. Die gemäß § 79 I Satz 1 Nr. 2 OWiG statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde des Betr. erweist sich als unbegründet. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Rechtsbeschwerde hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betr. ergeben.
1. Die erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.
a) Einholung eines technischen Sachverständigengutachtens:
aa) Soweit mit der Rechtsbeschwerde die Verletzung des Beweisantragsrechts, und hier die Ablehnung eines schriftsätzlich vor der Verhandlung beantragten Antrags auf "Erholung eines technischen Sachverständigengutachtens zur Überprüfung der Messung", gerügt wird, kann dem Verhandlungsprotokoll bereits nicht entnommen werden, dass ein entsprechender Antrag (auch) in der Hauptverhandlung gestellt worden ist. Vielmehr ergibt sich aus der einschlägigen Passage des Protokolls nur, dass durch den Verteidiger "der Verwertung des Video-Bandes" widersprochen und ferner "die Beiziehung des Eichscheins für das in Rede stehende Messfahrzeug" und "die Beiziehung der Lebensakte bzw. des Prüfbuchs des Messgeräts" beantragt wurde. Hinweise auf einen ausdrücklich mündlich gestellten (oder wenigstens 'wiederholten') Beweisantrag gerade auch zur Einholung eines Sachverständigengutachtens fehlen und können insbesondere weder der ablehnenden Beschlussbegründung des AG noch den Urteilsgründen entnommen werden.
bb) Die Rüge entspricht insoweit im Übrigen nicht den gesetzlichen Begründungsanforderungen des § 344 II Satz 2 StPO, weshalb sie als unzulässig anzusehen ist.
(1) Gemäß § 79 III 1 OWiG i.V.m. § 344 II 2 StPO muss der Bf., der eine Verletzung des Verfahrensrechts geltend machen will, im Rahmen seiner Rechtsbeschwerdebegründung die den Mangel begründenden Tatsachen so vollständig und genau angeben, dass das Rechtsbeschwerdegericht allein aufgrund der Begründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden; hierzu gehört nach ständiger obergerichtlicher Rspr. auch der Vortrag zu Anhaltspunkten, die nach den konkreten Umständen des Falles gegen das Rechtsbeschwerdevorbringen sprechen können (vgl. u.a. Meyer-Goßner StPO 54. Aufl. § 344 Rn. 20 ff. und KK/Kuckein StPO 6. Aufl. § 344 Rn. 38 ff., jeweils m.w.N.).
(2) Diesen Darlegungsanforderungen genügt die Rechtsbeschwerdebegründung hier jedoch deshalb nicht, weil der Rechtsbeschwerderechtfertigungsschrift selbst nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit zu entnehmen ist, ob tatsächlich in der Hauptverhandlung ein Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellt wurde oder nicht. So fällt bereits im Rahmen des einleitenden Vortrags zur Verfahrensrüge auf, dass diese "darauf gestützt" wird, "dass eine fehlerhafte Zurückweisung der/des Beweisantrages des Betr. vom 28.12.2010 und der in der Sitzung am Verhandlungstag gestellten Anträge erfolgte". Zwar trägt die Rechtsbeschwerde später vor, dass "seitens der Verteidigung auch im Termin zur Hauptverhandlung" der (schriftsätzliche) Antrag vom 28.12.2010 "mündlich" gestellt wurde. Andererseits hebt die Rechtsbeschwerdebegründung zum Beleg der Rechtzeitigkeit ihrer Antragstellung jedoch wiederholt auf die "noch am 28.12.2010 um 16.27 Uhr" erfolgte Telefax-Übermittlung ihres Schrifts...