Entscheidungsstichwort (Thema)
Betrug. Festsetzung der Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts
Verfahrensgang
LG Würzburg (Beschluss vom 29.03.2006; Aktenzeichen 5 KLs 721 Js 22916/04) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Würzburg gegen den Beschluss des Landgerichts Würzburg vom 29. März 2006 wird verworfen.
2. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand
I.
Rechtsanwalt R. beantragte mit Schriftsatz vom 30.11.2005 die Festsetzung der Vergütung als gerichtlich bestellter Verteidiger auf 5.024,19 EUR. Mit Beschluss vom 03.02.2006 setzte das Landgericht Würzburg die Vergütung auf 2.402,36 EUR fest. Gegen diesen ihm am 06.02.2006 zugestellten Beschluss legte der Rechtsanwalt R. am 09.02.2006 Erinnerung ein. Mit Beschluss vom 29.03.2006 setzte die 5. Strafkammer des Landgerichts Würzburg daraufhin die Vergütung unter Zurückweisung der Erinnerung im Übrigen auf 3.092,21 EUR fest.
Gegen diesen an sie am 13.04.2006 abgesendeten Beschluss legte die Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Würzburg mit einem am 19.04.2006 eingegangenen Schreiben vom 18.04.2006 Beschwerde ein, soweit das Landgericht Kopiekosten in Höhe von 293,85 EUR festgesetzt hatte.
Das Rechtsmittel wird im Wesentlichen damit begründet, die Einspeicherung in den Computer bzw. auf CD erfülle nicht die Voraussetzungen zur Erstattung der Dokumentenpauschale. Bei einer abgespeicherten Datei handle es sich lediglich um ein Zwischenprodukt, nicht jedoch um eine Ablichtung oder einen Ausdruck im Sinn der Nr. 7000 RVG VV.
Die Bezirksrevisorin bei dem Oberlandesgericht Bamberg hebt in ihrer Stellungnahme vom 11.05.2006 im Wesentlichen darauf ab, dass der Gesetzgeber bei der Formulierung der Nr. 7000 RVG VV ersichtlich nicht die einfache Abspeicherung eingescannten Schreibwerks im Sinn gehabt habe. Nach dem Wortlaut und unter Berücksichtigung des früheren § 27 BRAGO, der durch die Neuregelung inhaltlich nicht habe geändert werden sollen, sei in Nr. 1 der Nr. 7000 RVG VV ausschließlich auf die Papierform abgestellt. Für den Fall des Einscannens und Abspeicherns als elektronische Datei fehle eine gesetzliche Regelung.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde der Staatskasse ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3, Abs. 2, 45 RVG), sie ist aber nicht begründet.
Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts Würzburg, dass die Dokumentenpauschale gemäß Nr. 7000 RVG VV auch dann entsteht, wenn die Vervielfältigung durch Einscannen und Abspeichern als Datei hergestellt wird.
Nach Nr. 7000 Nr. 1a RVG VV entsteht die Pauschale für die Herstellung von Dokumenten für Ablichtungen. Wie bei einer Fotokopie handelt es sich auch bei einer Datei um ein Dokument, weil die abgespeicherten Daten dem Verteidiger den Zugriff auf den Akteninhalt ermöglichen und diesen damit dokumentieren. Auch kann das Einscannen unter den gesetzlichen Begriff „für Ablichtungen” subsumiert werden, da es sich bei einem Scanner um ein Gerät zur optischen Datenerfassung handelt. Der Wortlaut der Neuregelung spricht damit nicht gegen eine Anwendung der Vorschrift bei der Herstellung von Dokumenten durch Einscannen von Gerichtsakten auf einen Datenträger. Der Wortlaut der Regelung gibt insbesondere nichts dafür her, dass ein Dokument in Papierform, sei es durch Fotokopie oder durch Ausdruck hergestellt werden müsse.
Auch Sinn und Zweck der Vorschrift gebietet ihre Anwendung auf das Scannen. Mit der Dokumentenpauschale soll nämlich der Aufwand an Arbeitszeit und an Material abgegolten werden. Der Zeitaufwand beim Einscannen entspricht ohne weiteres dem des Fotokopierens. Hier wie dort muss Seite für Seite auf das Gerät entweder manuell oder durch automatischen Einzug aufgelegt werden. Auch fallen beim Einscannen Materialkosten an, wie die vorgehaltenen Geräte und die Datenträger.
Es wäre im Übrigen auch vom Ergebnis her nicht einzusehen, dass ein Rechtsanwalt, der sich moderner technischer Hilfsmittel bedient, seine mit herkömmlichen Arbeitsprozessen vergleichbaren Aufwendungen nicht abrechnen könnte. Dies könnte im Übrigen dazu verleiten, mit nur geringem zusätzlichen Zeitaufwand nur zum Zweck der Abrechnung einen neben den gespeicherten Dateien zur Bearbeitung der Rechtssache an sich nicht notwendigen Aktenausdruck zu erstellen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Würzburg zitierten „Diskussionsforum Burhoff online Teil 7 VV – Scannen von Akten”. In diesem Diskussionsforum vertritt ein Forumsmitglied unter Bezugnahme auf Hansen/Braun/Schneider, Praxis des Vergütungsrechts, Teil 18, Rn. 64, die Auffassung, das Zwischenprodukt PDF-Datei sei selbst keine Ablichtung. Die zitierte Literaturstelle gibt jedoch für diese Auslegung nichts her. Es heißt dort im Gegenteil, dass man – über den Gesetzeswortlaut hinaus – sämtliche Arten der Vervielfältigung ohne Rücksicht auf die Art der Herstellung als Ablichtung wird ansehen müssen, insbesondere (u. a.) die Verv...