Entscheidungsstichwort (Thema)
Scheidungsverbundverfahren: Wahrung der Frist des § 137 Abs. 2 FamFG durch Einreichung eines Antrages auf Verfahrenskostenhilfe für eine Folgesache
Leitsatz (amtlich)
Die Frist des § 137 Abs. 2 FamFG wird durch einen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe für einen Folgesachenantrag gewahrt.
Liegt kein rechtzeitiger Folgesachenantrag vor, ist die Einbeziehung in den Scheidungsverbund abzulehnen und das Verfahren als selbständige Familiensache fortzuführen. Dies stellt keine Abtrennung i.S.d. § 140 Abs. 2 FamFG dar. § 140 Abs. 6 FamFG findet keine Anwendung.
Normenkette
FamFG § 137 Abs. 2, § 140
Verfahrensgang
AG Bayreuth (Beschluss vom 09.06.2010; Aktenzeichen 1 F 1138/09) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin hin wird der Endbeschluss des AG - Familiengericht - Bayreuth vom 9.6.2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das AG - Familiengericht - Bayreuth zurückverwiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Antragstellerin hat mit am 28.10.2009 beim AG Bayreuth eingegangenem Schriftsatz Scheidungsantrag gestellt, der nach Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe am 19.11.2009 zugestellt wurde.
Nachdem die letzte Auskunft der Versorgungsträger zum Versorgungsausgleich am 21.4.2010 beim Familiengericht eingegangen war, wurde mit Verfügung vom 22.4.2010 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 2.6.2010 festgesetzt. Auf das Gesuch des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners vom 7.5.2010 hin wurde dieser Termin mit Verfügung vom 17.5.2010 auf den 19.6.2010 verlegt.
Mit Schriftsatz vom 17.5.2010, beim Familiengericht eingegangen am gleichen Tage, beantragte die Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe für eine Folgesache nachehelicher Unterhalt, mit der sie vom Antragsgegner ab Rechtskraft der Scheidung einen monatlichen nachehelichen Unterhalt i.H.v. 750 EUR durchsetzen wollte.
"Für den Fall der Erstreckung der Verfahrenskostenhilfe" beantragte sie über die Folgesache nachehelicher Unterhalt im Scheidungsverbund zu befinden. Mit Verfügung vom 18.5.2010 wurde vom Gericht bei der Antragstellerin angefragt, ob der Antrag auf nachehelichen Unterhalt "bedingt für den Fall der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe oder unbedingt gestellt und damit sogleich anhängig gemacht werden solle?". Hierauf antwortete die Vertreterin der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 20.5.2010, indem sie erklärte, dass "der Antrag auf nachehelichen Unterhalt bedingt gestellt sei unter dem Vorbehalt der Gewährung von Verfahrenskostenhilfe".
Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9.6.2010 erließ das AG - Familiengericht - Bayreuth noch am gleichen Tage Endbeschluss, in dem die am 9.9.1982 geschlossene Ehe der Parteien geschieden (Ziff. 1), der Versorgungsausgleich geregelt (Ziff. 2) und in Ziff. 3 "der Antrag auf Verurteilung der Zahlung von Unterhalt des Antragsgegners im Scheidungsverbund als unzulässig zurückwiesen" wurde.
In der Begründung wies das Familiengericht u.a. darauf hin, dass der Nachscheidungsunterhalt wegen der Bedingung nicht anhängig sei und der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe nicht genüge, um die Zweiwochenfrist des § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG einzuhalten. Das Verfahren sei auch nicht isoliert fortzuführen, weil eine Abtrennung nicht möglich sei und im Übrigen "der Nachscheidungsunterhalt dann von einer außerprozessualen Bedingung nach Rechtskraft der Scheidung abhängig wäre". Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss Bezug genommen.
Gegen die ihrer Verfahrensbevollmächtigten am 21.6.2010 zugestellte Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 20.7.2010 beim AG in Bayreuth eingegangenen Beschwerde, die sie mit am 20.8.2010 beim OLG Bamberg eingegangenem Schriftsatz begründet hat. Sie ist der Auffassung, dass das Familiengericht die Einbeziehung des Nachscheidungsunterhalts in den Scheidungsverbund zu Unrecht abgelehnt habe. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Schriftsatz vom 19.8.2010 verwiesen.
Die Antragstellerin beantragt:
Auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 20.7.2010 wird Ziff. 3 des Endbeschlusses des AG Bayreuth, Abteilung für Familiensachen, vom 9.6.2010 - 1 F 1138/09, aufgehoben.
Der Antrag auf Verurteilung zur Zahlung von Unterhalt des Antragsgegners im Scheidungsverbund wird für zulässig erklärt.
Der Antragsgegner tritt dem Rechtsmittel nicht entgegen.
Einen förmlichen Antrag hat er nicht gestellt. Der Senat hat mit Beschluss vom 24.8.2010 darauf hingewiesen, dass ohne mündliche Verhandlung entschieden werden soll.
II. Auf das Verfahren ist nach Art. 111 FGG-RG das FamFG anzuwenden, weil es nach dem 1.9.2009 eingeleitet worden ist.
Die Beschwerde der Antragstellerin ist gem. §§ 58 ff., 117 FamFG zulässig. Insbesondere ist die Antragstellerin beschwerdeberechtigt, weil ihr Antrag auf Nachscheidungsunterhalt als unzulässig abgewiesen wurde. Auch der nach § 117 Abs. 1 FamFG erforderliche Sachantrag ist gestellt, obwohl dieser, wie noch auszuführen sein wird, auslegungsbedürfti...