Leitsatz
Das OLG Bamberg hat sich hier mit der in der Praxis wichtigen Frage auseinandergesetzt, ob ein Verfahrenskostenhilfeantrag in einer Folgesache ausreichend ist, um die Zwei-Wochen-Frist des § 137 Abs. 2 FamFG einzuhalten.
Sachverhalt
Das Ehescheidungsverfahren zwischen den Beteiligten zwar seit dem 19.11.2009 rechtshängig. Nach Eingang der Auskünfte zum Versorgungsausgleich beraumte das Familiengericht Termin zur mündlichen Verhandlung über Scheidung und Folgesachen auf den 19.06.2010 an.
Mit einem am 17.5.2010 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz beantragte die Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe für die Folgesache nachehelicher Unterhalt und begehrte Zahlung von 750,00 EUR monatlich ab Rechtskraft der Ehescheidung.
Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 09.06.2010 erließ das AG am selben Tage Endbeschluss, in dem die Ehe der Parteien geschieden, der Versorgungsausgleich geregelt und der Antrag auf Verurteilung des Antragsgegners zur Zahlung von Unterhalt im Scheidungsverbund als unzulässig zurückgewiesen wurde.
Hiergegen wandte sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde. Sie vertrat die Auffassung, das AG habe die Einbeziehung des nachehelichen Unterhalts in den Scheidungsverbund zu Unrecht abgelehnt.
Das Rechtsmittel war erfolgreich.
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, die Voraussetzungen des § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG seien gegeben. Der Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin sei am 17.5.2010 beim Familiengericht eingegangen, somit mehr als zwei Wochen vor dem Termin am 9.6.2010.
Die Frist des § 137 Abs. 2 FamFG sei auch dann eingehalten, wenn der Schriftsatz lediglich einen Verfahrenskostenhilfeantrag enthalte.
Nach dem Wortlaut des Gesetzes sei auf die "Anhängigkeit" der Folgesache abzustellen. Dabei sei nicht geklärt, ob es auf die Hauptsache oder den Verfahrenshilfekostenantrag ankomme. Auch die Gesetzesbegründung helfe letztendlich nicht weiter. Das OLG Bamberg kam in seiner Entscheidung zu dem Ergebnis, es sei eine Gleichbehandlung des Verfahrenskostenhilfeantrages und des Hauptsachenantrages schon aus Gründen des Gebots der Gleichbehandlung der "armen" und "reichen" Partei erforderlich (vgl. hierzu BVerfG FamRZ 2002, 665).
Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG (z.B. BVerfGE 78, 104, 117) ergebe sich aus Art. 3 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgrundsatz des Art. 20 GG das Gebot einer weitgehenden Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes.
Während eine "reiche" Partei die Möglichkeit habe, mit einem Folgesachenantrag bis zwei Wochen vor dem Termin zu warten und die Einbeziehung in den Scheidungsverbund zu erreichen, obwohl damit ebenfalls faktisch Verfahrensverzögerung verbunden seien, habe dies eine "arme" Partei nicht, weil über einen Verfahrenskostenhilfeantrag, der zwei Wochen vor einem Verhandlungstermin gestellt worden sei, in der Praxis bis zum Termin kaum entschieden worden sei.
Diese sachlich nicht zu begründende Schlechterstellung könne nur dadurch ausgeschlossen werden, dass der Verfahrenskostenhilfeantrag dem Hauptsacheantrag gleichgestellt werde.
Hinweis
Die Entscheidung des OLG Bamberg ist begrüßenswert. Der gesetzgeberische Zweck des § 137 Abs. 2, missbräuchliche Verfahrensverzögerungen durch späte Folgesachenanträge zu vermeiden, wird durch die Zulassung eines Verfahrenskostenhilfeantrages nicht weniger verfehlt als bei einem unbedingten Folgesachenantrag, da in beiden Fällen eine Terminsverschiebung praktisch unvermeidbar sei.
Link zur Entscheidung
OLG Bamberg, Beschluss vom 26.10.2010, 2 UF 180/10