Leitsatz (amtlich)
1.
Bei einem in Abwesenheit des Betroffenen verkündeten Urteil beginnt die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde - wie sich aus § 79 Abs. 4 letzter Halbsatz OWiG ergibt - bereits mit der Verkündung des Urteils, wenn der Betroffene bei der Urteilsverkündung von einem nach § 73 Abs. 3 OWiG schriftlich bevollmächtigten Verteidiger vertreten worden ist.
2.
Für den in Untervollmacht auftretenden Verteidiger bedarf es in diesem Fall keiner besonderen schriftlichen Vollmacht nach § 73 Abs. 3 OWiG; vielmehr ist es ausreichend, wenn der Unterbevollmächtigte von dem zur Vertretung des Betroffenen bevollmächtigten Verteidiger mündlich beauftragt worden ist (im Anschluss an OLG Bamberg NStZ 2007, 180 f.).
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts W. vom 26. Juli 2006 wird als unzulässig verworfen.
Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen am 26.07.2006 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften zu einer Geldbuße von 500,-- EUR verurteilt und ein mit einer Anordnung nach § 24 Abs. 2 a Satz 1 StVG verbundenes Fahrverbot von 2 Monaten festgesetzt. Das Urteil ist in Abwesenheit des von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbundenen Betroffenen und in Anwesenheit des als Verteidiger in Untervollmacht auftretenden Rechtsanwalts S. verkündet worden.
Mit am 17.10.2006 beim Amtsgericht eingegangenem Schriftsatz seines ausweislich der vorgelegten schriftlichen Vollmacht am 27.02.2006 bevollmächtigten Rechtsanwalts M. vom 16.10.2006 hat der Betroffene gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt.
Das schriftliche Urteil, das unter Hinweis auf § 77 b OWiG keine Gründe enthält, ist aufgrund richterlicher Verfügung vom 06.11.2006 dem Verteidiger Rechtsanwalt M. am 09.11.2006 und dem Betroffenen am 13.11.2006 zugestellt worden.
Mit am 10.11.2006 beim Amtsgericht eingegangenem Schriftsatz des Rechtsanwalts M. vom 09.11.2006 hat der Betroffene - nochmals - Rechtsbeschwerde eingelegt und diese mit am 29.11.2006 eingegangenem Schriftsatz seines Verteidigers Rechtsanwalt M. begründet.
Die Gegenerklärung des Verteidigers des Betroffenen vom 17.04.2007 zur Stellungnahme der Staatsanwaltschaft bei dem Rechtsbeschwerdegericht lag dem Senat bei der Entscheidung vor.
II.
Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 statthafte Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht innerhalb der einwöchigen Frist des § 341 Abs. 1 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG eingelegt worden ist.
Die Staatsanwaltschaft bei dem Rechtsbeschwerdegericht hat in ihrer Stellungnahme vom 02.04.2007 hierzu ausgeführt:
"Die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde begann vorliegend mit Verkündung des Urteils am 26.07.2006 und endete daher (§ 43 Abs. 1 StPO) mit Ablauf des 02.08.2006. Zwar beginnt gem. § 79 Abs. 4 OWiG diese Einlegungsfrist bei einem in Abwesenheit des Betroffenen verkündeten Urteils grundsätzlich erst mit dessen Zustellung. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der - abwesende - Betroffene bei Verkündung des Urteils durch einen nach § 73 Abs. 3 OWiG schriftlich bevollmächtigten Verteidiger vertreten worden ist (§ 79 Abs. 4 letzter Halbsatz OWiG; Göhler, OWiG, 14. Auflage, § 79 RN 30 a). Dies war vorliegend der Fall.
Eine Vollmacht in diesem Sinne hat der Betroffene seinem Verteidiger am 27.03.2006 erteilt. Diese, bei den Akten befindliche schriftliche Vollmacht lautet auszugsweise wie folgt:
'... wird hiermit ... Vollmacht erteilt zur Vertretung und Verteidigung in Strafsachen, Adhäsionsverfahren und Bußgeldsachen (§§ 302, 374 StPO) einschließlich der Vorverfahren sowie für den Fall der Abwesenheit zur Vertretung nach § 411 Abs. 2 StPO und mit ausdrücklicher Ermächtigung auch nach §§ 233 Abs. 1, 234 StPO, zur Stellung von Straf- und anderen nach der Strafprozessordnung zulässigen Anträgen ...'
Diese Vollmacht ermächtigte den Verteidiger, wie sich aus der ausdrücklichen Aufnahme der Begriffe Vertretung und Verteidigung ergibt, nicht nur zu einer Tätigkeit als Verteidiger und damit als Beistand (§ 137 Abs. 1 StPO), sondern auch zur Tätigkeit als Vertreter des Betroffenen (vgl. OLG Bamberg NStZ 2007, 180 f. unter Hinweis auf BayObLG NJW 1956, 831/839). Zwar wurde der Betroffene in der Hauptverhandlung nicht von seinem (schriftlich bevollmächtigten) Verteidiger, sondern von einem Unterbevollmächtigten vertreten. Das Erfordernis der besonderen schriftlichen Vollmacht nach § 73 Abs. 3 OWiG gilt für den in Untervollmacht auftretenden Verteidiger nicht. Er kann deshalb vom zur Vertretung des Betroffenen bevollmächtigten Verteidiger mündlich beauftragt werden (vgl. Karlsruher Kommentar-Senge, OWiG, 2. Auflage, § 73 RN 41 und Göhler, OWiG, 14. Auflage, § 73 RN 27). Vorliegend enthielt die schriftliche Vertretungsvollmacht auch die Ermächtigung zur Untervollmacht. Der Betroffene wurde mithin in der Hauptverhandlung durch einen mit einer Vertretu...