Entscheidungsstichwort (Thema)
SO. KF/Beschwerde des Bezirksrevisors
Tenor
Die Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Schweinfurt gegen – den Beschluß des Amtsgerichts … vom 2. Juni 1998 wird zurückgewiesen.
Der Antragstellervertreterin, … steht über die am 16. März 1998 festgesetzten 598,– DM hinaus eine weitere aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung von 240,– DM zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer zu.
Tatbestand
I.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Bad Neustadt an der Saale hat es abgelehnt, gemäß dem Antrag der Antragstellervertreterin nach § 128 Abs. 1 BRAGO bei der Festsetzung der aus der Staatskasse zu gewährenden Vergütung eine Beweisgebühr (240,– DM zuzüglich 15 % Mehrwertsteuer) zu berücksichtigen:
Der zuständige Richter beim Amtsgericht Bad Neustadt an der Saale hat der dagegen erhobenen Erinnerung der Antragstellervertreterin mit Beschluß vom 2.6.1998 abgeholfen, ohne die danach zuzubilligende Vergütung ziffernmäßig festzusetzen; wegen der weiteren Einzelheiten dieses Beschlusses wird auf Bl. 27 ff. SH PKH verwiesen.
Gegen diesen Beschluß wendet sich der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Schweinfurt mit seiner Beschwerde vom 2.7.1998. Zu deren Begründung führt er im wesentlichen aus:
„Während § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO die Vertretung im Beweisaufnahmeverfahren für die Entstehung der Beweisgebühr vorsieht, läßt § 118 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO diese Gebühr nur für das Mitwirken bei der Beweisaufnahme entstehen.
In dieser unterschiedlichen Wortwahl liegt auch die differenzierte Gebührenfolge. Während der allgemeine Begriff der „Vertretung” letztlich alle Tätigkeiten des Rechtsanwalts beinhaltet, die für die Partei im Beweisaufnahmeverfahren zu erledigen sind, zieht der Begriff „Mitwirken” den Kreis der erforderlichen Tätigkeiten enger. Ein aktives Mitwirken bei der Beweisaufnahme selbst ist erforderlich.
Wird der Beweis – wie hier – durch die Einholung und Verwertung eines Sachverständigengutachtens ohne Mitwirkung des Rechtsanwalts erhoben, so reicht dies nicht aus. Bei einem Sachverständigengutachten ist für das Entstehen einer Beweisgebühr entweder die Teilnahme an einem Ortstermin oder die Gegenwart bei der mündlichen Erläuterung des Ergebnisses des Gutachtens durch den Sachverständigen im Termin notwendig. Beides war hier nicht der Fall.
Auch das Erörtern des Ergebnisses des Gutachtens im Termin am 28.8.1997 reicht dazu nicht aus.”
Das Amtsgericht Bad Neustadt an der Saale hat es unter dem 8.7.1998 abgelehnt, dieser Beschwerde abzuhelfen.
Entscheidungsgründe
II.
Diese gemäß § 128 Abs. 4 BRAGO zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Dem Beschwerdeführer ist zuzugestehen, daß in Rechtsprechung und Literatur nach wie vor streitig ist, was unter Mitwirkung im Sinne des § 118 Abs. 1 Ziffer 3 BRAGO zu verstehen ist, und daß die Familiensenate des Oberlandesgerichts Bamberg früher die mit der Beschwerde geltend gemachte Auffassung vertreten haben. Beide Familiensenate des Oberlandesgerichts Bamberg haben jedoch inzwischen insoweit ihre Auffassung geändert (vgl. Beschlüsse vom 4.5.1998, Az.: 7 WF 25/98, und vom 9.7.1998, Az.: 2 WF 73/98). Beide Senate haben sich damit der insoweit geänderten Auffassung von Mümmler angeschlossen (vgl. Göttlich/Mümmler, BRAGO, 19. Aufl., Stichwort „sonstige Angelegenheiten” Nr. 2.32), daß Mitwirken und Vertreten im Sinne der §§ 31 Abs. 1 Nr. 3 und 118 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO gleichzusetzen sind, weil der Gesetzgeber ausweislich der Bundestagsdrucksache 2/2545 diese Gleichstellung der Voraussetzungen der beiden Gebührentatbestände wollte. Die unterschiedliche sprachliche Gestaltung der beiden Vorschriften rechtfertigt deshalb keine unterschiedlich hohen Anforderungen und ist nach Mümmler (a.a.O.) nur damit zu erklären, daß § 118 BRAGO auf Verfahren abgestellt ist, die dem Amtsermittlungsgrundsatz unterliegen.
Ausgehend hiervon hat das Amtsgericht Bad Neustadt an der Saale der Antragstellervertreterin zu Recht eine Beweisgebühr zuerkannt, denn die Beschwerdegegnerin hat mit ihrer Mandantin das vom Gericht erholte Sachverständigengutachten vor dem Termin am 28.8.1997 auf seine Plausibilität und damit seine sachliche Richtigkeit sowie auf die daraus zu ziehenden prozessualen Konsequenzen hin überprüft, dies mit der Mandantin erörtert und auf der Grundlage dieser Vorbereitungsmaßnahmen die Interessen der Antragstellerin im abschließenden Termin am 28.8.1997 vertreten, in dem dieses Sachverständigengutachten ausweislich der Sitzungsniederschrift zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden war.
Damit hat die Antragstellervertreterin die Beweisgebühr gemäß § 118 Abs. 1 Ziffer 3 BRAGO verdient.
Die Beschwerde des Bezirksrevisors beim Landgericht Schweinfurt war deshalb als unbegründet zurückzuweisen.
Eine Kostenentscheidung war im Hinblick auf § 128 Abs. 5 BRAGO nicht veranlaßt.
Fundstellen
Haufe-Index 1361423 |
FamRZ 1999, 1361 |
JurBüro 1999, 192 |
OLGR-MBN 1999, 264 |