Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewährleistungsansprüche aus Werkvertrag

 

Normenkette

BRAGO § 6 Abs. 1 S. 2, § 31 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Bamberg (Beschluss vom 30.07.1985; Aktenzeichen 2 O 591/82)

LG Bamberg (Urteil vom 24.06.1985)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts Bamberg vom 30. Juli 1985 in der Fassung des Beschlusses vom 17. September 1985 abgeändert:

Die der Klägerin von der Beklagten aufgrund des Urteils des Landgerichts Bamberg vom 24. Juni 1985 zu erstattenden Kosten werden auf

15.687,58 DM

mit 4 % Zinsen hieraus seit 26. Juni 1985 festgesetzt.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Beklagten zur Last.

3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 637,39 DM.

 

Gründe

1. Mit Kostenfestsetzungsbeschluß vom 30.06.1985, berichtigt mit Beschluß vom 17.09.1985, hat es der Rechtspfleger des Landgerichts Bamberg abgelehnt, eine von der Klägerin beantragte Erhöhung der Prozeßgebühr um 3/10 gem. § 6 BRAGO als erstattungsfähig anzuerkennen. Gegen die ihr am 05.08.1985 zugestellte Entscheidung hat die Klägerin mit am 13.08.1985 eingegangenem Schriftsatz Erinnerung eingelegt, der der Rechtspfleger und der Einzelrichter des Landgerichts nicht abgeholfen haben. Die Beklagte hat beantragt, die Erinnerung zurückzuweisen.

2. Die als sofortige Beschwerde geltende Erinnerung ist zulässig (§§ 21, I, Nr. 1, II, 11 II RPflG; §§ 104, 567 II, 577 ZPO). Das Rechtsmittel ist auch begründet.

Im Gegensatz zur Auffassung des Landgerichts hält der Senat die Voraussetzung für die beantragte Gebührenerhöhung gem. § 6 BRAGO für gegeben. Bei der Klägerin handelt es sich in Wahrheit um zwei natürliche Personen, welche in Erbengemeinschaft die frühere Einzelfirma fortführen. Nach weit überwiegender Meinung war damit der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin für mehrere Auftraggeber tätig, sodaß sich die Prozeßgebühr nach der Vorschrift des § 6 BRAGO erhöht (vgl. Göttlich/Mümmler, BRAGO, 15 Aufl., unter „Mehrere Auftraggeber”, Nr. 6.2; Gerold/Schmidt, BRAGO, 8. Aufl., Anm. 13 zu § 6; vgl. ferner zuletzt OLG München, JurBüro 1985, 1485 und vor allem BGH JurBüro 1984, 378; jeweils mit weiteren Hinweisen). Die gegenteilige Meinung, die vor allem das Oberlandesgericht Köln vertritt (vgl. z. B. JurBüro 1983, 1653 und 1985, 66) überzeugt nicht. Auch der Senat vermag die Vorschrift des § 6 BRAGO nicht dahin auszulegen, daß eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber nur in bestimmten Fallgruppen vorliegt, bei denen typischerweise eine Mehrarbeit des Rechtsanwalts erforderlich ist. Insoweit wird vor allem auf die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs und des OLG München Bezug genommen. Davon abgesehen erscheint das vom Oberlandesgericht Köln (JurBüro 1985, S. 66 f., 74) erarbeitete Ergebnis als ungerechtfertigt, eine Gebührenerhöhung sei regelmäßig nur dann zuzubilligen, wenn die in Frage kommenden Personengruppen (z. B. Eheleute, BGB-Gesellschafter, Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft, OHG-Gesellschafter) gesamtverbindlich als Beklagte in Anspruch genommen werden, nicht aber dann, wenn dieselben Gruppen als Kläger auftreten. Diese Frage ist mit der vom Oberlandesgericht Köln gleichzeitig erhobenen Forderung nicht zu vereinbaren, die Gebührenerhöhung sei bei gruppentypischer Mehrarbeit des Anwalts zuzubilligen. Es ist nicht einzusehen, daß bei einer Vertretung der genannten Personengruppen eine Mehrarbeit des Prozeßbevollmächtigten typischerweise nur dann anfallen soll, wenn die Gruppe verklagt ist, nicht aber dann, wenn sie als Kläger auftritt. Der Senat sieht sich außerstande, die gegenteilige Auffassung mit den tatsächlichen Gegebenheiten der anwaltlichen Tätigkeit in Einklang zu bringen.

Eine andere, hier nicht zu entscheidende Frage ist es, ob in ganz bestimmten Einzelfällen trotz einer Prozeßbeteiligung mehrerer Personen nur ein Auftraggeber i. S. des § 6 BRAGO angenommen werden kann, sei es, weil die Gruppe bei der Auftragserteilung und der übrigen Prozeßführung von einer Einzelperson berechtigterweise vertreten wird (vgl. z. B. OLG Koblenz JurBüro 1985, 711), sei es, weil die Verfahrensbeteiligung einer Mehrheit von Personen nicht erforderlich ist (vgl. z. B. OLG Bamberg, JurBüro 1978, 529), oder sei es, daß die Personengruppe erst im Laufe des Verfahrens den Rechtsstreit als Rechtsnachfolger einer einzigen Person aufnimmt (vgl. Beschluß des Senats vom 30.08.1984 – 3 W 161/83).

Damit erhöhen sich die gemäß Beschluß des Landgerichts vom 17.09.1985 der Klägerin zu erstattenden Kosten von 15.050,19 DM um einen Betrag von 637,39 DM, der sich wie folgt errechnet:

a)

Hauptsacheverfahren – Streitwert

98.106,03 DM

3/10-Gebühr

475,50 DM

14 % Mehrwertsteuer hieraus

66,57 DM

b)

Beweissicherungsverfahren – Streitwert

32.000,– DM

1,5/10-Gebühr

156,– DM

6,5 % Mehrwertsteuer hieraus

10,14 DM

708,21 DM

c)

Gemäß Nr. 3 des landgerichtlichen Urteils vom 24.06.1985 hat die Beklagte der Klägerin hiervon 9/10, also 437,39 DM zu erstatten.

3. Gemäß § 91 I 1 ZPO hat di...

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