Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Verfahrensgang: Beschlussverfahren nach § 522 II ZPO - der Verwerfungsbeschluss vom 30.04.2015 ist rechtskräftig

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine dienstliche Stellungnahme nach § 44 III ZPO ist grundsätzlich entbehrlich, wenn sich die geltend gemachten Ablehnungsgründe ausschließlich auf Umstände beziehen, die sich aus der das Ablehnungsgesuch auslösenden - aktenkundigen - Entscheidung der abgelehnten Gerichtsbesetzung selbst ergeben.

2. Die Besorgnis einer richterlichen Befangenheit ist offenkundig nur vorgeschoben, wenn das Ablehnungsgesuch ausschließlich oder vorrangig dazu dienen soll, die abgelehnten Richter wegen der von ihnen vertretenen Rechtsauffassung (massiv) unter Druck zu setzen und/oder regelrecht bloßzustellen.

3. Zuverlässige Anzeichen einer solchen rechtsmissbräuchlichen Zielsetzung können bereits im Stil einer Schmähkritik gehaltene Passagen der Begründung des Ablehnungsbegehrens sein, in denen gerichtliche Hinweise (wie etwa im Rahmen eines Hinweisbeschlusses nach § 522 II ZPO) als bewusste Missachtung elementarer Rechtsprechungsgrundsätze hingestellt oder in sonstiger Hinsicht als schlechthin unvertretbar abqualifiziert werden.

4. Manifester Ausdruck einer mit dem Ablehnungsgesuch verfolgten Einschüchterungsstrategie kann auch die "konditionierte" Androhung einer Strafanzeige gegen den Prozessgegner für den Fall sein, dass der abgelehnte Spruchkörper auch noch nach der Zurückweisung des Ablehnungsbegehrens "an seiner bisherigen Rechtsansicht festhalten sollte."

5. Darüber hinaus kommen als weitere aussagekräftige Indizien einer manipulativen Zielsetzung auch "maßregelnde" Vorgaben der Antragstellerseite hinsichtlich des Inhalts der dienstlichen Erklärungen nach § 44 III ZPO in Betracht. Entsprechendes gilt für nachträgliche Beanstandungen, in denen die Antragstellerseite darauf beharrt, dass sich die abgelehnten Richter in ihrer Stellungnahme für die beanstandete Entscheidung zu "rechtfertigen" hätten.

 

Normenkette

ZPO § 44 Abs. 3, § 45 Abs. 1, § 47

 

Verfahrensgang

LG Bamberg (Aktenzeichen 2 O 100/14 Ver)

 

Tenor

I. Das Ablehnungsgesuch des Klägers vom 22.01.2015 gegen den Vizepräsidenten am Oberlandesgericht X. sowie die Richter am Oberlandesgericht Y. und Z. wird als unzulässig verworfen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der vor dem LG unterlegene Kläger, der Ansprüche aus einer Unfallversicherung bei der Beklagten geltend macht, verfolgt mit der Berufung seine bisherigen Sachanträge unverändert weiter.

Das vorliegende Ablehnungsbegehren bildet den Einstieg in die Stellungnahme der Klägerseite vom 22.01.2015 zum Hinweisbeschluss vom 22.12.2014, mit dem der Senat in der abgelehnten Besetzung die beabsichtigte Zurückweisung des Rechtsmittels im Beschlussverfahren nach § 522 II ZPO angekündigt hatte (Bl. 120 ff.).

Die Begründung des Gesuchs hat auszugsweise den folgenden Wortlaut (vgl. Bl. 37 ff. - Anmerkung des Senats: Schreibfehler unverändert, Hervorhebungen sowie Kennzeichnungsziffern "AG 1" usw. jeweils nicht im Original):

"Vorsorglich weise ich darauf hin, dass mir als Prozessbevollmächtigten des Klägers und Berufungsklägers nach den Grundsätzen des rechtlichen Gehörs das Recht zusteht, vor Entscheidung über die drei Ablehnungsgesuche die Äußerungen der abgelehnten Richter zu erfahren und innerhalb angemessener Frist dazu Stellung nehmen zu können. Es wird auch darauf bestanden, dass die abgelehnten Richter nicht etwa kollektiv eine gemeinsame Stellungnahme abgeben sondern dass diese jeweils individuell und getrennt von den Stellungnahmen der anderen abgegeben wird ... (AG 1)

Das OLG konzediert also, ... dass ... eine gültige Vereinbarung der AUB 2009 nicht zustande gekommen ist, wobei der Senat allerdings "vergisst", darauf hinzuweisen, dass insoweit die Beweislast eindeutig bei der Beklagten liegt ...

Um gleichwohl die Klage zum Scheitern zu bringen, greift der Senat nach eigenen Bekundungen einstimmug zu einem mehr als abenteuerlichen juristischen salto mortalis, wie ihn jedenfalls der Unterzeichner in seiner langjährigen anwaltlichen Tätigkeit noch von keinem Gericht erlebt hat: Er behauptet nun plötzlich, in diesem Falle würden die AUBs 2004 u.a. weiter bis heute gelten.

Um die Ungeheuerlichkeit und Abenteuerlichkeit dieses tollkühnen juristischen Rechtssprungs zu erfassen, muss man sich die konkrete Vertragssituation deutlich vor Augen halten ... (AG 2)

Bereits erstinstanzlich hat der Unterzeichner auf die Absurdität dieser Behauptung hingewiesen: ... (AG 3)

Im Übrigen unterschlägt der Senat auch, dass es hier keinesfalls um die Regelung von Einzelheiten geht ... (AG 4)

Vergleicht man einige in der vorstehend zitierten Rechtsprechung entschiedenen Fälle mit dem streitgegenständlichen, so ist der hier bestehende Widerspruch zu der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung derart eindeutig und eklatant, dass man sich ernsthaft fragen muss, ob der Senat die beantragte Revisionszulassung nur verweigert, weil er in Kenntnis dieser Rechtsprechung ...

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