Gründe
Die Kl. und ihre Mutter waren Miteigentümer eines landwirtschaftlichen Anwesens, das die Kl. zusammen mit ihrem Ehemann bewirtschaftete. Die Mutter der Kl. lebte auf dem Hof; sie erhielt Unterkunft, Verpflegung und ein Taschengeld; dafür arbeitete sie im Betrieb mit und versorgte den Haushalt und die Kinder. Nachdem ihre Mutter bei einem Unfall getötet worden war, nahm die Kl. den Unfallschädiger (und dessen Haftpflichtversicherer) gemäß § 845 BGB wegen der entgangenen Mitarbeit der Mutter im Haushalt und in der Landwirtschaft auf Schadensersatz in Anspruch. Das LG hat die Klage abgewiesen, das OLG die Berufung der Kl. zurückgewiesen. Nach Ansicht des OLG ist eine ausdrückliche Verpflichtung der Eltern, Dienste im Hauswesen oder Gewerbe ihrer Kinder zu leisten, im Gesetz nicht festgelegt; eine solche Dienstleistungspflicht der Eltern gegenüber ihren Kindern lasse sich auch nicht aus der Bestimmung des § 1618 a BGB herleiten, wonach Eltern und Kinder einander Beistand und Rücksicht schuldig sind. Dazu führt der Senat u. a. aus:
"... § 1618 a BGB ist durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge vom 18. 7. 1979 (BGBl I 1061) in das BGB eingefügt worden. Ziel der Änderung und Ergänzung des bisherigen Rechts war es, das Rechtsverhältnis zwischen Eltern und Kindern nach dem Vorbild der sogen. partnerschaftlichen Familie zu gestalten .. . Dabei sollte der nach Ansicht des Gesetzgebers überholte Sprachgebrauch des Gesetzes (durch die Beseitigung des Ausdrucks "elterliche Gewalt") angepaßt, darüber hinaus aber auch sachlich die Rechtsstellung der Kinder allgemein gestärkt und ihrem Willen (je nach zunehmender Selbständigkeit und Selbstverantwortlichkeit) stärkeres Gewicht verschafft werden (Diederichsen NJW 80, 1 ff.). Die Neuregelung betont den Pflichtcharakter des Elternrechts (Simon JuS 79, 752). Ihr Ziel war es aber nicht, zu Lasten der Eltern eine neue, dem bisherigen Recht völlig fremde Verpflichtung zu Dienstleistungen zu schaffen. Für einen solchen Willen des Gesetzgebers enthält die Neuregelung keinen Anhaltspunkt. Eine derartige Verpflichtung ginge tatsächlich über den geschilderten Gesetzeszweck hinaus.
Dem Leitbild der partnerschaftlichen Familie mag es entsprechen, die Rechtsstellung der Kinder allgemein zu stärken. Ein Anspruch auf Dienstleistungen ihrer Eltern ist mit dieser Vorstellung aber nicht verbunden. Über ein eigenes Hauswesen und Gewerbe verfügen Kinder im Regelfall erst, wenn sie volljährig geworden sind. Dann aber bedarf ihre Rechtstellung keiner Stärkung mehr, um dem Leitbild der partnerschaftlichen Familie gerecht zu werden. Andererseits ist, wenn Kinder im eigenen Haushalt leben und für sich selbst sorgen können, die Aufgabe der Eltern im Rahmen ihrer Sorge für die Entwicklung und Erziehung, meist auch ihre Sorge für den Unterhalt beendet und .. der Familienverband weitgehend gelockert. Eltern in dieser Situation zu Dienstleistungen für ihre Kinder zu verpflichten, würde keine partnerschaftliche Gleichstellung, sondern einseitige Schlechterstellung bedeuten. Das war nicht .. Zweck der gesetzl. Regelung.
Mit der Verpflichtung zu Beistand und Rücksicht zeigt § 1618 a BGB das Leitbild für das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern auf. Es gilt auch gegenüber volljährigen Kindern und ohne Rücksicht auf häusliche Gemeinschaft (Palandt, BGB 43. Aufl. § 1618 a Anm. 1; Soergel/Siebert, BGB 11. Aufl. § 1618 a Rdnr. 2). Die Bedeutung eines solchen Leitbildes wird in erster Linie bei der Anwendung, insbesondere bei der Auslegung anderer familienrechtlicher Vorschriften und bei der Ausfüllung von Lücken im Gesetz erkennbar (vgl. Soegel/Siebert aaO. Rdnr. 3). Ob sich aus der Bestimmung unmittelbar klagbare Rechte und Pflichten ableiten können, ist dagegen bereits zweifelhaft (vgl. Palandt aaO. Anm. 1; Soergel/Siebert aaO. Rdnr. 3 ..). Selbst wenn man das annimmt, kann die Verpflichtung zu gegenseitigem Beistand nicht ständige Dienste im Haushalt und Gewerbebetrieb der Kinder umfassen. Beistand bedeutet Hilfe und Unterstützung in solchen Lebenslagen, die der Hilfsbedürftige wegen ihrer besonderen Art allein nicht oder nur schwer meistern kann .. . Gemeint ist gegenseitige Fürsorge, wie sie in derartigen Lebenslagen in einer intakten Familie auch ohne besondere gesetzl. Vorschrift geübt wird. Dazu gehören aber nicht ständige, nicht durch besondere Umstände (im Sinne einer Notlage) bedingte Dienste im Haushalt und Gewerbe der Kinder. Ausschließlich um Dienste solcher Art geht es aber im [vorl.] Fall .. . Der Wortlaut des § 1618 a BGB läßt nicht erkennen, daß die allgemeine Pflicht zu gegenseitigem Beistand auch solche Dienstleistungen umfassen soll.
Das ist auch nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht anzunehmen. Die Bedeutung des § 1618 a BGB besteht im wesentlichen darin, die Verantwortung füreinander als Grundlage der Familie herauszustellen. Die Verpflichtungen, die sich für das einzelne Familienmitglied daraus ableiten, sind für eine intakte Familie an sich selbstverständlic...