Leitsatz (amtlich)

1. Ein Anspruch auf Unterlassung der unaufgeforderten Zusendung weiterer E-Mails mit werbendem Inhalt besteht auch dann, wenn deren Werbungscharakter sogleich feststellbar ist und bislang nur eine geringe Anzahl von E-Mails zugesandt wurde.

2. Der Löschungsanspruch aus § 35 Abs. 2 BDSG greift gem. § 1 Abs. 2 TDDSG bei Bestandsdaten i.S.d. § 5 TDDSG, da lediglich bezüglich der Nutzungsdaten in § 6 TDDSG ein Löschungsanspruch ausdrücklich normiert ist.

3. Eine bloße E-Mail-Adresse, die sich aus dem Vor- und Nachnamen einer Person und der Bezeichnung eines am Markt existierenden Unternehmens zusammensetzt, unterfällt dem Begriff personenbezogener Daten i.S.d. § 1 Abs. 2 TDDSG i.V.m. § 3 Abs. 1 BDSG.

4. § 35 Abs. 3 BDSG ist im Zusammenhang mit dem Schutz personenbezogener Daten der Nutzer von Telediensten i.S.d. Teledienstegesetzes (§ 1 Abs. 1 TDDSG) anwendbar und erlaubt in engen Grenzen die bloße Sperrung personenbezogener Daten (Bestandsdaten) anstelle der Löschung dieser Daten.

 

Normenkette

TDDSG §§ 1-2, 5; BDSG § 3 Abs. 1, § 35 Abs. 2-3; BGB §§ 823, 1004

 

Verfahrensgang

LG Bayreuth (Urteil vom 14.10.2004; Aktenzeichen 13 KHO 43/04)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des LG Bayreuth vom 14.10.2004 in Ziff. I. und Ziff. III. wie folgt abgeändert:

I. Die Beklagte hat es zu unterlassen, E-Mails an die Adresse ... .de zu versenden.

III. Die Beklagte hat die über den Kläger bei ihr gespeicherten personenbezogenen Daten (insb. den Namen des Klägers, dessen Geburtsdatum [insoweit fehlerhaft eingegeben], seine Berufsbezeichnung, die Art der von ihm ausgeübten Tätigkeit, deren Form und Schwerpunkte, die Telefonnummern des Klägers [Handy und Festanschluss], das Unternehmen, bei dem der Kläger seine Berufstätigkeit ausübt, und die Anschrift dieses Unternehmens) mit Ausnahme der vom Kläger eingerichteten E-mail-Adresse: ... .de zu löschen.

Die letztgenannte E-Mail-Adresse hat die Beklagte zu sperren.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 4.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Die Revision gegen Ziffer 1.III. dieses Urteils wird zugelassen.

 

Gründe

I. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen auf das angefochtene Urteil des LG Bayreuth vom 14.10.2004 (Bl. 39 ff. d.A.).

Die Beklagte greift das Urteil des LG Bayreuth an mit der Erwägung, dass im vorliegenden Fall eine Unterlassung der Versendung von E-Mails an die Adresse des Klägers bzw. an dessen E-Mail-Adresse ... .de nicht verlangt werden könne, da eine Wiederholungsgefahr nicht gegeben sei. Unmittelbar nach Erhalt der Mitteilung des Klägers, dass dieser keine weiteren Nachrichten bekommen möchte, sei dessen E-Mail-Adresse aus dem entsprechenden Verteiler der Beklagten entfernt worden. Weitere E-Mails habe der Kläger in der Folgezeit nicht erhalten. Ohnehin seien ihm nur drei kurze Mails zugesandt worden, so dass eine völlig unerhebliche Beeinträchtigung vorliege. Zudem sei der Kläger darauf hingewiesen worden, dass die Beklagte von einer ordnungsgemäßen Anmeldung des Klägers zu dem von der Beklagten unterhaltenen Nachrichtendienst ausging. Schließlich sei der Kläger bereits in der ersten E-Mail um umgehende Mitteilung gebeten worden für den Fall, dass eine unrechtmäßige Anmeldung vorliegen sollte und er die Zusendung weiterer E-Mails nicht wünsche. Hätte er hierauf reagiert, wäre seine Adresse sogleich gelöscht und gesperrt worden.

Soweit die Beklagte verurteilt worden sei, die über den Kläger bei ihr gespeicherten Daten zu löschen, werde ihr eine unmögliche Leistung auferlegt. Um die Unterlassungsverpflichtung bezüglich neuerlicher E-Mail-Zusendungen an den Kläger zu erfüllen, sei es erforderlich, dass die E-Mail-Adresse des Klägers in einem Filter hinterlegt werde. Nur in dieser Weise könne ausgeschlossen werden, dass zukünftig im Falle einer unbefugten Anmeldung des Klägers durch Dritte erneut E-Mail-Nachrichten an den Kläger versandt würden. Damit liege der Ausnahmetatbestand des § 35 (Abs. 3) Nr. 2, 3 BDSG vor; durch eine Löschung würden schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt. Eine Sperrung der E-Mail-Adresse trage somit gerade dem Unterlassungsinteresse des Klägers Rechnung.

Die Beklagte beantragt, das am 14.10.2004 verkündete Urteil des LG Bayreuth mit dem Az. 13 KHO 43/04 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass ein Ausnahmefall, bei dem eine Wiederholungsgefahr trotz nicht abgegebener strafbewehrter Unterlassungserklärung verneint werden könne, nicht vorliege. In dem Schreiben der Beklagten komme nicht zum Ausdruck, dass der Kläger mit der Zusendung weiterer E-Mails nicht mehr zu rechnen habe. Deshalb sei die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wieder...

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