Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung
Verfahrensgang
LG Schweinfurt (Urteil vom 27.02.1981; Aktenzeichen 1 O 315/80) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Schweinfurt vom 27. Februar 1981 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht Schweinfurt zurückverwiesen.
Tatbestand
Seit dem Jahre 1960 gehörte der Kläger der CSU an, zuletzt als Mitglied des verklagten Ortsverbandes ….
Dessen Vorstand beschloß am 28.4.1980, den Kläger nach § 8 Abs. 3 der Satzung der CSU wegen rückständiger Beiträge aus der Mitgliederliste zu streichen.
Der Kläger bezweifelt das rechtmäßige Zustandekommen dieser Entscheidung und hält die Maßnahme auch für ungerechtfertigt. Er hat deshalb auf Feststellung geklagt, daß der Beschluß vom 28.4.1980 unwirksam sei und daß seine Mitgliedschaft beim Beklagten weiterhin bestehe.
Durch Urteil vom 27.2.1981 hat das Landgericht Schweinfurt die Klage als unzulässig abgewiesen, weil der Beklagte nicht passiv parteifähig sei. Gegen das ihm am 5.3.1981 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, die er am 3.4.1981 eingelegt und gleichzeitig begründet hat.
Der Kläger führt aus: Der Beklagte habe die Stellung eines nichtrechtsfähigen Vereins. Er fördere die politischen Ziele der CSU innerhalb seines Bereichs in eigener Verantwortlichkeit. Baß er dabei im Rahmen eines vorgegebenen Statuts handele, stehe seiner Selbständigkeit als Untergliederung nicht entgegen. Der Beklagte sei deshalb passiv parteifähig.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und festzustellen, daß der Beschluß des Beklagten vom 28.4.1980 unwirksam sei und daß seine, des Klägers, Mitgliedschaft im CSU-Ortsverband … fortbestehe.
Der Beklagte beantragt demgegenüber,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das landgerichtliche Urteil unter Hinweis auf die in der Satzung der CSU getroffenen Bestimmungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze der Parteien sowie auf Tatbestand und Gründe des Ersturteils Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Kläger hat seine statthafte Berufung in rechter Form und Frist eingelegt und begründet (§§ 511, 516, 518, 519 ZPO). Das Rechtsmittel ist daher zulässig. Es führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und gemäß § 538 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht, das die Klage nicht als unzulässig hätte abweisen dürfen. Denn der Beklagte ist ein nichtrechtsfähiger Verein und damit nach § 50 Abs. 2 ZPO passiv parteifähig. Auch die sonstigen allgemeinen und besonderen Prozeßvoraussetzungen der erhobenen Feststellungsklage liegen vor.
1. Die passive Parteifähigkeit des Beklagten ergibt sich allerdings nicht schon aus § 3 des Parteiengesetzes vom 24.7.1967 (BGBl. I S. 773). Nach dieser Vorschrift kann eine politische Partei unter ihrem Namen klagen und verklagt werden; gleiches gilt für ihre Gebietsverbände der höchsten Stufe, sofern die Satzung der Partei nichts anderes bestimmt. Der verklagte Ortsverband der CSU zählt jedoch zur untersten Stufe. Diese wird durch § 3 des Parteiengesetzes nicht begünstigt.
Der Beklagte ist ferner – im Gegensatz zur Gesamtpartei (vgl. § 2 der Satzung der CSU) – nicht im Vereinsregister eingetragen, so daß seine Parteifähigkeit auch nicht aus § 50 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 21 BGB folgt.
2. § 3 des Parteiengesetzes enthält indes keine abschließende Regelung. Es handelt sich vielmehr um eine Sondervorschrift für die Gesamtpartei und ihre obersten Gebietsverbände. Hinsichtlich der übrigen Untergliederungen, wie beispielsweise der Orts- und Kreisverbände, hat sich der frühere Rechtszustand nicht geändert (Breithaupt JZ 1967, 561; Roellecke DRiZ 1968, 117 ff., 119; OLG Karlsruhe OLGZ 1978, 226 ff.). Der Ortsverband einer politischen Partei kann daher im Zivilprozeß nach § 50 Abs. 2 ZPO passiv parteifähig sein, wenn er einen nichtrechtsfähigen Verein im Sinne des § 54 S. 1 BGB bildet. Dazu ist nach herrschender Meinung im Vereinsrecht erforderlich, daß der Ortsverband eine körperschaftliche Verfassung besitzt, einen Gesamtnamen führt, vom Wechsel der Mitglieder unabhängig ist und eigene Aufgaben selbständig wahrnimmt (Soergel-Siebert-Schultze v. Lasaulx, BGB, 11. Aufl., Rdnr. 53 der Vorbem. vor § 21 und Rdnr. 19 zu § 54; Steffen in RGR-Kommentar zum BGB, 12. Aufl., Rdnr. 26 der Vorbem. vor § 21 und Rdnr. 13 zu § 54, jeweils mit weiteren Nachweisen; für Untergliederungen von Gewerkschaften: BGH ZZP 86, 212 f.; für Untergliederungen von Parteien: OLG Karlsruhe OLGZ 1978, 226 ff.; LG Bonn NJW 1976, 810 f.; LG Frankfurt a.M. NJW 1979, 1661; vgl. auch BGH LM Nr. 23 zu § 50 ZPO). Dagegen ist es unschädlich, wenn der Ortsverband nicht über eine eigene Satzung verfügt, sondern seine körperschaftliche Verfassung aus der Satzung der Gesamtpartei ableitet (OLG Karlsruhe OLGZ 1978, 226 ff.; vgl. ferner RG JW 1927, 2363; BayObLGZ 1977, 6 ff., 9; Staudinger-Coing, Ko...