Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die für Bauverträge maßgebende Obergrenze einer in den AGB des Auftraggebers vorgesehenen Vertragsstrafe auch für einen Werk(lieferungs)vertrag über die Lieferung, Montage und Inbetriebnahme von Großmaschinen verbindlich ist.
2. Zur Auslegung einer auf die Überschreitung der Vertragsfristen "für den Probebetrieb und der Abnahme" von zwei Kappsägen zugeschnittenen Vertragsstrafenklausel, wenn sich die darin vorgegebenen Höchstsätze auf die Lieferung und Inbetriebnahme jeder einzelnen Maschine beziehen.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1, § 339
Verfahrensgang
LG Würzburg (Urteil vom 10.08.2010; Aktenzeichen 62 O 2584/09) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten und Widerklägerin gegen das Teilurteil des LG Würzburg vom 10.8.2010 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerseite zuvor Sicherheit in dieser Höhe geleistet hat.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Berufungsstreitwert: 49.000,- Euro.
Gründe
I. Die Parteien streiten mit Klage und Widerklage um wechselseitige Ansprüche aus einer ausdrücklich als "Werkvertrag" überschriebenen Vereinbarung vom 10.02./1.3.2006, in der die verklagte GmbH den Kläger zu einem "Pauschalpreis" von 490.000 EUR mit der "Lieferung, Montage und Inbetriebnahme" von zwei Kappsägen für ein Sägewerk beauftragte, mit dessen Errichtung die Beklagte ihrerseits - als Generalunternehmerin - von der A. GmbH (fortan: Firma A. oder Hauptkundin) beauftragt worden war.
Während Gegenstand der Klageforderung der noch offene Restwerklohn ist, macht die Beklagte im Wege der Widerklage - in der Hauptsache - einen Anspruch auf Vertragsstrafe geltend, den sie auf § 8a des von den Parteien abgeschlossenen "Werkvertrages" stützt. Diese vorformulierte Klausel hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
"§ 8a Vertragsstrafen
8a. 1
Die in § 8 benannten Termine und Fristen sind verbindliche Vertragsfristen, die bei Überschreitung nachfolgende Vertragsstrafen auslösen.
8a. 2
Hinsichtlich der Vertragsfristen für den Probebetrieb ... und Abnahme bis (1.3.2007) beträgt die Vertragsstrafe jeweils 0,25 % der Gesamtauftragssumme pro angefangenen Kalendertag. Insgesamt ist die Vertragsstrafe beschränkt auf jeweils 5 % (Probebetrieb und Abnahme) der Gesamtauftragssumme ..."
Nach Ansicht der Beklagten hat der Kläger die vereinbarte Vertragsstrafe bei beiden Sägen und somit "2 Vertragsstrafen" i.H.v. zusammengenommen (2 × je 5 % aus 490.000 EUR =) 49.000 EUR verwirkt.
Der Beklagte verlangt daher im Rahmen der Widerklage die Zahlung von 49.000 EUR zzgl. Verzugszinsen sowie die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten i.H.v. 2.994,40 EUR samt Verzugszinsen.
Der Kläger tritt der Widerklage nach Grund und Höhe im Wesentlichen wie folgt entgegen: Zum einen fehle es bereits an der Aktivlegitimation der Beklagten, weil sie im Rahmen einer außergerichtlichen Vergleichsvereinbarung mit der Hauptkundin vom 08./10.1.2008 auch die hier gegenständlichen Vertragsstrafenansprüche an die Hauptkundin abgetreten habe. Des Weiteren sei die vorliegende Vertragsstrafenklausel gem. § 307 I BGB unwirksam. Schließlich sei der Anspruch auf eine Vertragsstrafe auch in der Sache unbegründet, weil die Klägerin ihre Verpflichtungen aus dem "Werkvertrag" in jeder Hinsicht ordnungsgemäß erfüllt habe.
Das LG hat mit Teilurteil vom 10.8.2010 die Widerklage abgewiesen, weil die Beklagte für den dadurch geltend gemachten Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nicht aktivlegitimiert sei.
Hiergegen richtet sich die zum einen auf die Verfahrensrüge eines übergangenen Beweisantrags und zum anderen auf Rechtsausführungen gestützte Berufung der Beklagten, die ihre bisherigen Ansprüche unverändert weiterverfolgt.
Die Beklagte beantragt daher, unter Abänderung des angefochtenen Teilurteils die Klägerin zu verurteilen,
1. 49.000 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 30.4.2009 sowie
2. außergerichtliche Anwaltskosten von 2.994,40 EUR samt Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 8.7.2009 zu bezahlen.
Die Klägerin, die das Ersturteil verteidigt, will die Berufung zurückgewiesen haben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Senatsniederschrift vom 17.1.2011 (Bl. 170 ff.) sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze einschließlich der vorgelegten Urkunden und der beigefügten Anlagen Bezug genommen.
II. Die gem. §§ 511 ff. ZPO statthafte und auch sonst zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Denn das angefochtene Teilurteil erweist sich jedenfalls im Ergebnis als zutreffend, weil es sich bei der Vertragsstrafenregelung in § 8a des gegenständlichen "Werkvertrages" um Allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten handelt und diese Klausel eine Inhaltskontrolle nach § 307 I BGB nicht standhält.
1. Es steh...