Entscheidungsstichwort (Thema)

Auskunftsanspruch und vorzeitiger Zugewinnausgleich

 

Leitsatz (redaktionell)

Mit Scheitern der Ehe entfällt die Unterrichtungsverpflichtung nach § 1353 BGB. Die Nichterfüllung der Auskunftsverpflichtung aus § 1379 Abs. 2 BGB (a.F.) stellt keinen Grund für einen vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns nach § 1386 Abs. 3 BGB (a.F.) dar.

 

Normenkette

BGB a.F. §§ 1379, 1386 Abs. 3; BGB § 1353

 

Verfahrensgang

AG Kulmbach (Urteil vom 27.03.2009; Aktenzeichen 1 F 533/08)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Teilurteil des AG - Familiengerichts - Kulmbach vom 27.3.2009 abgeändert:

Die Klage auf vorzeitigen Zugewinnausgleich wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung des Beklagten i.H.v. 100 % der Kosten des Berufungsverfahrens vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Verfahrensgegenstand ist der Antrag der Klägerin auf vorzeitigen Zugewinnausgleich.

Die Klägerin und der Beklagte sind Eheleute, die seit Februar 2007 getrennt leben. Der Scheidungsantrag der Klägerin vom 23.4.2008 wurde der Beklagtenvertreterin entweder am 2.6.2008 oder am 9.6.2008 zugestellt. Mit Schreiben vom 20.6.2008 forderte die Klägerin den Beklagten wegen eines etwaigen Zugewinnausgleichsanspruchs auf, bis spätestens zum 20.7.2008 Auskunft über den Bestand seines Endvermögens am 2.6.2008 zu erteilen, sowie zum Zwecke der Wertermittlung den Wert aller Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten mitzuteilen.

Der Beklagte erteilte trotz mehrmaliger Fristverlängerung unter Berufung auf seine Haft und die dadurch bedingten Erschwernisse die verlangte Auskunft nicht.

Am 23.12.2008 reichte die Klägerin beim AG Klage ein mit folgenden Anträgen:

1. Der Zugewinn der Parteien ist vorzeitig auszugleichen und insoweit durch Teilurteil vorab zu entscheiden.

2. Der Beklagte wird verurteilt

a) Auskunft über den Bestand seines Endvermögens am 2.6.2008 durch Vorlage eines schriftlichen, von ihm persönlich unterzeichneten Bestandsverzeichnisses, gegliedert nach Aktiven und Passiven, zu erteilen und den Wert aller Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten mitzuteilen;

b) ggf. die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskunft an Eides statt zu Protokoll des AG seines Aufenthaltsortes zu versichern;

c) der Klägerin Zugewinnausgleich in einer nach Auskunftserteilung zu bezifferten Höhe nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtskraft des Teilurteils gem. Ziff. 1) des Klageantrages, hilfsweise seit Rechtskraft der Scheidung zu bezahlen.

Das AG - Familiengericht - Kulmbach erließ am 27.3.2009 folgendes Teilurteil:

I. Der Zugewinn der Parteien ist vorzeitig auszugleichen.

II. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Die Entscheidung ist damit begründet, dass die Voraussetzungen für den vorzeitigen Zugewinnausgleich nach § 1386 Abs. 3 BGB vorlägen. Der Beklagte habe sich ohne ausreichenden Grund beharrlich geweigert, die Klägerin über den Bestand seines Vermögens zu unterrichten. Ein Anspruch, vom anderen Ehegatten eine Auskunft über das Vermögen zu erhalten, bestehe in der Regel ab Rechtshängigkeit der Scheidung (§ 1379 Abs. 2 BGB). Erteile ein Ehegatte trotz wiederholter Aufforderung keine Auskunft über sein Vermögen, liege eine beharrliche Verweigerung i.S.d. § 1386 Abs. 3 BGB vor. Auch aus der Haft heraus hätte der Beklagte jedenfalls in groben Zügen Auskunft erteilen können.

Auf das Teilurteil wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.

Das Teilurteil wurde der Beklagtenvertreterin am 3.4.2009 zugestellt. Der Beklagte legte mit am Montag, dem 4.5.2009 eingegangenem Schriftsatz hiergegen Berufung ein.

Mit seiner fristgemäß eingereichten Begründung macht der Beklagte geltend, § 1386 Abs. 3 BGB diene dem Zweck, schädlichen Vermögensverfügungen vorzubeugen. Eine solche Gefahr bestehe hier nicht, da er aus der Haft heraus solche Vermögensverfügungen nicht vornehmen könne. Er habe in mehreren Schreiben darauf hingewiesen, dass er wegen seiner Inhaftierung die verlangten Auskünfte nicht erteilen könne. Grund für die nicht erteilte Auskunft sei also nicht etwa seine Verweigerungshaltung, sondern die praktische Unmöglichkeit.

Grundlage für den vorzeitigen Zugewinnausgleich im Fall des § 1386 Abs. 3 BGB sei der Unterrichtungsanspruch nach § 1353 Abs. 1 BGB. Dieser Anspruch sei aufgrund der Tatsache entfallen, dass die Ehe zum Zeitpunkt des Auskunftsverlangens bereits endgültig gescheitert gewesen sei, da die Eheleute bereits länger als ein Jahr lang getrennt gelebt hätten.

Der Beklagte beantragt:

1. Das Teilurteil des AG Kulmbach wird aufgehoben.

2. Die Klage auf vorzeitigen Zugewinn wird abgewiesen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das amtsgerichtliche Urteil. Die Voraussetzungen des § 1386 Abs. 3 BGB seien vom AG zutreffend bejaht worden. Auch aus der Haft heraus hätte der Beklagte die verlangten Auskünfte erteilen können. Die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages habe der Klage au...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge