Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf vorzeitigen Zugewinnausgleich. Abgrenzung des güterrechtlichen Anspruchs auf Unterrichtung zum Anspruch auf Auskunft
Leitsatz (redaktionell)
Lediglich in Fällen, in denen der Kläger einen Unterrichtungsanspruch gemäß § 1386 Abs. 3 BGB a.F. (§ 1385 Nr. 4 BGB n.F.) geltend gemacht hat, kann vorzeitiger Zugewinnausgleich verlangt werden. Allein das Verlangen, Auskunft zum Vermögen zu erteilen, löst diese Rechtsfolge nicht aus.
Normenkette
BGB § 1386 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Fulda (Urteil vom 13.06.2008; Aktenzeichen 47 F 19/08 GÜ) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Teilurteil des AG - FamG - Fulda vom 13.6.2008 (Az. 47 F 19/08 GÜ) abgeändert.
Das Teilversäumnisurteil des AG vom 5.6.2003 wird aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar: Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern der Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien haben im Jahr 1974 die Ehe miteinander geschlossen. Im September 2007 endete die Lebensgemeinschaft der Eheleute nach Auszug des Beklagten endgültig, nachdem sie bereits seit Mai 2007 in dem gemeinsamen Haus getrennt gelebt hatten. Zur Regelung der wirtschaftlichen Folgen der Trennung bat die Klägerin den Beklagten sodann um Auskunft über sein Vermögen. Da er diesen Aufforderungen nicht folgte, wandte sie sich an ihre jetzige Prozessbevollmächtigte, die den Beklagten unter dem 20.9.2007 wie folgt anschrieb:
"Meine Mandantin wünscht, die Trennungsfolgen mit Ihnen zu regeln und in diesem Zusammenhang unabhängig von der Frage, ob die Ehe geschieden werden soll, eine Vermögensauseinandersetzung durchzuführen und den Zugewinnausgleich zu regeln. Zur Vorbereitung bitten wir Sie, Auskunft über Ihr Vermögen durch Vorlage eines Vermögensverzeichnisses, welches sämtliche Aktiva und Passiva enthält, zu erteilen. Auch meine Mandantin bereitet eine entsprechende Vermögensaufstellung vor. Ihre Vorstellung ist, dass die Vermögensauseinandersetzung zum 31.12.2007 stattfindet. Die Auskünfte bitte ich zunächst zu beziehen auf den 31.8.2007."
Der Beklagte reagierte auf dieses Schreiben - in dem außerdem noch Auskunft über die Einkommensverhältnisse zur Geltendmachung von Trennungsunterhalt gefordert war - nicht. Deswegen schrieb die Prozessbevollmächtigte den Beklagten am 6.11.2009 erneut wie folgt an:
"(..,) Ebenfalls erinnere ich an Ihre Verpflichtung zur Erteilung einer Auskunft über Ihr Vermögen. Auch insoweit bitte ich noch einmal, mir Ihr Vermögen darzustellen. Der Auskunftserteilung sehe ich bis zum 16.11.2007 entgegen".
Auch diese Schreiben beantwortete der Beklagte nicht. Darauf wies die Prozessbevollmächtigte der Klägerin unter dem 21.12.2007 erneut hin und fügte die beiden bisherigen Schreiben per Einschreiben bei "um der Forderung meiner Mandantin, Ihr Auskunft über Ihr Vermögen zu erteilen, Nachdruck zu verleihen". Sie setzte eine Frist bis zum 5.1.2008. Auch dieser Aufforderung kam der Beklagte nicht nach, obwohl die Klägerin ihm noch eine E-Mail sandte, mit der sie ihre Verwunderung über sein Schweigen zu Ausdruck brachte. Hier hieß es:
"Es ist mir unverständlich; dass du weder auf die Briefe, die dir meine Anwältin Frau Dr. R. am 20,09.2007, 6.11.2007 und 27.1.2007 geschrieben hat, reagierst, noch, dass du mit mir in unserer Angelegenheit ein Gespräch suchst."
Am 1.2.2008 erhob die Klägerin sodann Klage auf Feststellung, dass der Zugewinn der Parteien vorzeitig auszugleichen ist, die sie im Wege der Stufenklage mit einer Klage auf Auskunft über den Bestand des Endvermögens verband.
Der Beklagte wurde im Wege des Teilversäumnisurteils am 5.6.2005 (ihm zugestellt am 13.6.2008) dazu verurteilt, Auskunft über den Bestand seines Endvermögens zum Zeitpunkt der Zustellung der Klage am 1.2.2008 zu erteilen. Ferner stellte das AG fest, dass der Zugewinn der Parteien vorzeitig auszugleichen ist. Gegen dieses Teilversäumnisurteil legte der Beklagte am 27.6.2008 Einspruch ein.
In der Folgezeit tauschten die Parteien - auch in der Absicht, eine gütliche Einigung herbeizuführen - Schriftsätze aus. Die Klägerin selbst stellte aus ihr zugänglichen Informationen eine Übersicht der Vermögenswerte des Beklagten zusammen. Dazu erklärte der Beklagte, diese sei im Wesentlichen vollständig und richtig.
Mit Urteil vom 13.6.2008, auf das zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird (Bl. 23 ff. d.A.), hat das AG das Versäumnisurteil mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Auskunft zum Stichtag 19.3.2008 zu erteilen ist. Das AG ist davon ausgegangen, dass der Beklagte auf die Aufforderungsschreiben nicht reagiert habe, was - auch wenn diese Schreiben mehr forderten, als er im Rahmen der Unterrichtungspflicht schuldete - als Weigerung verstanden werden müsse. Denn der Beklagte habe sich veranlasst sehen müssen, eine Unterrich...